Tigermücke in Fürth: "Sie ist besonders aggressiv"

Birgit Heidingsfelder

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29.9.2019, 05:49 Uhr
Tigermücke in Fürth:

© Foto: Doreen Werner/dpa

Für Laien ist es schwierig, die Entdeckung der Asiatischen Tigermücke in Fürth einzuordnen: Wie groß ist das Risiko, sich über das Insekt eine gefährliche Infektionskrankheit einzufangen? Hilft es wirklich, Wasser aus Blumentopfuntersetzern auszuleeren? Haben wir es mit einzelnen Import-Moskitos zu tun? Oder mit einer Invasion? Experte Helge Kampen war bereits in Fürth. Er glaubt, dass die hiesige Tigermücken-Population "größere Ausmaße hat".

Herr Kampen, wie kommen Sie zu dieser Annahme?

Dass uns zwei Nachbarn der Kleingarten-Anlage Süd unabhängig voneinander je zwei Stechmücken zugesandt haben, die wir eindeutig als Asiatische Tigermücken identifizieren konnten, ist höchst verdächtig. Hinzu kam, dass uns ein dritter Anwohner informierte und Fotos schickte. Für gewöhnlich erreicht uns nur ein einziger Hinweis aus einer Region. Und die Leute berichten übereinstimmend von sehr vielen, sehr aggressiven Mücken.

Die Tigermücke gilt als potenzielle Überträgerin gefährlicher Krankheitserreger wie Dengue-, Chikungunya- oder Zika-Viren. Müssen die Menschen hier nun Angst haben, sich damit zu infizieren?

Nein. Die Tigermücke, die ursprünglich aus Südostasien kommt, ist per se kein Risiko. Sie kann erst dann zur Überträgerin werden, wenn sie zuvor einen Menschen gestochen hat, der die Erreger im Blut hat. Und das auch nur in der Anfangsphase einer Infektion, solange das Virus im Blut ihres Wirts zirkuliert.

Das klingt beruhigend ...

Es geht um Wahrscheinlichkeiten. An sich ist die Übertragung von Erregern in Deutschland aktuell unwahrscheinlich, aber wir müssen dafür sorgen, dass das so bleibt. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich im Umkreis der Fürther Fangorte Infektionsquellen befinden. Trotzdem sehen wir die Tigermücke als potenzielles Risiko, weil wir wissen, dass sie eine sehr effiziente Überträgerin von Krankheitserregern ist, insbesondere von Viren. Sie ist auch besonders aggressiv, fliegt Menschen ins Auto hinterher, um sie zu stechen. Urlauber schleppen sie dann bei der Rückreise aus Ländern wie Italien ein.

Dr. Helge Kampen ist Biologe und Geschäftsführer der Nationalen Expertenkommission "Stechmücken als Überträger von Krankheitserregern".

Dr. Helge Kampen ist Biologe und Geschäftsführer der Nationalen Expertenkommission "Stechmücken als Überträger von Krankheitserregern".

Begünstigt wird ihre Ansiedlung bei uns durch die Klimaerwärmung. Populationen der Tigermücke wurden schon in Thüringen, Baden-Württemberg, Hessen und Bayern gefunden. Stimmt es, dass sie aus Erding wieder verschwunden ist?

In Erding, wo Tigermücken sogar überwintert haben, gibt es ziemlich sicher keine Exemplare mehr. Die meisten Nachweise von Populationen gehen übrigens auf den Mücken-Atlas zurück, mit dem wir die Verbreitung von Stechmücken in Deutschland kartographieren. Dabei fangen Privatleute Moskitos im Idealfall mit einem Gefäß, das sie über Nacht ins Tiefkühlfach stellen. Am nächsten Morgen ist das Insekt tot, aber nicht zerquetscht, und von daher nach der Zusendung gut geeignet für eine Artbestimmung unter dem Mikroskop in unserem Labor.

Sie haben sich in der Gegend um die Fürther Fangorte umgesehen. Was haben Sie entdeckt?

Ich habe in einigen Kleingärten Larven der Tigermücke gefunden. Die Weibchen legen ihre Eier beispielsweise gern am Rand von Pflanzenschalen ab. Wenn die dann im Frühjahr gewissermaßen geflutet werden, schlüpfen die Mücken.

Was können die Gartenbesitzer nun tun?

Empfehlenswert ist es, Gefäße, in denen Wasser stehen bleiben kann, also Eimer, Vogeltränken oder Blumentopfuntersetzer, regelmäßig zu leeren und zu reinigen. Wenn man das konsequent macht, reicht das einmal pro Woche. Gefäße wie Regentonnen, die man nicht leicht leeren kann, sollte man abdichten. Auch empfiehlt sich die Bekämpfung mit dem biologischen Mittel BTI-Toxin. Das gibt es in Form von Tabletten, die ein bakterielles Eiweiß enthalten. Das tötet die Larven ab und ist für Menschen unbedenklich.

Raten Sie allen Fürthern zu solchen Maßnahmen?

Auf jeden Fall jenen in der unmittelbaren Umgebung der Fangorte. Die Tigermücke ist standorttreu, sie fliegt maximal 100 bis 200 Meter weit. Aber sie verbreitet sich über Generationen. Auch wenn man nicht alle Brutplätze erwischen wird, ist es doch wichtig, die Populationsdichte klein zu halten. Davon abgesehen, müssen wir uns angesichts der Klimaerwärmung alle sensibilisieren. Unbenutzte Blumenvasen, die auf Friedhöfen mit der Öffnung nach oben in der Erde oder in Halterungen stecken, füllen sich bei Regen und sind für Mücken aller Art interessant. Wir raten, solche Vasen mit der Öffnung nach unten aufzubewahren.

Die Stadt Fürth plant fürs Frühjahr ein Mücken-Monitoring. Was ist das?

Da werden – flankiert von einer biologischen Bekämpfung – Ei-Ablage-Fallen aufgestellt, ein paar hundert Becher mit Wasser und einem Holzstäbchen drin, also mögliche Brutgewässer. So gewinnt man Erkenntnisse über die Größe der Population und den Erfolg der Bekämpfung.

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