Feierszenen trotz Pandemie
Feiernde Kleeblatt-Fans: Die Polizei musste abwägen
28.5.2021, 06:00 UhrGab es nicht ein Feierverbot? Und Appelle der Stadt? Dass Hunderte den Aufstieg des Kleeblatts am Ronhof und in der Gustavstraße bejubelten, hinterlässt bei vielen Menschen in Fürth zwiespältige Gefühle. Manchen fehlt dafür sogar jedes Verständnis, wie in sozialen Medien deutlich wurde.
Kleeblatt-Aufstieg: So könnte ganz Fürth profitieren
Sie fürchten zum Beispiel, dass die Inzidenz nun erneut hochgehen könnte, erinnern daran, dass gerade Kinder seit langem auf so vieles verzichten, aber auch Hochzeitspaare, Trauernde, Kulturschaffende. Wie passen die Bilder der feiernden Fans in eine Zeit, in der Einzelhändler kaum jemanden einlassen dürfen, und das nur mit Termin und Test?
Auch er bekomme solche Fragen gestellt, sagt Fürths OB Thomas Jung, und er verstehe die Kritik. Dennoch findet er: Die Polizei habe das Bestmögliche aus der schwierigen Situation gemacht, habe durchgegriffen, wenn es aus dem Ruder lief, aber auch vermieden, dass es Krawalle wie in Dresden gab. Auch könne man nicht Hunderte einsperren.
Gewünscht hätte sich Jung allerdings, dass die Masken- und die Abstandspflicht "noch konsequenter" eingehalten worden wäre. Es sei jedenfalls gelungen, das Ganze halbwegs in Bahnen zu lenken.
"Die Appelle haben sich mäßigend ausgewirkt"
Und: Die Zahl der Feiernden sei weit entfernt gewesen von dem, was Fürth beim Aufstieg 2012 erlebte. "Die Appelle blieben nicht ungehört, sie haben sich mäßigend ausgewirkt." Vor dem Saisonfinale hatten Stadt, Verein und Polizei die Fans eindringlich aufgefordert, zuhause mitzufiebern.
Tausende strömten damals, im April 2012, als der Aufstieg feststand, spontan in die Gustavstraße. 25.000 Menschen kamen später zur offiziellen Aufstiegsfete. Am Sonntag versammelten sich nach dem Abpfiff rund 1500 Fans am Ronhof und zeitweise rund 750 in der Gustavstraße.
Jung schaute selbst am Stadion vorbei, radelte durch die Stadt, "um Eindrücke zu sammeln". In die Gustavstraße sei er bewusst nicht gegangen.
Dass man sich in einem "Riesenspannungsfeld" wiederfinden würde, sei ihm und seinen Kollegen bewusst gewesen, sagt Fürths stellvertretender Polizeichef Mark Kohl, der am Sonntag den Einsatz leitete. "Keiner hat es sich leicht gemacht."
Die Polizei wollte Aggressionen vermeiden
Auch er spüre Unbehagen, wenn er die Bilder sieht. Er könne die Irritationen nachvollziehen. "Ich denke aber immer noch, dass es die richtige Entscheidung war", sagt er ruhig.
Es sei eine Rechtsgüterabwägung gewesen. Und die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben wog am Ende mehr als die Durchsetzung einer Verordnung, der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.
Dass es durch polizeiliches Einschreiten zu Aggressionen oder Verletzungen kommen würde, wollte Kohl vermeiden. "Da waren ja auch Kinder – kleine Buben in Fürth-Trikots." Hätte man den Ronhof abgesperrt, hätten sich die Leute am Absperrgitter gedrängt, manche hätten versucht, es zu überwinden.
Keiner sollte im Scherbenmeer liegen
In der Gustavstraße wiederum sei der Boden mit Glasscherben übersät gewesen, auch hier wollte man kein Gerangel, keinen Konflikt riskieren, bei dem am Ende Menschen im Scherbenmeer liegen. Die Polizei setzte lieber auf viele Durchsagen als auf individuelle Konfrontation.
Deeskalation war die Strategie, und Kohl ist froh, dass es in Fürth anders lief als nach dem Aufstiegsjubel in Bochum, Rostock und Dresden: "Überall gab es schwere Krawalle mit vielen Verletzten." In Fürth blieb es friedlich.
Zu Beginn trugen viele Fans Masken, so Kohl, auch viele derjenigen, die nach dem Abpfiff am Ronhof vorbeischauten. Später, in der Euphorie und enthemmt durch den Alkohol, hätten die Vernunft und das Verantwortungsgefühl leider abgenommen.
Ab 21.30 Uhr löste die Polizei das Treiben in der Gustavstraße auf. Die Kneipenmeile von Vornherein abzuriegeln, hätte wenig gebracht, glaubt er. Dann hätten die Fans wohl rund ums Rathaus gefeiert.
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