Impfen ohne Hürden
Fürth setzt auf Impfbus und Schüler-Impfungen
8.7.2021, 21:00 UhrGesundheitsminister Jens Spahn fordert im Kampf gegen die nachlassende Impfbereitschaft einen "Impfruck" und erklärt, Jugendliche sollten selbst entscheiden, ob sie sich gegen Covid-19 immunisieren lassen wollen. Sein bayerischer Amtskollege Klaus Holetschek wünscht Offerten "im Vorbeigehen". In und um Fürth soll es die nun geben, dank Impfbus und speziellen Aktionen.
"Wir werden die Angebote an Impfungen ohne Termin intensivieren", kündigt Sebastian Habicht von der AGNF an, die das Impfzentrum betreibt. Das bietet am Freitag und Samstag und jeweils sieben Tage später in der Oberasbacher Jahnturnhalle (9 bis 16 Uhr) außer der Reihe Impfungen ohne Termin für alle an. Nur der Personalausweis und das gelbe Impfheft sind mitzubringen. Neu ist: Wer kommt, erhält, anders als anfangs geplant, nicht zwangsläufig Astrazeneca, sondern hat die Wahl zwischen diesem und einem mRNA-Impfstoff. Bei der Zweitimpfung werde nach sechs Wochen Biontech oder Moderna verabreicht, so Habicht.
Man reagiere damit auf die Skepsis der Leute gegen Astrazeneca. Das Vakzin mit dem ramponierten Image, das Experten verteidigen und das Deutschland jetzt im großen Stil an ärmere Drittländer abtreten will, scheint bei den Patienten nach der jüngsten Empfehlung der Ständigen Impfkommission endgültig unten durch zu sein.
Seit voriger Woche rät die Stiko allen, die einmal mit Astrazeneca geimpft wurden, für einen besseren Schutz zu einer Kreuzimpfung, also einer Zweitimmunisierung mit Biontech oder Moderna. Im Impfzentrum wollten daraufhin laut Habicht "fast hundert Prozent" derjenigen, die mit Astra zweitgeimpft werden sollten, ein anderes Serum. Ein Hausärzteverband aus dem Rheinland will auf den "Ladenhüter" sogar ganz verzichten.
Noch freie Impftermine
Auch über Johnson & Johnson wird geredet, der Stoff soll nicht genug gegen die Delta-Variante schützen, weshalb eine Zweitimpfung mit dem Vakzin diskutiert wird, das an sich nur einmal gespritzt werden muss. Bei der AGNF kann man auch im Zuge einer Sonderaktion unter www.agnf.org einen Termin für eine Immunisierung mit Johnson & Johnson reservieren. Habicht berichtet von 200 Anmeldungen, verweist auf noch freie Termine und betont: "Alle Impfstoffe gegen Corona reduzieren einen schweren Verlauf und die Gefahr zu sterben."
Neben diesen Aktionen setzt das Impfzentrum ein Fahrzeug, das bisher meist für Corona-Tests genutzt wird, künftig als Impfbus in Stadt und Landkreis ein. Bestückt mit Biontech macht das rote Impfmobil am Samstag erstmals in der Südstadt Station: von 9 bis 15.30 Uhr beim Netto, Herrnstraße 103. Am Dienstag, 13.Juli, findet man es am Laubenweg 6 (Hotel Mercure). Auch hier gilt: Ein Termin muss vorab nicht vereinbart werden, Impfpass und Ausweis sind mitzubringen. Wo der Bus noch zu finden ist, gibt die AGNF online bekannt.
Ein anderes Projekt ist der Impfstart an Schulen in Stadt und Landkreis. Zurzeit fragen diese bei den Familien den Bedarf ab. Habicht rechnet nächste Woche mit einem Auftakt bei den Reihen-Impfungen. Wo sie stattfinden, hängt vom Einzelfall ab. Denkbar sei, dass man Berufs- und Fachoberschüler der Max-Grundig-Schule etwa ins nahe Impfzentrum bittet. Impfteams gehen dann aber auch in Schulen, Kinderärztinnen und -ärzte sind mit im Boot.
Impfangebot für Familien
Dr. Michael Hubmann, ärztlicher Leiter des Impfzentrums und Kinderarzt, erklärt, bei der Maßnahme handle es sich um ein Angebot für Familien, die eine Impfung für ihr Kind wünschen. "Gegen den Willen der Eltern geschieht nichts."
Zum Vorstoß von Minister Spahn, dass Jugendliche selbst über die Corona-Impfung entscheiden sollen, meint er, man müsse da unterscheiden. Schließlich bestehe zwischen 17- und Zwölfjährigen in puncto Einsicht in aller Regel ein Unterschied. Unentschlossene Eltern sollten sich von ihrem Kinderarzt beraten lassen.
Die Stiko empfiehlt die Schutzimpfung mit dem in Europa zugelassenen Wirkstoff Comirnaty (Biontech) ab zwölf Jahren nicht generell, sondern etwa bei besonderen Vorerkrankungen. Sebastian Habicht bittet alle Eltern mit Blick auf die Organisation der Schul-Termine um eine zuverlässige Rückmeldung an die Schule, ob eine Impfung erwünscht ist.
Die nachlassende Impfbereitschaft zeigt sich daran, dass die Teams des Impfzentrums vorige Woche rund 1000 Spritzen pro Tag verabreichen konnten und jetzt nur noch 450 bis 700. Mit Impfschwänzern habe man es aktuell nicht zu tun, so Habicht. "Wer einen Termin bucht, kommt auch." Allerdings würden deutlich weniger Termine belegt. Habicht wäre froh, wenn sich das wieder ändert. Denn: "Wer sich jetzt nicht impfen lässt, hat ein hohes Risiko, im Winter an Covid-19 zu erkranken."
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