Fürth: "Altenpflegeheim sollte in städtischer Hand bleiben"

Andreas Dalberg

FN-Redakteur

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11.1.2021, 11:00 Uhr
Das Heim an der Fürther Stiftungsstraße hat hart zu kämpfen: Die Zahl der Corona-Fälle ist hoch, die finanziellen Probleme drücken.

© Wolfgang Händel Das Heim an der Fürther Stiftungsstraße hat hart zu kämpfen: Die Zahl der Corona-Fälle ist hoch, die finanziellen Probleme drücken.

Das städtische Altenpflegeheim trifft es derzeit hart: Um die Weihnachtszeit stieg die Zahl der Corona-Infizierten bei Bewohnern und Personal stark an, sogar Soldaten der Bundeswehr müssen seit kurzem  aushelfen. Hinzu kommt, dass die Einrichtung durch ein jährliches Defizit von einer Million Euro derzeit in arger wirtschaftlicher Schieflage ist. 

Die Stadt sucht, wie berichtet, nach einer finanziellen Lösung und schließt nicht aus, einen Wohlfahrtsverband ins Boot zu holen. Genau dagegen wendet sich nun Verdi in einem offenen Brief und fordert, dass die Einrichtung nicht „privatisiert“ wird, sondern auch künftig in städtischer Hand bleibt.

Am liebsten wäre es der Gewerkschaft, wenn die Stadt in erster Linie zweierlei vorantreiben würde: Zum einen nach Möglichkeiten suchen, durch die sich die Kostenlast des Altenheims kurzfristig senken ließe – und beispielsweise für eine Absenkung der Miete sorgen. Das Gebäude in der Stiftungsstraße wird von der König-Ludwig-Stiftung vermietet, die wiederum von der WBG verwaltet wird, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft.

Gebäude rasch sanieren

Zum anderen sollte das Gebäude rasch saniert werden, so dass die Auslastung des Altenpflegeheims und da mit die Ertragslage wieder steigt – derzeit können wegen des teilweise schlechten baulichen Zustands nur 80 von 102 Heimplätzen belegt werden.

Das Wichtigste aber für Verdi: Trotz des Defizits sollte das Pflegeheim weiterhin in städtischer Hand bleiben. Denn, so das zentrale Argument: Eine „Privatisierung“ des Heims würde zu Lasten des Personals gehen.


Millionendefizit: Fürths städtisches Altenheim gerät in Schieflage


Gewerkschaftsvertreter  Bernhard Bytom spricht sogar von „Grausamkeiten“, mit denen in diesem Fall zu rechnen sei; er  befürchtet Verschlechterungen bei Tarif, betrieblicher Altersvorsorge oder Arbeitsbedingungen.

Ganz anders sieht das Oberbürgermeister Thomas Jung. Er betont, dass ein Wohlfahrtsverband gemeinnützig sei, es sich in so einem Fall also nicht um eine „Privatisierung“ handele (die Übernahme des Heims durch einen privaten Konzern schließt er aus).

Außerdem: „Es gilt der Grundsatz der Besitzstandswahrung – auch bei einem Betriebsübergang.“ Für die aktuelle Belegschaft werde sich also nicht viel ändern, sollte ein Wohlfahrtsverband einsteigen.

Der OB räumt zwar ein: Neueinstellungen könnten dann zu Bedingungen erfolgen, wie sie auch für Heime von Wohlfahrtsverbänden gelten würden. Aber: Diese seien ebenfalls im Rahmen von Tarifverträgen mit Verdi ausgehandelt.

"Steuergelder in Millionenhöhe verbrannt"

Ohnehin laufe der Versuch, das Altenpflegheim kostendeckend zu betreiben, seit Jahren ins Leere. „Da sind Steuergelder in Millionenhöhe verbrannt worden, die bei anderen Aufgaben fehlen“, sagt der OB und bekräftigt zugleich:  Das liege  keineswegs an der Heimleitung, in die  er „viel Vertrauen“ habe.  Sie leiste sehr gute Arbeit. 

Die Gewerkschaft erhebt  aber auch den Vorwurf der „Heuchelei“: Denn einerseits habe  die Arbeitgeberseite beim jüngsten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst auf Einkommenssteigerungen im Pflegebereich gesetzt, um die Branche attraktiver zu machen; andererseits gebe es Überlegungen, „die letzten verbliebenen Einrichtungen in öffentlicher Hand“ abzugeben, um sich dieser Kosten zu entledigen.

Aus Jungs Sicht geht dieser Vorwurf „ins Leere“. Er betont, Fürth sei als „beschäftigtenfreundlich“ bekannt, und verweist  darauf, dass es kaum Kommunen in Deutschland gebe, die Altenheime betreiben – aus gutem Grund: Es gebe andere, die  das einfach besser könnten – besagte  Wohlfahrtsverbände beispielsweise. 


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Der OB  bittet auch zu berücksichtigen, dass beim Fürther Klinikum („das werden wir auf alle Fälle behalten“) ebenfalls Millionenverluste ausgeglichen werden müssen. 

Von Verdi wünscht er sich, dass die Gewerkschaft keine „Privatisierungsängste schürt“, sondern konstruktiv mitwirkt – denn in den kommenden Monaten sollen die Weichen für die Zukunft des Altenpflegeheims gestellt werden. 

Zwei Wohlfahrtsverbände haben unterdessen schon Interesse bekundet, demnächst beginnen die Gespräche.  Möglichst noch vor der Sommerpause soll es Ergebnisse geben, „die vom Stadtrat akzeptiert werden können“. Der OB verspricht dabei einen „transparenten Prozess“. 

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