"Geh hamm, etzerdla!": Oma und Enkel aus Franken sind TikTok-Stars
14.4.2021, 08:17 UhrEs sind Alltagsbegebenheiten, die der Enkel mir dem Handy dreht: Mal sieht man sie in Omas Wohnzimmer sitzen und übers Fernsehprogramm plaudern, mal filmt der Enkel wie die Oma Fleischküchle zubereitet. Wenn es der 92-Jährigen reicht, sagt sie fränkisch liebevoll "Geh hamm etzerdla!" Ein Spruch, der inzwischen Kult geworden ist bei der Fangemeinde, die vor allem auch den trockenen Humor der Fränkin mag.
Christian, jeden Tag bei der Oma zu sein, ist ungewöhnlich in deinem Alter. Wie kam’s dazu?
Christian Krömer: Als ich mit 14 Jahren auf der Beerdigung meines Opas stand, habe ich das erste Mal mitbekommen, dass der Mann ein spannendes Leben gehabt hat. Da hätte ich gerne viel mehr von ihm selbst erfahren. Aber damals habe ich vorher gar nicht drüber nachgedacht, zu fragen: "Opa, wie war das damals?" Als Kind denkt man gar nicht, dass die Großeltern irgendwann nicht mehr da sind. Als ich 19 war, ist meine andere Oma unerwartet verstorben. Da habe ich gemerkt, wie kurz und kostbar die Zeit sein kann. Und dass ich die Zeit, die ich mit der einen Oma noch habe, mehr schätzen und genießen möchte.
"Das Ziel war, gute Laune zu verbreiten"
Inzwischen seid ihr Internetstars durch die Videos, die du von euch beiden drehst. Was war deine Motivation?
Christian: Eigentlich habe ich den Kanal erst mal gegründet, um gute Laune zu verbreiten. Weil ich wusste, die Oma hat so einen lustigen, trockenen, direkten Humor. Ich habe anfangs gar nicht in die Richtung gedacht, dass das Leute auch emotional betreffen kann. Inwiefern? Dass sie zum Beispiel sagen, sie können ihre Trauer besser verarbeiten. Weil sie in der Oma ihre eigenen Großeltern sehen und sich an schöne Dinge wieder erinnern. Andere haben mir geschrieben: "Hey, Christian, vielen Dank. Ich habe heute nach langer Zeit mal wieder meine Oma angerufen." Das finde ich schön. Die gemeinsame Zeit zu nutzen, möchte ich gern weitergeben.
Was lernst du von deiner Oma? Ist sie auch Vorbild für dich?
Christian: Oma ist definitiv in ganz vielen Sachen ein Vorbild. Ich lerne von ihr generell das Menschliche: Achtsamkeit, gegenseitiger Respekt, wie man miteinander umgeht, Fürsorge. Schon alleine, wie sie sich um ihre Pflanzen kümmert oder die Ordnung in der Wohnung. Ich seh’, wie man mit Dingen umgehen kann. Daraus kann ich viel für mein Leben ziehen.
Als Oma und Enkel präsentierten ihr Kochbuch präsentierten, strömten die Fans herbei
Übernimmst du auch Ernährungstipps? Die Oma legt ja gern noch eine Wurstscheibe mehr drauf. . .
Christian: Sie bringt auf jeden Fall diese "Mir doch woschd"-Einstellung mit, durch die auch ich sehr glücklich lebe. Bedeutet nicht, dass einem alles egal ist, sondern, wenn’s einen glücklich macht, dann ist es auch mal egal, ob eine Scheibe Wurst mehr auf dem Brot liegt. Oder wie die Oma sagt: "Mir doch woschd, mir schmeckt’s etzerd!"
Und was lernt die Oma von dir?
Christian: (Lacht) Sie würde wahrscheinlich sagen: "Nix!" Gut, ich zeig ihr die Social-Media-Sachen auf dem Handy. Aber wirklich was lernen tut sie nicht von mir. Und das ist auch gut so. Sie hat so viel Erfahrung im Leben.
Apropos Social Media: Wie erklärst du der Oma, was TikTok ist?
Christian: Indem ich das Handy aufstelle und wir ein lustiges Video machen. Ich kann ihr nicht wirklich erklären, was das Internet ist. Aber das muss sie auch gar nicht verstehen. Wichtig ist, dass wir Spaß zusammen haben. Ich sage ihr oft, dass wir viele Fans haben. Die Oma sagt dann "Mir doch woschd, ich bin a ganz normale Frau." Wenn sie wüsste, was sie über dieses Internet alles Positives bei den Leuten bewirkt, dann wäre sie sehr stolz drauf. An Weihnachten haben wir über 1200 Briefe bekommen.
Briefe? So ganz in echt?
Christian: Ja, ich hab dazu aufgerufen, dass uns die Leute ans Postfach schreiben sollen. Weil das für die Oma viel greifbarer ist als Grüße auf Instagram.
Ein Wäschekorb voller Fanpost
Wie hat sie reagiert? Das war ja ein Waschkorb voll, oder?
Christian: Das waren mehrere Wäschekörbe voll! Auch Päckchen und Pralinen. Die Oma hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Sie hat auch alles gelesen. Und die ist ja auch noch aus der Generation, in der man einen Brief ordentlich aufschneidet und danach auch wieder reinsteckt.
Kannst du von Social Media leben? Ist das dein Berufsziel?
Christian: Ich lebe im Moment davon, ja. Was in fünf Jahren ist, kann ich nicht sagen. Aber ich habe die Einstellung, dass ich, wenn ich immer das mache, was mich glücklich macht, auch erfolgreich sein werde. Ich hätte mir vor fünf Jahren auch nicht erträumt, dass ich mal eine eigene Kaffeemarke habe. Unternehmerisches hat mir schon immer Spaß gemacht.
Es sieht so locker aus: Man dreht mal ein Video, hält das Handy drauf. Wie viel Zeit kostet es?
Christian: Hinter jedem Bild oder jedem Video steckt ja viel mehr. Wenn ich eine Essenszubereitung auf TikTok habe, die 30 Sekunden lang ist, stecken da zwei bis drei Stunden dahinter. Mit Filmen, die passenden Sequenzen herausschneiden und zusammenfügen. Es beschäftigt mich rund um die Uhr. Ich habe vier Instagram- Accounts, einen TikTok-Kanal, einen Youtube-Kanal. Ich bekomme am Tag Hunderte Nachrichten und versuche, mit der Community in Kontakt zu bleiben. Es gibt keinen Moment mehr, an dem ich sage: Ich schaue jetzt mal zwei Stunden einen Film. Ich habe das Handy immer in der Hand und nutze die Zeit parallel, um Leuten zu antworten.
Social Media ist also nur aus, wenn du schläfst. . .
Christian: Richtig.
Enkel von fränkischer Instagram-Oma mit Coronavirus infiziert
Im echten Leben ist gerade eine Pandemie. Was geht dir da am meisten ab oder merkst du das gar nicht so?
Christian: Doch, ich merk’s natürlich. Ich war ja auch mit meinem Kaffee in verschiedenen Restaurants unterwegs, um ihn zu präsentieren. Das geht jetzt nicht. Immerhin wohne ich mit einem Kumpel zusammen in einer WG. Ich bin ein sehr geselliger Mensch, einer, der sich gern mit Freunden trifft.
Und genau das geht jetzt nicht. . .
Christian: Früher wurde viel über Social Media geschimpft. Aber ich bin ein Chancendenker: Man hat Instagram oder Clubhouse. Da kann man sich so viel austauschen und auch in dieser Pandemie-Auszeit neue Sachen lernen. Auf meinem Youtube-Kanal zeige ich zum Beispiel auch, wie man zu Hause trainieren kann.
Du trainierst für die Athleten-Sendung "Ninja Warriors". . .
Christian: Ja, an einer Klimmzugstange und mit den Dingen, die ich zu Hause habe. Man bekommt es schon irgendwie hin. Ich mache das Beste aus der Situation, statt traurig daheim zu sein. Aber es ist natürlich schon anders, wenn man in der Halle mit richtigen Hindernissen trainieren kann.
Corona hat dich letzten März ereilt, da konntest du die Oma nicht sehen. Ältere Menschen zu treffen, ist gerade nicht so einfach. Was rätst du den Jüngeren, wie sie dennoch Kontakt halten können?
Christian: Das handhabt jede Familie individuell für sich. Natürlich muss man die Vorschriften beachten. Ich weiß, dass meine Oma es niemals wollte, dass sie keiner mehr besucht. Aber auch, wenn man seine Großeltern nicht besuchen kann, kann man sie anrufen. Dann erzählt man halt am Telefon mal Geschichten.
Wie wärst du als Opa später mal gerne?
Christian: So wie die Oma (lacht): Lustig, ehrlich, offen, ein Ratgeber.
Was ist dein Lieblingsessen von deiner Oma?
Christian: Pfannkuchen und Fleischküchle. Aber ich bin ein Allesesser. Und was die Oma macht, schmeckt einfach. Deshalb habe ich ja auch ein Kochbuch mit den Rezepten der Oma gemacht.
Hast du einen Lieblingsort in Franken?
Christian: Omas Küche!
Zur Person: Christian Krömer wurde 1994 in Nürnberg geboren und wohnt in Stein, sein Vater, Kurt Krömer, ist der Steiner Bürgermeister. Zusammen mit seiner Oma Lisbeth hat der 26-Jährige auf TikTok über 500 000 Fans. Sie wurden deshalb zu Werbegesichtern für die Social-Media-Plattform. Auf Instagram folgen ihnen unter @lisbeth_lissi rund 200 000 Menschen, er allein hat dort unter @christian_kroemer 121 000 Follower. Der 26-Jährige hat den Bachelor in Business Administration gemacht und vertreibt eine eigene Kaffeemarke.
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