Rektorin über Corona-Unterricht: "Abstand bei Kindern ist Problem"
21.6.2020, 15:45 UhrFrau Zippelius-Wimmer, was haben Sie aus der Corona-Krise gelernt?
Martina Zippelius-Wimmer: Von heute auf morgen haben diese und andere Maßnahmen unser privates wie berufliches Leben im März verändert. So haben wir Lehrkräfte an der Grundschule Bubenreuth und natürlich auch alle unsere Schülerinnen und Schüler mit ihren Familien nun die Wochen des reinen Homeschoolings hinter uns. Obwohl Digitalisierung in der Schule für uns schon ein Thema war, stellte besonders die erste Zeit eine Crash-Fortbildung für uns Lehrkräfte dar. Und das immer vor der Prämisse, den Kontakt zu den Kindern und Eltern so gut wie möglich persönlich zu halten, um die Beziehung nicht zu verlieren.
Alles in allem – ein ziemlich anderer Arbeitsalltag als wir ihn gewohnt waren. Wir haben täglich dazugelernt und tun das auch heute noch.
Wir befinden uns in einem Prozess, im Rahmen dessen wir beständig kontrollieren müssen, welche Weichen inhaltlich, pädagogisch und logistisch neu gestellt werden müssen. Bei all den Schwierigkeiten hat uns unsere gute Zusammenarbeit im Team geholfen. Im Sinne des Gebens und Nehmens hat jeder seine Fähigkeiten und Entdeckungen mit den anderen geteilt, weitergeholfen und beraten. Wenngleich wir schon auch sagen müssen, dass wir oft am Limit laufen, um den Spagat zwischen Wochenplänen möglichst individualisiert für zwei Jahrgangsstufen (wir unterrichten ja nur in Jahrgangsmischungen) mit Präsenzunterricht, Lernen zu Hause und Notbetreuung zu stemmen.
Welche Maßnahmen stehen weiterhin im Vordergrund?
Zippelius-Wimmer: Für uns Lehrkräfte gilt es nun, noch zielorientierter zu planen, die unterschiedlichsten häuslichen Situationen wie auch die Persönlichkeit des einzelnen Kindes zu bedenken, Kanäle der Kontaktaufnahme mit den Kindern und auch den Eltern zu testen, nach Möglichkeiten zu suchen, wie der Lernfortschritt und die Arbeit eines jeden Kindes wahrgenommen und vor allem auch wertgeschätzt werden kann. Wir müssen uns weiterhin fragen: „Was ist Kindern und Eltern in dieser Situation zuzumuten und was können wir dabei leisten?
Wer und was hat Ihnen in dieser Corona-Zeit geholfen?
Zippelius-Wimmer: Sehr zu schätzen wissen wir auch, dass wir uns bereits in den letzten Jahren auf den Weg der Digitalisierung gemacht und uns fortgebildet haben. Gerade in der Grundschule wurde die Sinnhaftigkeit der Digitalisierung in den letzten Jahren doch immer wieder in Frage gestellt und wir mussten Überzeugungsarbeit für unser Vorgehen leisten. Nun sind wir aber froh, dass unsere Kinder schon recht vertraut mit so manchem digitalen Medium arbeiten können. Dafür wurden von der Gemeinde Bubenreuth und auch unseren Sponsoren sehr gute Rahmenbedingungen geschaffen.
So war es auch möglich, die Kinder in den Notbetreuungsgruppen am Videounterricht teilnehmen zu lassen und das eine oder andere iPad zu verleihen, wenn Eltern kein Endgerät zu Hause zur Verfügung hatten. Es war für uns und auch in den Familien eine große Hilfe, dass unsere Kinder durch die Art und Weise, wie wir an der Schule arbeiten, gut mit ihren Lernplänen umgehen und diese bewältigen können – unterstützt durch einen regelmäßigen Videounterricht und natürlich in besonderem Maße durch ihre Eltern.
Wie läuft momentan Ihr Unterrichtsprogramm?
Zippelius-Wimmer: Während der kompletten Schulschließungszeit trafen die Kinder sich mit ihren Klassenlehrerinnen zweimal pro Woche zum Videounterricht, und die Lehrkräfte waren täglich in einer Sprechstunde zu erreichen. Am Ende der Woche wurde ein Feedback über den Lernstand eingeholt. Eine Lehrkraft ohne Klassenführung übernahm und übernimmt auch weiterhin per Video die Betreuung von Kindern, die zusätzliche Unterstützung benötigen oder auf den Probeunterricht vorbereitet wurden. Die anderen Lehrkräfte ohne Klassenführung bringen sich äußerst umsichtig und zuverlässig in die Betreuung der Notfallgruppen ein. Der Start vor den Pfingstferien mit den Viert- und Erstklässlern verlief durchaus positiv. Die Kinder verhielten sich zunächst recht diszipliniert.
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Mit zunehmender Unterrichtszeit zeigte sich aber, dass Abstand halten in diesem Alter wirklich ein Problem darstellt. Nahezu alle Kinder haben den Anschluss gehalten und waren beim Lernen zu Hause sehr fleißig und gewissenhaft. Mittlerweile kommen alle Jahrgangsstufen in die Schule. Bei uns im täglichen Wechsel, da wir denken, dass eine große Hausaufgabe über zwei Tage leichter zu organisieren ist als wieder eine ganze Woche im Homeschooling. Aufgrund unserer Jahrgangsmischungen haben wir pro Klasse kleine Gruppen in jeder Jahrgangsstufe. In der Schule heißt es dann Abstand halten, Masken aufsetzen, wenn man nicht am Platz sitzt.
Alle sitzen frontal ausgerichtet an Einzeltischen. Das ist für unsere Kinder schon eine große Umstellung, setzen wir in unserer pädagogischen Überzeugung doch auf dialogisches, aktives Lernen.
Bei allen Planungen ist es uns ein Anliegen, auch die Erfahrungen, die wir mit der Digitalisierung in den letzten Monaten gemacht haben, weiterhin in unserem Unterricht aufzugreifen
Welcher Wunsch liegt Ihnen persönlich am Herzen?
Zippelius-Wimmer: Wir alle wünschen uns unseren Alltag wieder. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung der letzten Zeit: Wir sind auch alle miteinander ganz gut aufgestellt, um diese Herausforderung zu meistern.
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