Corona trifft das Fränkische Seenland hart
28.8.2020, 16:04 UhrVon Januar bis einschließlich Juni musste ein Übernachtungsrückgang um satte 49 Prozent verzeichnet werden. Dabei war der Juni selbst noch recht gut, das Minus machte "nur" 20 Prozent aus, und damit stand das Seenland in Bayern gut da. Jetzt, in der Hochsaison, sei das Gebiet ja eh weitestgehend oder komplett voll, deshalb könne man das, was im Frühjahr verloren wurde, nicht aufholen. Vielleicht, aber eben nur vielleicht werde sich für Juli und August ein kleines Plus ergeben.
Niederprüm sprach von einer "angespannten Situation" für Beherberger, Gastronomie und Dienstleister. Auch wenn man das Minus durch die Coronakrise bis Jahresende auf keinen Fall wettmachen könne, bleibe doch ein Stück Optimismus für den Herbst. Heuer zeige sich ein zunehmender Tagesausflugsverkehr, und zwar in ganz Bayern. Dieser Trend halte an und werde sich hoffentlich bis in den November hinziehen. Für das Seenland sei dieses Plus aber nach allem, was man bisher erkennen könne, eher bescheiden. Niederprüm schätzt, dass es bisher zwei bis drei Prozent mehr Tagesausflügler als sonst gab. Die heißen Wochenenden im Sommer zeigten ein anderes Bild, aber das seien eben die Ausnahmen.
Fokus lag auf Brombachsee
Außerdem: Gerade im August habe der Fokus der Urlauber und Ausflügler erkennbar auf dem Großen Brombachsee gelegen, weil man dort am besten baden könne. Doch der rege Zuspruch sei nach seiner Einschätzung am Altmühlsee nicht vorbei gegangen.
Was ins Auge fallen, seien die gut gefüllten Wohnmobilplätze. Insgesamt verzeichne der gesamte Campingurlaub ein massives Wachstum. Das sei schon die letzten Jahre der Fall gewesen, und könne sich 2020 nochmals verstärken. Auch Ferienwohnungen seien allgemein beliebt. Was man aber auch wissen müsse: Der Campingurlauber und Gast in Ferienwohnungen gebe weniger Geld aus als der Hotelgast.
Studien zur eventuellen Änderung des Reiseverhaltens – eben wegen Corona – lägen bereits vor. Dort zeichne sich ab, dass viele Deutsche Flugreisen vermeiden wollen, sich Urlaub in Deutschland zuwenden, mehr auf Sauberkeit achten, "bedachter" reisen und Massenansammlungen meiden. Auch "Abstand halten" wurde als Schwerpunkt genannt. Doch dürfe man nicht übersehen, dass die Nummer eins der Antworten so aussehe: "Ich werde an meinem Reiseverhalten nichts ändern." Und was sich bestimmt auch nicht ändern werde, sei der Megatrend "Urlaub in der Natur", was immer das dann im einzelnen heiße. Jedenfalls gingen alle Experten davon aus, dass 2020 in Deutschland ein "Boomfahrradjahr" werde.
Der Verbandsgeschäftsführer, seit 2009 im Amt, weiß auch, dass der Trend hin zu qualitativ hochstehenden Unterkünften geht. Das gelte für Hotels, Gasthöfe wie Ferienwohnungen: "Nur Qualität setzt sich durch." Und damit lenkte Niederprüm den Blick auf die Struktur der Unterkünfte im Fränkischen Seenland. Hier habe man in der Zeit des langjährigen Kreisverkehrsamtsleiters Horst Bieswanger noch von rund 9000 Betten ausgehen können. Auch die Zahl von 7816 Betten im Jahr 2010 habe sich sehen lassen können. Seitdem habe ein Rückgang in allen Sparten auf nur noch 4599 Gästebetten im Jahr 2019 eingesetzt. Dabei lag die Aufteilung bei 2446 Betten in Ferienwohnungen, 1944 in Hotels/Gasthöfen und 209 in Pensionen. Auf der anderen Seite stehe die stolze Zahl von 1,08 Millionen Übernachtungen im vergangenen Jahr. Das bedeute: Die Auslastung habe enorm zugenommen, wenngleich weiterhin der Urlaub im Sommerhalbjahr die Hauptrolle spiele.
Die Bettenzahl sinkt
Die Zahl von zuletzt nur noch 292 Ferienwohnungen erkläre sich aus verschiedenen Faktoren. So mancher Beherberger höre auf, weil er Investitionen in seine in die Jahre gekommene Ferienwohnung scheue. Oft finde auch keine Übergabe an die nächste Generation statt: Die Jungen wollten die Ferienwohnung nicht übernehmen, sie hätten andere Pläne und Lebensentwürfe. Wenn in den letzten Ferienwohnungen hinzukamen, dann sei das nur im gewerblichen Bereich der Fall gewesen, betonte Niederprüm. Gewerblich heiße über zehn Betten.
Beim Schlagwort "Sanfter Tourismus" hat Niederprüm mehr als Bauchgrimmen. Nach seiner Überzeugung gibt es den überhaupt nicht, er sei allenfalls in einem ausgewiesenen Schutzgebiet möglich. Tourismus könne von seiner Art her überhaupt nicht sanft sein. Man könne sanfte Themen spielen, das geschehe im Seenland zum Beispiel in Form der sehr guten Zusammenarbeit mit dem Landesbund für Vogelschutz. In dieser Hinsicht sei in den letzten zehn Jahren vom Bund Naturschutz (einem der Kritiker des aktuellen Center-Parcs-Vorhaben) überhaupt nichts gekommen.
Und auch mit einem anderen Schlagwort, der "Nachhaltigkeit" hat Niederprüm so seine Probleme. Laut einer aktuellen Analyse bleibe es hier allzu oft bei guten Vorsätzen bei der Umsetzung. Man könne es auch so sagen: Es gebe Nachhaltigkeit im Tourismus, aber ebenen keinen nachhaltigen Tourismus. Wenn es beispielsweise an die Nutzung des ÖPNV-Angebots vor Ort gehe, dann bleibe man lieber bei seinem Pkw. 58 Prozent der Befragten in dieser Studie gaben an, ihr Urlaub solle möglichst umweltverträglich/-freundlich sein. Nur sechs Prozent achteten auf die Nachhaltigkeit-Kennzeichnung der Unterkunft oder des Reiseveranstalters. Und nur drei Prozent tätigen eine CO2-Kompensation für An-/Abreise oder ihre Aufenthalt.
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