Am Altmühlsee beginnt der Bau des Römerboots
27.4.2021, 16:27 UhrUm so ein gewaltiges Unterfangen überhaupt zu realisieren, braucht es verlässliche Partner. Wie beispielsweise das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz. Die Fachleute dort ermittelten Daten über ein gefundenes Wrack aus der Spätantike (300 bis 400 n. Chr.) und zeigten dadurch Möglichkeiten auf, wie das Boot des Lusoria-Typs einmal ausgesehen haben könnte.
Ein weiterer Partner für Professor Boris Dreyer, dem Lehrstuhlinhaber für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen (FAU) und Gesamtleiter dieses Projektes, ist ein benachbarter Lehrstuhl. Die Kollegen für graphische Datenverarbeitung leisteten ganze Arbeit und rekonstruierten im 3D-Verfahren ein solches Boot. Living Danube Limes ist das 3,2 Millionen teure europaweite Unternehmen umschrieben, an dem sich viele Länder beteiligen.
Viele fragende Blicke
Das alles klang bei der Begrüßung des Professors zu diesem Workshop durch. Viele fragende Blicke der rund 50 Teilnehmer trafen sich da. Doch Bootsbaumeister Andreas Gronau konnte beruhigen: "Anpacken, gucken was dabei herauskommt und Spaß haben", lautete seine Ansage, die offensichtlich gut ankam.
Christian Freytag (52) aus Weidenbach macht aus dem Bootsbau ein Vater-Sohn-Projekt. Jetzt steht er neben seinem 15-jährigen Sohn Tim und freut sich auf das gemeinsame Arbeiten. Wenn sie es später mal auf dem Altmühlsee fahren sehen, dann "können wir sagen: "Da haben wir mitgebaut".
Römerboot lockte Experten an den Altmühlsee
Der 66-jährige Zahnarzt i.R. Erwin Raab sucht schlichtweg für den Ruhestand "eine neue Herausforderung". Elektro-Ingenieur Norbert Schindler bedauert es zutiefst, "dass ich noch zwei Jahre arbeiten muss". So kann er nur an den Wochenenden mithelfen.
Es ist ein buntes Völkchen, das sich hier eingefunden hat. Pensionierte Lehrer wie Horst Hartung aus Unterwurmbach, Hobbyschmiede, eine holzaffine Frau aus Feuchtwangen und natürlich Geschichts- und Archäologie-Studenten von Dreyers Lehrstuhl. Sie alle eint die Lust und Neugierde "bei einem großen und spannenden Abenteuer dabei zu sein", so Bootsbaumeister Gronau.
Der 37-jährige aus dem schleswig-holsteinischen Lütjenburg verkauft Holz-Rennjollen in ganz Deutschland. Wie auch Frank Jäcklein (50) aus Regensburg hatte er sich für das EU-Projekt beworben und war genommen worden.
Weniger Helfer
Doch Corona führt auch beim Bootsbau Regie, denn die Hürden wurden vom Landratsamt hoch gelegt. Alle 47 Interessenten müssen einen negativen Test vorlegen und einen Mund- und Nasenschutz tragen. Vor allem aber dürfen nur deutlich weniger Helfer auf der Baustelle sein, als ursprünglich vorgesehen. Zehn bis 15 Personen sind maximal an einem Tag zugelassen. Dann wird gewechselt. "Wir haben dadurch schon zwei Monate verloren", bedauert Projektleiter Dreyer, ist aber froh, "überhaupt mit einer Gruppe zu arbeiten."
Die Baustelle am Seezentrum ist zweigeteilt. Da gibt es zum einen auf dem Parkplatz das große Holzlager, das Mitte Januar angelegt wurde, und zum anderen die künftige Bootswerft, die unter der Regie des Zweckverbands Altmühlsee gebaut wird. Das Betonfundament samt massive Pfeiler steht schon. Auch hier verhinderte Corona einen zügigeren Baufortschritt.
Dahin soll der Kiel, das Rückgrat und das wichtigste Teil eines römischen Schiffs, gewuchtet werden, erläutert der Schiffsbauer. Seine Assistentin Lena-Marie Kulke (27) ist eine ehemalige Tänzerin und hat nun ihre "wahre Berufung" gefunden: das Boote bauen. Sie ist im letzten Ausbildungsjahr und organisiert den Transport des Kiels vom Parkplatz hoch zur Werft.
Eine halbe Tonne geschleppt
Eine halbe Tonne wiegt der mächtige, 18 Meter lange Eichenstamm aus dem Nürnberger Reichswald. Die Männer und Frauen haben Schwerstarbeit zu leisten. Das gute Stück darf nicht fallen. Die Sonne scheint zum Glück noch nicht so stark, trotzdem schwitzten und ächzten nicht wenige unter der ungewohnten Last.
Schwimmende Attraktion für den Altmühlsee
Fleißige Hände haben derweil den Untergrund vorbereitet, so dass das massive Brett am Schluss einen sicheren Stand hatte. "Wir haben einen Kiel, eine Zeichnung, jetzt kann es losgehen", kommentiert Gronau das Geschehen. Es muss viel gemessen werden, es gibt ja kein Deck und keine Aufbauten.
Das Projekt setzt auf Authentizität, aber einen Unterschied zur Antike gibt es doch: Damals baute man Schiffe für höchstens zwei bis drei Jahre, erklärt Dreyer, "wir aber wollen das Boot deutlich länger bewegen". Ein weiterer Abstrich: neben Hämmern, Äxten und Nägeln kam auch die Motorsäge zum Einsatz, "um die verlorene Zeit wieder etwas einzuholen", fügt der Professor noch an. Ansonsten gilt: dem Original möglichst nahe sein.
So sollen die Planken nebeneinander angeordnet und angestoßen werden, damit eine glatte Außenhaut entstehen kann. Kraweele Bauweise nennen das die Fachleute. Ein weiterer wuchtiger Holzblock wurde aus einem Stamm herausgesägt: das Bug des Schiffes. Nach und nach werden weitere Bretter zur Werft getragen, viele ausdauernde Helfer sind dafür nötig. In gut einem Jahr soll das Römerboot dann vom Stapel laufen.
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