Impfstart in Fürth: Terminvergabe verärgert die 80-Jährigen

Claudia Ziob

Lokalredaktion Fürth

E-Mail zur Autorenseite

29.12.2020, 06:00 Uhr
Impfstart in Fürth: Terminvergabe verärgert die 80-Jährigen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Sie sind 80 Jahre alt oder älter und sollen laut Gesundheitsministerium unter den Ersten sein, die den schützenden Pieks bekommen. Der Start der Impfungen hat jedoch etliche von ihnen enttäuscht und verunsichert. Wir haben das Fürther Impfzentrum mit den Fragen und Vorwürfen konfrontiert.


Impfzentrum, Heime, Klinikum: So lief der Impfstart in Fürth


Ist der Januar wirklich schon ausgebucht?

Die Buchungsplattform unter www.agnf.org/impfzentrum gibt tatsächlich bis Ende Januar keinen einzigen freien Termin an. Die Arbeitsgemeinschaft Notfallmedizin Fürth (AGNF) will allerdings auch für die kommenden Wochen noch weitere Termine freischalten – sobald klar ist, wie viel Impfstoff geliefert wird. Vorher könne man nicht verlässlich planen, sagt Dr. Michael Hubmann, der ärztliche Leiter des neuen Impfzentrums für die Stadt und den Landkreis Fürth.

Das Problem sei, dass bisher wenig Impfstoff zur Verfügung steht. Und mit den Dosen, die ankommen, sollen auch Heime und das Klinikum versorgt werden. Für Menschen aus Stadt und Landkreis ab 80 Jahren, die zuhause wohnen, konnten deshalb bisher nur wenige Termine angeboten werden. Die Enttäuschung darüber könne er nachvollziehen. "Wir werden alles tun, um der guten Nachfrage nachzukommen."

In der ersten Lieferung bekam Bayern nur 9750 Impfdosen, bis Jahresende sollen es 214.500 sein. Da die Impfung nach 21 Tagen wiederholt werden muss, damit der Schutz wirksam ist, sind zwei Dosen pro Person nötig. Ab Januar erwartet der Freistaat, rund 100.000 Dosen pro Woche geliefert zu bekommen.

Kann man Termine tatsächlich nur über die Internetseite ausmachen?

Nein, es ist auch telefonisch möglich, versichert Landratsamtssprecher Christian Ell. Etliche Anrufer mussten am Montag zunächst das Gegenteil befürchten: Da wurde ihnen nämlich gesagt, dass das Anmelden nur online möglich ist. Mehrere FN-Leser zeigten sich bereits besorgt und verärgert darüber, dass von 80-Jährigen verlangt wird, sich im Internet einen Termin zu reservieren.

Ell zufolge war die Telefonanlage am Montag überlastet, es musste vorübergehend eine Bandansage geschaltet werden. Wie schon in den Tagen vorher aber sollen grundsätzlich alle, "die keine Möglichkeit haben, sich online anzumelden", auch künftig Termine telefonisch vereinbaren können. Erreichbar ist das Impfzentrum an der Rosenstraße unter den Nummern (0911) 95 09 17-0 und -20.

Ell bittet auch um Verständnis dafür, dass sich zum Start alles noch einspielen muss.

Gibt es eine Warteliste und wird man bei freien Kapazitäten informiert?

Schwer enttäuscht sei er vom Procedere, sagte am Montag unter anderem auch Fürths Naturschutzwächter Herbert Schlicht, 80 Jahre alt, der sich gerne impfen lassen möchte. "Chaotisch" wirke der Auftakt für ihn, nachdem er festgestellt hatte, dass online alle Termine ausgebucht sind und das Telefon ständig belegt war.


"Keine schnelle Entwarnung": Söder warnt vor Impfstoff-Engpässen


Bedeutet das, fragte sich Schlicht, dass er nun ständig nachschauen oder nachfragen müsse, ob neue Termine verfügbar sind? Und dass er ständig damit rechnen müsse, dass andere schneller zuschnappen – "wie bei einem Angebot im Discounter"? Es müsse doch die Möglichkeit geben, meint der ehemalige Stadtrat, dass man sein Interesse anmeldet und dann Nachricht bekommt, wenn wieder Termine frei sind. Zumal die Gesundheitsministerin versprochen habe, die Menschen zu verständigen. Er müsse ja nicht als erstes drankommen, betonte Schlicht. Wenn er wüsste, es klappe zum Beispiel im März, könne er gut damit leben.

Sie habe erfahren, schildert derweil eine Leserin irritiert, dass man idealerweise drei Mal pro Woche auf der Internetseite nachsehen solle, ob es neue Termine gibt.

Auf FN-Nachfrage stellt Landratsamtssprecher Christian Ell klar: Wie schnell man neue Termine anbieten kann, hängt davon ab, wie sich die Liefermengen entwickeln. Man könne regelmäßig auf der Buchungsplattform nachsehen, ob die Reservierung möglich ist. Man könne aber auch regelmäßig anrufen – oder sich auf die Warteliste des Impfzentrums aufnehmen lassen. Diejenigen, die dort verzeichnet sind, werden benachrichtigt, wenn es wieder freie Kapazitäten gibt.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten Mitarbeiter des Impfzentrums begonnen, eine solche Liste anzulegen. Diese werde man fortführen.

Gesundheitsministerin Melanie Huml hat angekündigt, sich im Januar schriftlich an die über 80-Jährigen, die in keinem Seniorenheim leben, zu wenden und sie über das Procedere zu informieren.

Wäre es nicht besser gewesen, zuerst nur Heime und das Klinikum zu versorgen, wie es andere Kommunen in Bayern machen?

Viele Menschen aus Stadt und Landkreis haben in den vergangenen Tagen vergeblich versucht, Termine für sich oder ihre über 80-jährigen Angehörigen auszumachen. Hätte man ihnen diesen Frust nicht erspart, wenn man auch in Fürth festgelegt hätte, dass zuerst die Mitarbeiter des Klinikums und die Pflegeheime dran sind?

"Uns war es wichtig, auch mit begrenzten Möglichkeiten schon die 80-Jährigen zu berücksichtigen", sagt Ell. "Wir wollten das Signal geben, dass jeder gleich wichtig ist." Und Hubmann ergänzt: Auch die über 80-Jährigen, die zuhause leben, haben ein sehr hohes Risiko, dass eine Corona-Infektion einen schweren Verlauf nimmt.


Corona-Impfungen: Das sind die drei Gruppen mit Vorrang


Die Statistik zeige, dass Menschen dieser Altersgruppe häufiger als andere nach einer Corona-Infektion ins Krankenhaus müssen, es komme auch häufiger zu Todesfällen. Deshalb werden in Fürth die Impfdosen auf die verschiedenen Zielgruppen aufgeteilt – wobei der größere Anteil ans Klinikum (um die Krankenhausversorgung zu sichern) und an Heime (wo sich Corona leichter ausbreiten kann) geht.

Kommen mobile Teams zu Menschen, die im Betreuten Wohnen leben?

Das sei vorgesehen, sagt Ell. Diese Personengruppe müsse sich also nicht selbst um einen Termin im Impfzentrum bemühen, sondern die Impfungen werden über den Träger organisiert. Man werde die Einrichtungen darüber informieren.

Was ist mit Menschen, die zuhause wohnen und wenig mobil sind, etwa im Rollstuhl sitzen?

Noch gebe es keine Kapazitäten, sie zuhause zu impfen. Sie müssen also nach einer Terminvereinbarung zum Impfzentrum kommen.

Verwandte Themen