"Im Kopf war ich Null"
Tote Schaben und vergammelte Lebensmittel in Bistro in Erlangen: Betreiber äußert sich nach Urteil
11.03.2025, 04:55 Uhr
"Gravierende Verstöße" in mehreren Fällen hat das zuständige Gesundheitsamt in einem Bistro in Erlangen gefunden, wie das Amtsgericht Erlangen mitteilte. Bei einer ersten Kontrolle während den Öffnungszeiten im Juni 2024 war herausgekommen, dass mehrere Zutaten augenscheinlich verdorben und deswegen "nicht mehr zum Verzehr geeignet" waren, heißt es im Strafbefehl.
Dem Betreiber wird vorgeworfen, dass er dies wohl auch erkannt habe, die Umstände aber "billigend in Kauf" genommen. Neben dem verdorbenen Essen fand das Gesundheitsamt zudem tote und lebendige Schaben.
Wegen der vielen Verstöße ordnete das Amt noch am selben Tag die vorübergehende Betriebsschließung an. Das Bistro sollte geschlossen bleiben, bis die Missstände behoben wurden. Nur wenig später begrüßte man dort aber wieder Kundinnen und Kunden. Damit hat der Betreiber laut dem Amtsgericht Erlangen bewusst gegen die Anordnung verstoßen und den Betrieb fortgesetzt.
"Ekel und Widerwille": Behörde mahnte Bistro mehrmals
Als das Gesundheitsamt nur zwei Tage später wieder kam, fanden die Beamten erneut verdorbene Lebensmittel wie tote und lebendige Schaben.
Am Tag darauf folgte die nächste Kontrolle - und auch dieses Mal: augenscheinlich verdorbenes Essen, was sogar zur Verarbeitung bereitgehalten wurde. Der festgestellte Zustand des Betriebsraums wie auch "der gelebte Umgang mit Lebensmittel" wurde vom Betreiber wiederholt erkannt und billigend in Kauf genommen. Die Behörde erklärt, dass die Räume "bei durchschnittlichen Verbrauchern Ekel und Widerwillen hervorrufen" würden. Weiter würden Kundinnen und Kunden laut Anschuldigung, den Verzehr ablehnen, sollten sie von den Gegebenheiten erfahren.
Burnout und Depressionen
Im Gespräch mit unserer Redaktion schildert der Betreiber seine Situation. "Im Kopf war ich Null", sagt er. Er habe unter Burnout und Depressionen gelitten und die Kontrolle verloren. Er sei nicht vor Ort gewesen, seine Mitarbeitenden hätten die Vorschriften des Gesundheitsamtes nicht verstanden und sie deshalb auch nicht entsprechend weitergegeben. "Ich konnte die Situation nicht beurteilen." Ihm ist wichtig zu betonen, dass die Verstöße und die Nachlässigkeiten keine Absicht waren. "Ich war in einer kritischen Situation und hatte das alles nicht mehr im Griff."
Inzwischen habe er sich therapeutische Hilfe geholt, die Folgen des Burnouts und der Depressionen schränken ihn aber noch immer ein. Er sei aktuell noch nicht in der Lage, um wieder wirklich zu arbeiten.
Zusätzlich wird ihm vorgeworfen, dass er unter dem Namen seiner Mutter, die Inhaberin des Bistros ist, und ohne ihr Wissen Angaben zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt machte. Dafür habe er unter anderem ihre Unterschrift gefälscht. Das Formular habe der Betreiber schließlich zur Kriminalpolizei Nürnberg gebracht, um den dort tätigen Beamten vorzutäuschen, dass die Angaben von besagter Mutter stammen.
Der Betreiber selbst streitet diesen Vorwurf im Gespräch mit unserer Redaktion ab. Das sei nicht korrekt. "Ich hätte eine Vollmacht gehabt und hätte mir jederzeit ihre Unterschrift holen können. Warum hätte ich sie fälschen sollen?", sagt er.
"Das war mein Fehler"
Zunächst hat er Einspruch eingelegt. "Ich wollte nur meine Seite äußern. Was da gesagt wurde, war nicht die Wahrheit", erklärt er. "Ich wollte, dass es nicht falsch verstanden wird, und erklären, warum es zu der Sache gekommen ist." In dieser Phase sei einfach viel schiefgelaufen.
Anfang März 2025 wurde er aber rechtskräftig zu 90 Tagessätzen zu je 35 Euro verurteilt. Wie das Amtsgericht erklärt, beschränkt sich die Strafverfolgung nur auf oben genannte Gesetzesverletzungen. Der Betreiber muss die Strafe nun privat begleichen. "Natürlich bereitet mir das Probleme. Ich schaue, dass ich mir etwas leihen kann."
Das Bistro hat aktuell weiter geöffnet, dort sei alles gut. "Das war nur mein Fehler", betont er. Neue Mitarbeitende hätten vor Ort alles unter Kontrolle. "Es sollte dem Laden nicht schaden, dass ich etwas nicht im Griff hatte." Er arbeitet wegen seines Gesundheitszustands dort nicht mehr als Betreiber des Bistros, sondern ist nur noch eingeschränkt in Teilzeit da. "Wenn ich wieder fit bin, will ich gerne einen schönen Laden aufbauen." Trotz allem zieht es ihn also wieder in die Gastronomie. Das brauche aber noch seine Zeit.