Altmühlsee-Festspiele in Muhr haben neuen Intendanten
10.12.2013, 07:47 UhrBürgermeister Roland Fitzner war bei der Pressekonferenz am Montag im Altmühlsee-Informationszentrum ebenso froh wie erleichtert, dass die nicht einfache Suche nach einem Nachfolger für den langjährigen künstlerischen Leiter Christian P. Hauser ein verheißungsvolles, harmonisches Ende genommen hat.
Tatsache ist, dass die Vorstellungen des im Oktober ausgewählten Roman Kollmer (Wien) und der Gemeinde Muhr über die künftige Zusammenarbeit nicht zueinander passten. Nach wenigen Tagen erfolgte die Trennung – eine unangenehme Geschichte, die dem langjährigen Bürgermeister nicht recht sein konnte. Die Festspiele lagen ihm von Beginn an am Herzen, und negative Schlagzeilen tun weh.
"Großes Theater"
Das „große Theater“ um die Festspiele, das da süffisant beschworen wurde, will Roland Fitzner im wahrsten Sinne des Wortes verstanden wissen. Es soll auf der Freilichtbühne des AIZ und vor dem Altenmuhrer Schloss im nächsten Jahr wirklich großes Theater geboten werden – für Muhr, für das Seenland und weit darüber hinaus.
Der erste Eindruck bei dem gestrigen Pressetermin ließ den Schluss zu, dass die Chemie zwischen Christian Schnell und Roland Fitzner stimmt. Da ziehen zwei an einem Strang. Um alles sorgfältig vorzubereiten, wurde in den letzten Wochen viel im Muhrer Rathaus geredet. Der Gemeinderat tagte dreimal und kam zu dem einstimmigen Votum, dass die Person des neuen Intendanten und sein Konzept überzeugten. Diese Beurteilung wird vom Freundeskreis der Festspiele mitgetragen.
Zudem schließen die Gemeinde Muhr und der Intendant (der mit seinem Kompagnon Stefan Löser eine Agentur für Kulturveranstaltungen namens „Stageworkers“ betreibt) eine Kooperationsvereinbarung miteinander ab. Darin sind die genauen Aufgaben und Pflichten geregelt. Vieles, was sich in den Aufbaujahren unter Christian Hauser entwickelte und bewährte, war nicht bis ins Einzelne festgelegt. Jetzt soll absolute Klarheit herrschen.
Zusammenarbeit für drei Jahre
Die Vereinbarung zwischen Gemeinde und Agentur gilt zunächst für drei Jahre. Bereits im zweiten Jahr werden sich die Partner zusammensetzen und klären, ob aus den drei Jahren sechs werden sollen. Für Bürgermeister Fitzner steht außer Frage, dass die Gemeinde weiterhin alles ihr Mögliche tun wird, um die Festspiele zum Erfolg zu führen. Das geht vom Kartenverkauf über das Marketing bis zu den Einsätzen des Bauhofs und den Aufträgen an Handwerker, um das Theaterareal in einen optimalen Zustand zu versetzen.
Auch finanziell bleibt die Unterstützung aus dem Rathaus bestehen, und zwar insbesondere unter dem Stichwort Kulturförderung. Wie berichtet, wird 2014 eine einmalige Sonderförderung aus dem bayerischen Kulturministerium an die Gemeinde fließen, weil der bisherige Hauptsponsor „4You“ wegfällt. Dieses Geld wird die Gemeinde an den Intendanten weiterreichen, denn von ihm werden die Festspiele ausgerichtet. Es ist seine Veranstaltung, und er muss, mit Steffen Löser an seiner Seite, die Verantwortung auch in finanzieller Hinsicht tragen.
Jüngster deutscher Theaterintendant
Christian Schnell (50), ein gebürtiger Berliner, studierte Musikwissenschaften und Germanistik. Als Regie-Mitarbeiter sammelte er auf verschiedenen Bühnen Erfahrung. 1990 war er der jüngste deutsche Theaterintendant, und zwar am Volkstheater Halberstadt. Zwölf Jahre leitete er als Intendant deutsche Landes-, Stadt- und Privattheater, darunter das Landestheater Franken-Schwaben in Dinkelsbühl, und initiierte Sommerfestspiele.
Mehr als 50 Inszenierungen aller Genres von Oper, Operette über Schauspiel bis zu großen Musicalproduktionen zeigen seine künstlerische Bandbreite. Daneben war Schnell jahrelang erfolgreich als Produzent von Theaterprojekten und Tourneeproduktionen. Zuletzt wirkte er als Regisseur der Musicalproduktion „Hair“ auf der Freilichtbühne Coesfeld in Nordrhein-Westfalen.
Personelle Unterstützung
Um die Produktionsleitung und die Verwaltung inklusive Finanzen und Internetauftritt der Altmühlsee-Festspiele wird sich Steffen Löser kümmern. Er war zunächst Sänger (bis hin zum „Rheingold“ von Richard Wagner), bevor er umschwenkte. Am Landestheater Coburg wurde er Chefdisponent des Hauses. Seit fünf Jahren leitet er in gleicher Funktion den künstlerischen Betrieb des Theaters Regensburg.
Ein weitere Stütze des Intendanten wird Erwin Kleinwechter sein. Er wirkt in Muhr als künstlerischer Beirat und Darsteller und nimmt sich der Akquisition und der Organisation an. In der Region ist er bekannt als Regisseur, Darsteller und Leiter des künstlerischen Betriebs am Fränkisch-Schwäbischen Städtetheater Dinkelsbühl.
Kleinwechter wird im Januar das Festspiel-Büro beziehen, das kleine Haus neben der Raiffeisenbank, das früher als Poststelle diente. Er wird im neuen Jahr vor allem den Kontakt zu Schulen und Firmen suchen.
Beim ersten Stück der Saison 2014, es heißt „Der Vetter aus Dingsda“, wird Guido Markowitz die Choreografie übernehmen und darüber hinaus der Co-Regisseur sein. Markowitz hat im In- und Ausland gearbeitet. In Muhr wird er außerdem einen Tanztheater-Workshop für junge Leute anbieten und leiten.
Großen Wert legt der Intendant auf das Bühnenbild und die Kostümauswahl. Das wird ab 2014 Sache von Harry Behlau sein. Der gelernte Architekt studierte später noch Theaterwissenschaft und Germanistik, arbeitete als Bühnen- und Kostümbildner, auch für Film und Fernsehen.
Diese engen Mitarbeiter werden sich frühzeitig und intensiv um die Altmühlsee-Festspiele kümmern, kündigte der Intendant an. Er selbst habe noch kein Muhrer Stück gesehen, aber er wisse, dass die Gemeinde Muhr in den letzten zehn Jahren Großartiges vollbracht habe. Schnell selbst war vor Ort, als die Pläne für das Altmühlsee-Informationszentrum heranreiften. Schon damals juckte es ihm in den Fingern, hier einmal tätig zu werden. Was damals nur eine Überlegung war, wird im kommenden Jahr Realität.
Sporen in Franken verdient
Schnell ist zuversichtlich, dass er „seine“ Franken kennt. Gerade seine Jahre in Dinkelsbühl haben ihm Einsicht, Erfahrung und Selbstvertrauen gegeben. Bürgermeister Fitzner pries ihn denn auch als einen Experten, der sich unter anderem in Franken seine Sporen verdient habe. Nach zehn Jahren, in denen die Festspiele von der Truppe aus Wien geprägt waren, würden nun andere, sozusagen preußische Akzente gesetzt.
Der neue Intendant will dennoch auf Bewährtes aufbauen, eine künstlerische Evolution am Altmühlsee betreiben („keine Revolution!“), bestehende Freundschaften und Kontakte pflegen und neue Freunde für das Muhrer Theatereignis gewinnen. Man werde 2014 ein abwechslungsreiches Programm erleben können.
Bei aller Vorfreude auf die Zukunft vergaß Roland Fitzner nicht, einen Dank an Christian Hauser auszusprechen. Dieser habe mit großem Engagement Aufbauarbeit geleistet und die Festspiele in der Region verankert.
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