Gudrun Rödel findet einerseits die Überwachung "ungeheuerlich", wundert sich andererseits über das Vorgehen nicht: "Dass sie gegen mich eine Überwachung geschaltet haben, ist sonnenklar!". Schließlich kämpft sie seit über einem Jahrzehnt darum, dass ihr Schützling Ulvi K. (41) rehabilitiert wird. Im April 2004 war K. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes an Peggy verurteilt worden, doch die Umstände, die zum Schuldspruch führten, waren von Anfang an merkwürdig gewesen.
In akribischer Kleinarbeit hatte Rödel (70), eine gelernte Rechtsanwaltsgehilfin, Fakten, Aussagen, Widersprüche und wichtige Details zusammengetragen, die belegen sollten, dass ihr Schützling die Tat gar nicht begangen haben konnte. Sie brachte ans Licht, dass ein Hauptbelastungszeuge gelogen und dies später auch vor einem Richter eingestanden hatte. Vor allem aber prangerte sie schlampige polizeiliche Ermittlungen an. Sie hatte zudem öffentlich gemacht, dass sich die Ermittler frühzeitig auf einen Tathergang festgelegt hatten, den sie Ulvi bei seinen Vernehmungen - oft ohne seinen Anwalt - suggerierten. Schließlich legte der geistig behinderte Mann ein Geständnis ab, das genau dieser "Tathergangshypothese" entsprach.
Fall Peggy: Chronik einer einzigartigen Kriminalgeschichte
Genau diese Methode gab schließlich den Anlass für ein Wiederaufnahmeverfahren, das mit dem Freispruch endete. Jüngst war Ulvi K. aber erneut in den Fokus geraten, mit der Tötung des Mädchens im Mai 2001 doch etwas zu tun gehabt zu haben, da ihn ein Verdächtiger vor einem Jahr belastet hatte. Gudrun Rödel hat indes den Kampf um Gerechtigkeit noch nicht aufgegeben.
Was sie jetzt aber fassungslos macht, ist die Tatsache, dass auch Freunde, Nachbarn und Geschäftsfreunde ihres Mannes abgehört wurden, mit denen sie "nie über den Fall Peggy auch nur ein Wort gesprochen" habe. Sie wisse von mehr als 20 Betroffenen, die ebenfalls das Schreiben von Oberstaatsanwältin Staade erhalten hatten. Die Frau eines verstorbenen Freundes lebe nun in Angst und Schrecken ob dieser Abhör-Methode, klagt Rödel.
Ob auch ihre Gespräche mit Journalistinnen und Journalisten dokumentiert worden sind, vermag sie (noch) nicht zu sagen. Ihr Anwalt will jetzt erst einmal Akteneinsicht beantragen. Denn auch der zeitliche Rahmen und die Dauer der telefonischen Überwachung ist derzeit unklar. "Wir sind doch keine Staatsfeinde", empört sich Rödel.
Auf Anfrage von nordbayern.de sagte Martin Dippold, der neue Leitende Oberstaatsanwalt in Bayreuth, man habe Gudrun Rödel ab dem Fund der Leichenteile der kleinen Peggy im Jahr 2016 telefonisch überwacht. Dazu habe es einen richterlichen Beschluss gegeben. Wie lange die Maßnahme dauerte, wollte er nicht sagen. Da das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei, könne er keine weiteren Angaben machen. Jedoch seien alle Betroffenen, die in dieser Zeit in die Abhörung geraten seien, inzwischen benachrichtigt worden. Die Mitschnitte würden in Kürze vernichtet. Ob die Ermittler mit Hilfe des Lauschangriffs nun weitergekommen sind, ließ er offen.