Von Kleidertausch bis Drag Show

Queeres Zentrum eröffnet „mit wildem Programm“ in Erlangen - Es ist viel geplant

Alicia Kohl

Volontärin

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25.10.2024, 15:25 Uhr
Iris Klopfer und Linus Hoppe haben mit dem Queeren Zentrum in Erlangen viel vor.

© Alicia Kohl Iris Klopfer und Linus Hoppe haben mit dem Queeren Zentrum in Erlangen viel vor.

Die Wände sind noch leer, nur wenige Möbel füllen die Räume. Neben einem großen Sofa kleben Zettel mit Wünschen an der Wand, über dem Sofa hängt eine Flagge. Eine Küche gibt es noch nicht, Kästen und Snacks von der Eröffnung am Wochenende stehen in einem Raum auf dem Boden. In der nächsten Zeit wird sich hier in der Friedrichstraße 28 noch viel verändern. Es ist noch lange nicht fertig. Aber es ist endlich da: Das Queere Zentrum Erlangen.

"Hier ist der Bedarf noch größer als vielleicht in anderen Städten", sagt Iris Klopfer, Vorständin von MakeYourTownQueer e.V. "Wir haben keine queere Bar oder Café." Das sei ein bisschen traurig - bedeutete aber eben auch, dass dringend ein anderer Treffpunkt und Schutzraum entstehen musste.

"Uns war wichtig, einen Raum zum Austausch zu schaffen, wo Menschen zusammen kommen und sich vernetzen können", betont Linus Hoppe. Er hat sich für den Aufbau und die Umsetzung des Queeren Zentrums in Erlangen eingesetzt, hat gemeinsam mit anderen Engagierten ein Konzept und einen Finanzplan erstellt und hat das in den Stadtrat und den Haushaltsauschuss getragen. Jetzt ist der 23-Jährige als eine von zwei pädagogischen Fachkräften mit zehn Stunden im Queeren Zentrum angestellt.

Wie sichtbar kann ein Queeres Zentrum sein?

Bei einem Treffpunkt für queere Menschen wollen Hoppe und Klopfer nicht Halt machen. Mit der Neueröffnung wollen sie auch Sichtbarkeit schaffen. Denn: "Sichtbarkeit schafft Sicherheit", zitiert Klopfer Uschi Unsinn, die verstorbene Drag Queen und Stadträtin in Nürnberg. Je mehr Menschen im Kopf hätten, dass es queere Personen gebe, dass sie nur Menschen sein und gleiche Rechte haben wollten, umso mehr Leute würden das auch verstehen. "Und umso sicherer ist die Community", erklärt Klopfer.

Das ist aber auch eine Gradwanderung. Man müsse sich gut überlegen, wie sichtbar man sein möchte. Außer auf einem kleinen Klingelschild am Eingang ist von außen kaum ersichtlich, dass sich in der Friedrichstraße 28 in der Erlanger Innenstadt ein Queeres Zentrum befindet. "Wie sichtbar wollen wir sein? Und wie können wir trotzdem sicher sein?", fragt Klopfer. "Es gibt eben viele Menschen, die Hass verbreiten." Deshalb habe der Verein sich auch gegen Räumlichkeiten mit Fensterfront entschieden. Das Queere Zentrum soll schließlich ein Schutzraum sein, in dem queere Menschen sich sicher fühlen, ausprobieren und miteinander reden können.

Und es soll ein Ort sein, der der Community eine Stimme verleiht, sagt Hoppe. "Damit wir gebündelt Forderungen stellen und uns gegen Diskriminierung und für eine Annährung an die Gleichstellung einsetzen können. Das ist unser Ziel."

Große Pläne und viele Angebote

Die Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen des Queeren Zentrums Erlangen haben viel vor. Der Hauptfokus soll auf einem Beratungsangebot liegen, das Hoppe und sein Kollege im pädagogischen Bereich großflächig in Erlangen anbieten wollen. "Außerdem wollen wir das Zentrum nutzen, um Workshops und Informationsveranstaltungen anzubieten. Das entwickeln wir jetzt Stück für Stück", erzählt Hoppe. Die Frage sei aber auch, wie viel er und sein Kollege mit insgesamt 30 Wochenstunden schaffen können. "Das ist schon viel, was wir uns jetzt vornehmen."

Richtig starten wollen sie damit im November. Aktuell ist Hoppe aber bereits auf Anfrage verfügbar. So werden die Beratungen vermutlich auch in Zukunft laufen, da das Zentrum keine sieben Tage die Woche besetzt sein kann. "Da müssen wir uns in größerer Runde nochmal zusammensetzen und planen, wer wann da sein kann", sagt Klopfer.

Die Vorständin plant außerdem eine monatliche Drag Show mit spendenbasiertem Eintritt. "Aber das muss sich wahrscheinlich noch ein bisschen gedulden, weil ich bald so was wie ein Staatsexamen habe." Davor soll es schon ein Kleidertauschevent und offene Treffen geben, die zu entspannten Abenden werden sollen.

Eröffnung voller Menschen und Wünsche

Und all das scheinen die Menschen, für die das Queere Zentrum gedacht ist, zu wollen. Schon bei der Eröffnung am Wochenende war ganz schön viel los. Da die Räumlichkeiten nicht riesig sind, haben Hoppe und Klopfer die Eröffnung auf zwei Tage aufgeteilt. Am Freitag gab es einen offiziellen Empfang, an dem Oberbürgermeister Florian Janik, Stadtratsmitglieder und offizielle Behörden Reden gehalten haben. Im Programm stand außerdem eine Drag Show und queere politische Musik. Im Anschluss konnten die 50 bis 60 Besucherinnen und Besucher sich noch in entspannter Umgebung austauschen.

Am Samstag folgte dann die zweite Eröffnung für und mit der Community - und mit "wildem Programm". Unter anderem traten zwei Drag Queens auf, darunter auch Klopfer selbst, und es wurde Karaoke gesungen. "Schon die Eröffnungen wurden sehr gut angenommen. Es waren so viele unterschiedliche Menschen und Gruppen da, die Leute haben sich ausgetauscht und Ideen und Wünsche für die Zukunft besprochen", erzählt Hoppe. In Form von Zetteln wurden diese Wünsche festgehalten und an die Wand geklebt.

Für diese Events, die Ausstattung der Räumlichkeiten und die Miete genauso wie für die beiden pädagogischen Fachkräfte bekommt das Queere Zentrum ein Budget von der Stadt Erlangen. Das reicht aber bei Weitem nicht für alles aus, "wir sind auf Ehrenamtliche angewiesen", sagt Klopfer. Da gebe es viele, "die auch total Bock haben", das Queere Zentrum Erlangen freue sich aber trotzdem immer über neue Leute. Und natürlich über Spenden, damit die Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen immer mehr von den Ideen, die bei der Eröffnung an die Wand geklebt wurden, umsetzen können.

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