Alles to go: So geht es Fürther Gaststätten

30.4.2020, 10:30 Uhr
Alles to go: So geht es Fürther Gaststätten

© Ron Hübner

Der "Blaue Affe" und sein Sommer

Den „Blauen Affen“ hat Angie Ritter mit mehreren anderen Teilhabern 1994 übernommen, schon damals galt die Wirtschaft in der Flößaustraße 9 als Kult-Gaststätte, bis heute ist das so. Gut gekocht wird hier außerdem - das sprach sich herum. Umso mehr, als 2010 das Rauchverbot kam.

Erstaunlicherweise, sagt Mitarbeiter Tobi Dorrer, zog der „Affe“ in den vergangenen beiden Jahren trotz gewachsener Konkurrenz – etwa durchs Grüner Brauhaus oder das „Humbser und Freunde“ – noch einmal mehr Menschen an: „Wir merken, dass Fürth größer wird." Gerade die Südstadt hat viele neue Bewohner bekommen.

Einfach ist das Geschäft bis heute trotzdem nicht. Viel Idealismus ist gefragt, sagt Angie Ritter. In all dieser Zeit aber blieb eines unverändert: Der „Blaue Affe“ lebt vom Sommer und von seinem schönen Garten. „Da schaffen wir uns ein Polster für die Monate, die dann nicht so gut laufen. Von Mai bis September verdienen wir Geld, den Rest überbrücken wir.“

Umso größer sind nun die Sorgen: Was, wenn das Sommergeschäft in diesem Jahr fehlt? Ab Ende Mai, heißt es derzeit aus München, soll die Gastronomie Schritt für Schritt wieder öffnen können. Wie sehr Wirte dann aufatmen können, lässt sich jetzt noch nicht vorhersehen. Wie stark werden die Einschränkungen sein? Auch ein Garten, in dem vielleicht nur halb so viele Gäste sitzen wie sonst, erfordert Personal. Wird das wirtschaftlich sein?

Alles to go: So geht es Fürther Gaststätten

© Ron Hübner

Das To-Go-Geschäft, auf das der „Blaue Affe“ sofort nach der angeordneten Schließung setzte, hilft den festangestellten Kräften (vier Vollzeitstellen) momentan über die Runden. Sie befinden sich in Kurzarbeit; mit dem Take-Away-Umsatz kommen sie auf etwa 80, 90 Prozent des Gehalts, so Tobi Dorrer, und das sei wichtig: „Die Gastronomie ist ja ein Niedriglohnsektor.“ Auf die Soforthilfe wartet man noch. Alle Aushilfen sind gerade im Warte-Modus oder haben sich andere Jobs gesucht. Bedauerlich sei das auch deshalb, so Dorrer, weil man nach Jahren, in denen sich sehr schwer Personal finden ließ, kurz vor der Schließung endlich wieder Glück hatte.

Ein Auf und Ab der Gefühle erleben Dorrer und Ritter seit Mitte März. Schockierend sei die Nachricht gewesen, die Gastronomie müsse für zwei Wochen zusperren. Aus zwei Wochen wurde der ganze April. Aufgeatmet haben sie, als das To-Go-Geschäft nach einem langsamen Start immer besser angenommen wurde. Der stärkste Tag ist der Sonntag. „Wir sind glücklich und dankbar, dass wir arbeiten können“, sagt Ritter. „Und es ist schön zu sehen, wie sehr sich die Gäste freuen, dass sie ihr geliebtes Schnitzel weiter bei uns bekommen.“

Inzwischen sei die Nachfrage nach dem Essen zum Mitnehmen ziemlich gut. Und das heißt: Etwa halb so viele Essen wie an normalen Abenden in der Wintersaison verkaufe man. Die Karte wechselt und wird täglich auf Facebook gepostet. Auf Lieferando verzichtet der „Blaue Affe“ genauso wie auch die „Sieben Schwaben“ oder das „Schlössla“; die Teilnahme wäre mit einigem Aufwand und Gebühren verbunden.


Der zweite Schlag: Gedrückte Stimmung bei Fürths Wirten


Trotzdem bleiben Sorgen: Der Getränkeumsatz fehlt, zugleich drohen Strafzahlungen, wenn weniger Bier als vertraglich vereinbart von der Brauerei abgenommen wird. Auf lange Sicht würde das To-Go-Geschäft nicht reichen, befürchtet Ritter.

Dass die Gastronomie weiter Geduld haben muss, der Mai wegfällt, die Perspektive unklar ist, war ein neuer Schlag. Einen Lichtblick aber gibt es: die Aussicht, dass die Mehrwertsteuer in Gaststätten von 19 auf 7 Prozent gesenkt wird. „Das wäre ganz wichtig  für die Hotellerie und Gastronomie", sagt Ritter: Die 7 Prozent gelten bereits beim To-Go-Angebot, „und das hilft uns sehr“.

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© Ron Hübner

Das Schlössla und der Humor

Eine Woche war das "Schlössla" zu. Es war eine Woche, in der Christopher Hans und Christian Umhauer voller Hoffnung den Biergarten an der Vacher Straße 15 vorbereiteten und sich beratschlagten, wie es für sie während des Corona-Shutdowns weitergehen könnte. Ihr Fazit: Bevor wir uns einen anderen Job suchen, um über die Runden zu kommen, probieren wir’s mit dem, was wir können. Es war das Ja zur Umstellung auf Schäuferle und Co. to go – mit einer verkleinerten Karte und einem verkleinerten Team. Ihre Aushilfen können die beiden Inhaber zurzeit nicht beschäftigen.

Der ersten Ungewissheit, ob das Angebot funktionieren würde, folgte die Erleichterung: „Ostern war super!“ Beide wirken fest entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen, sich nicht einmal den Humor nehmen zu lassen. „Rumsitzen und rumheulen hilft ja nichts“, sagt Christopher Hans. Als Selbstständige wisse man das nur zu gut.

In ihren siebeneinhalb Jahren mit dem „Schlössla“ konnten sie sich eine Stammkundschaft aufbauen. „Die unterstützt uns jetzt.“ Manche Stammgäste kommen sogar zweimal pro Woche, aber auch neue Kunden holen sich Essen ab. Das Trinkgeld fällt oft großzügig aus, erzählen die Wirte. Die Abholzeiten sind getaktet: maximal fünf Personen pro Viertelstunde. Ein Schild vor der Tür erinnert an eine wichtige Regel beim Warten: „Ihr seid mit Abstand die besten Gäste!“

 „Es macht Spaß, weil’s zum Glück gut läuft“, sagt Umhauer. „Wir sind froh, dass wir nichts anderes machen müssen.“ Gerade der Sonntag sei stark, von Donnerstag bis Samstag könnte es noch besser werden.

Trotzdem: Vergleichbar mit dem normalen Alltag, in dem der Gastraum oder der Biergarten vollbesetzt ist, seien diese Wochen nicht. Vielleicht ein Drittel der Essenbestellungen von normalen Tagen habe man jetzt.  Kommunionen, Konfirmationen, Geburtstage fallen komplett weg, der Getränkeumsatz auch weitgehend.

Planen lässt es sich derzeit schlechter, „man wirft mehr weg als sonst“, wenn man sich an Reservierungen orientieren kann, sagt Christian Umhauer.

In Erinnerung bleiben aber wird auch hier später einmal die Unterstützung der Gäste. „Die Leute sind auch dankbar“, sagt Christopher Hans. „Die merken, dass wir Herzblut reinstecken, auch wenn der persönliche Kontakt leider kürzer ist als sonst.“

Die "Sieben Schwaben" und ihr Fassbier to go

Eigentlich sollte dieses Jahr gefeiert werden: „Es ist unser siebtes Jahr mit den Sieben Schwaben“, sagt Sarah Stutzmann, die die alteingesessene Gaststätte in der Otto-Seeling-Promenade, Ecke Goethestraße, nach mehreren Jahren des Leerstands 2013 übernommen hat. Seitdem würden viele Fürther die "Sieben Schwaben" nicht mehr missen wollen.

Nun aber erscheint nicht nur diese Feier unwahrscheinlich. Es könnte ein ganzes Jahr ohne Feste werden, befürchten Sarah Stutzmann und Felix Geismann, der das Lokal mit ihr führt. Ohne Kommunionen, Konfirmationen, Geburtstage, Firmen-, Weihnachtsfeiern. Möglich erscheint derzeit fast alles. Im Fall der "Schwaben" ein Jahr nach einer großen, teuren Sanierung. Und - ähnlich wie beim „Blauen Affen“ - zu einer Zeit, in der man nach langer Suche endlich wieder erfahrene Verstärkung gefunden hatte. Wie hält man jetzt Aushilfen, die man nicht beschäftigen kann?

Als in Bayern der Lockdown begann, blieb die Traditionsgaststätte drei Wochen lang zu. Seit Ostern sind die „Schwaben“ zurück: Freitags bis sonntags kann aus einer kleinen Tageskarte gewählt werden, alles freilich to go.

Das Osterwochenende übertraf die Erwartungen. Freitags und sonntags läuft es seitdem „spitze“, der Samstag hat noch Potenzial, sagt Stutzmann. So glücklich sie darüber ist, dass das Angebot ankommt: Es sei ein Tropfen auf den heißen Stein. „Ich glaub', dass es für die Gastronomie ziemlich schwierig wird in diesem Jahr“, sagt sie. Sie wünsche sich  deshalb „unkonventionelle Lösungen“. Ein Beispiel: Wenn weniger Menschen an den Tischen sitzen dürfen – könnte man dann nicht die Weite im Freien nutzen, die Gäste ihr Bierchen im Stehen, mit Abstand zueinander, trinken lassen?

Bis ins Detail geplant sind die Abläufe fürs To-Go-Geschäft in den „Sieben Schwaben“. Dank zweier Eingänge kommen sich die noch Wartenden und die schon Versorgten nicht in die Quere. Die „Schwaben“ bitten um Vorbestellung per Mail, Anruf oder Facebook, um alles gut organisieren zu können. Ein ganz schöner Aufwand sei es, alles zu bündeln. Anders aber wäre es schwierig: „Zu uns kommen die Leute zur Essenszeit“, sagt Stutzmann. Es ist ein kurzes Zeitfenster mit hoher Nachfrage.

Was gut tut, ist die Unterstützung, die das Team erlebt: durch Spenden, den Kauf von Soli-Gutscheinen, die Essensbestellungen. Manchmal schicken Kunden ein Foto vom Karpfen oder Schäuferle auf dem Balkon. "Echt schön", sagt Stutzmann: „Wir haben einfach fantastische Gäste und Nachbarn."

Was ihr wichtig ist: Die „Schwaben“ verkaufen nicht nur Essen, sondern auch Fassbier to go. Um die Brauereien zu unterstützen, die es jetzt ebenfalls schwer haben.