Erste Hilfe: So rettet man einen Ertrinkenden

Birgit Heidingsfelder

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15.7.2020, 11:00 Uhr
„Bieten Sie nie sich selbst als Rettungsanker an!“ Im Naturbad Großhabersdorf demonstrierte Christine Zelnhöfer vor drei Jahren im Rahmen unserer Erste-Hilfe-Serie mit einer Wasserwacht-Kollegin, die eine Ertrinkende mimt, den Einsatz von Hilfsmitteln bei der Wasserrettung.

© Birgit Heidingsfelder „Bieten Sie nie sich selbst als Rettungsanker an!“ Im Naturbad Großhabersdorf demonstrierte Christine Zelnhöfer vor drei Jahren im Rahmen unserer Erste-Hilfe-Serie mit einer Wasserwacht-Kollegin, die eine Ertrinkende mimt, den Einsatz von Hilfsmitteln bei der Wasserrettung.

Die Meldungen über tödliche Badeunfälle häufen sich: In einem oberfränkischen Badesee sind im Juni ein Vater (27) und seine Tochter (4) ertrunken. Im Mai konnte eine Schwimmerin (44) in Unterfranken nur noch tot aus dem Main geborgen werden. In Hannover starb eine Fünfjährige nach einem Badeunfall, in Nordrhein-Westfalen eine Elfjährige. Am vergangenen Freitag geriet eine Vierjährige am Kratzmühlsee in Not und starb trotz Rettungsversuchen.


Wasser-Retter in der Region befürchten mehr Ertrinkende


Bis Ende Juni sind laut Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft allein in Bayern zwölf Menschen ertrunken. 2019 waren es 95. Die DLRG befürchtet, dass 2020 noch mehr Menschen ihr Leben im Wasser verlieren. Denn: Viele Leute machen heuer Urlaub in der Heimat, und immer weniger Menschen können schwimmen.

Manchmal fehlt die Luft für Hilferufe 

Die dramatische Entwicklung wirft auch die Frage auf, was zu tun ist, wenn ein Mensch – ob er nun schwimmen kann oder nicht – im Wasser Hilfe braucht, geschulte Retter aber nicht in Sicht sind. Aus aktuellem Anlass soll daher wie schon in unserer Video-Serie zur Ersten Hilfe erklärt werden, wie man sich einem Ertrinkenden nähert. Wichtig zu wissen: In vielen Fällen ertrinken Menschen still und unbemerkt, beispielsweise infolge eines Kreislaufkollapses.

Weil ihnen die Luft zum Atmen fehlt, können sie nicht um Hilfe rufen. Ein Beobachter müsse äußerst aufmerksam sein, um die lebensbedrohliche Lage überhaupt zu erkennen und dann rechtzeitig zur Stelle zu sein, sagt Christine Zelnhöfer, Ausbilderin für Rettungsschwimmen bei der Kreiswasserwacht des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in Fürth. In anderen Fällen dagegen, etwa bei einem Muskelkrampf, kann es sein, dass der Betroffene schreit und wild um sich schlägt.

Wie nähere ich mich einem Ertrinkenden? Durch einen Sprung ins Wasser, damit keine wertvolle Zeit verstreicht?

Nein, stellt Zelnhöfer klar. Niemand sollte sich unüberlegt in vielleicht fremde Gewässer stürzen. "Es hilft ja keinem, wenn am Schluss zwei Leute untergehen." Ein Helfer müsse immer auf die eigene Sicherheit achten. Und weil Erste Hilfe prinzipiell Teamarbeit ist, gilt auch hier: Passanten um Mithilfe bitten, Notruf absetzen, also 112 wählen.

Was, wenn ich das Gefühl habe, nicht auf weitere Hilfe warten zu können?

Weil ein Ertrinkender in Panik ungeheure Kräfte entwickeln kann, warnt Zelnhöfer: "Der Helfer sollte nie sich selbst als Rettungsanker anbieten." Das heißt: Nicht etwa die Hand reichen, sondern möglichst vom sicheren Ufer oder von einem Boot aus geeignete Dinge zureichen oder zuwerfen.

Welche Dinge kommen als Hilfsmittel infrage?

Das kommt darauf an, was gerade greifbar ist. Es kann ein stabiler Stock sein, eine Rettungsstange, eine Luftmatratze, ein Ball, ein Paddel, eine Schwimmnudel, das Abschleppseil des eigenen Autos. . . Manche Gegenstände verlängern den Arm des Helfers, andere sind schwimmfähig. Der Hilfsbedürftige kann sich an sie klammern.

Soll man im Moment größter Panik beim Ertrinkenden wirklich auf Abstand gehen?

"Ja, dazu können wir nur raten", sagt Zelnhöfer. Selbstverständlich sei es schwer zu begreifen, dass man einen Menschen ausgerechnet in höchster Not alleine lassen soll. "Aber auch hier gilt wieder: Es geht um Ihre eigene Sicherheit! Warten Sie, bis der Schwimmer sich beruhigt, bis er vielleicht ohnmächtig, bewusstlos wird." Erst dann könne man gefahrlos zu dem im Wasser Treibenden hinschwimmen, ihn im so genannten Achselgriff fassen und Richtung Ufer abschleppen.

Was ist an Land zu tun?

Dort ist Zelnhöfer zufolge umgehend die Atmung zu kontrollieren. Das dauert etwa zehn Sekunden. Sind keine Atemzüge zu spüren und zu hören und ist kein Heben und Senken des Brustkorbs erkennbar, muss der Helfer direkt mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen.

Bin ich als Nichtschwimmer zum Nichtstun verurteilt?

"Nein, sind Sie nicht", sagt Zelnhöfer, auch wenn sie jedem Menschen empfiehlt, das Schwimmen in Kursen zu erlernen und Schwimmern überdies Rettungsschwimmlehrgänge ans Herz legt.

Im Ernstfall aber, so betont sie, sei auch ein Nichtschwimmer zum einen in der Lage, Hilfe zu holen, etwa den Notruf abzusetzen. Zum anderen kann er die Situation aufmerksam im Auge behalten und sich, sollte die Person im Wasser untergehen, die betreffende Stelle einprägen.

"Suchen Sie sich dazu Fixpunkte am Ufer, einen Baum, ein Gebüsch." Denn: Präzise Angaben erhöhen die Chance, dass hinzueilende Helfer das Leben des Ertrinkenden noch retten können.

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