Party und Picknick: LBV kämpft mit rücksichtslosen Besuchern auf Vogelinsel

31.8.2020, 10:37 Uhr
Party und Picknick: LBV kämpft mit rücksichtslosen Besuchern auf Vogelinsel

© Foto: Jürgen Eisenbrand

Und obwohl Martina Widuch am Altmühlsee einiges gewohnt ist, war sie unangenehm überrascht: "Da kamen mehr Leute als in den Jahren zuvor, und sie waren rücksichtsloser."

In einem Gespräch über die abgelaufene Brut- und die noch hochtourig drehende Urlaubssaison am Altmühlsee erinnert sich Widuch an Radfahrer auf der (für sie gesperrten) Vogelinsel, aus deren Handys lautstark Musik plärrte, an eine offenbar ausschweifende Party auf dem Aussichtsturm, ein Picknick mit Hund auf einer nur über eine Furt erreichbare Insel – und besonders an eine Frau, die sich aus einer Wiese im Naturschutzgebiet einen dicken Blumenstrauß zupfte. "Als ich ihr sagte, dass das verboten sei, sagte sie: 'Das weiß ich, aber das ist mir egal!'" Da fühle man sich schon "hilflos, wenn man sich so anreden lassen muss", sagt sie.


LBV: Finger weg von Jungvögeln


Die Menschen seien heuer leicht reizbar, hat die Fachfrau des Landesbundes für Vogelschutz beobachtet. Wenn sie sich auf den schmalen Wegen begegneten, reagierten sie mitunter sehr aggressiv und werfen sich gegenseitig vor, die Abstandsregeln nicht einzuhalten. "Dabei wäre genug Vogelinsel für alle da", ist sie überzeugt. "Wenn alle rücksichtsvoll sind, dann klappt das auch."

Party und Picknick: LBV kämpft mit rücksichtslosen Besuchern auf Vogelinsel

© Foto: Limes-Luftbild.de

Ihr LBV-Kollege Jan Heikens erklärt sich dieses Verhalten damit, "dass vermutlich viele draußen in der Natur sind, die eigentlich lieber was anderes machen" – und wegen Corona nicht können. Der Gebietsbetreuer, der sich unter anderem der besonders geschützten Wiesenbrüter annimmt, hatte in "seinem" Terrain, also dem Wiesmet nördlich vom Altmühlsee und den Brutgebieten entlang der Altmühl bis Trommetsheim, ebenfalls Probleme mit Urlaubern.

Als nach den ersten Lockerungen die Tagesausflügler aus dem Großraum Nürnberg angerückt seien, hätten seine Schützlinge durchaus "gelitten", sagt er. "Kiebitz und Brachvogel sind sehr empfindlich", sagt der Experte. Eine Störung könne sehr leicht zur Aufgabe des Nestes führen, und gerade beim sehr seltenen Brachvogel "kommt es auf jedes einzelne Ei an".

Probleme mit Hunden

Ob sich denn Einheimische rücksichtsvoller verhielten, weil sie die Empfindlichkeit des Öko-System kennen? Kurz zögert Heikens mit der Antwort – und stimmt dann Martina Widuchs Formel zu: Es gebe eben überall "solche und solche". Denn auch mit Anwohnern des Vogelparadieses hat der Gebietsbetreuer schon einschlägige Erfahrungen gemacht. "Viele leinen halt ihre Hunde nicht an, und die stören die brütenden Vögel", klagt er. Wenn die dann aufflögen, trete der Fuchs auf den Plan: "Der ist schlau", sagt Heikens, "der beobachtet die Wiesenbrüter, sucht das leere Nest und räubert es aus." Und auch ein Hund, fügt er hinzu, "würde zu einem Gelege nicht nein sagen, wenn er zufällig darauf stößt".

Wenn ein Vogel zu oft gestört werde, suche er sich einen anderen Platz oder breche die Brut gleich komplett ab, fügt Martina Widuch hinzu. Ein Gelege mit vier Eiern mache 25 bis 30 Prozent des Gewichts eines Vogels aus, macht sie deutlich: "Und ob er sich das ein zweites Mal in einer Saison antun wird, ist fraglich." Deshalb appelliert sie an "alle Blumenpflücker, Hundehalter, Radler und Spaziergänger: Haltet euch an die Regeln!".


Vorsitzender des LBV: "Die Leute wollen mehr Naturschutz"


Heikens und ein Kollege haben gegenüber jenen Hundehaltern, die ihre Tiere immer nur dann anleinen, wenn sie ihnen begegnen und dann schnell wieder loslassen, inzwischen eine "offensivere Taktik entwickelt", wie er sagt: "Wir laufen denen manchmal nach, bis sie fast wieder zu Hause sind." Diese Tierfreunde nennt er frustriert-spöttisch "unsere Spezialisten". Denn: "Das sind immer die gleichen."

Ein Problem sind zudem die Hinterlassenschaften der Hunde, die von allzu vielen Haltern eben nicht eingesammelt und in Plastiktütchen ordnungsgemäß entsorgt werden. "Hundekot verunreinigt das Heu, das Bauern an ihre Kühe verfüttern", erklärt Widuch das Problem. "Und er enthält Keime, die die Rinder krank machen." Zwar hinterlasse auch der Fuchs einschlägige Spuren in den Wiesen, aber: "Das Problem sind die Mengen."

Viel weniger Teilnehmer

So ein "Mengenproblem" beschäftigt die Leiterin der LBV-Umweltstation auch in ganz anderer Hinsicht: Denn bis Ende Mai konnte der LBV keine einzige seiner beliebten Führungen am Altmühlsee anbieten, und auch derzeit läuft das Programm noch mit angezogener Handbremse, sprich: mit drastisch reduzierter Teilnehmerzahl. "Statt 30 können derzeit nur 15 Interessierte an Führungen teilnehmen", sagt Widuch, "und auf die Fledermaus-Touren mit der "MS Altmühlsee" können wir nur etwa 40 statt bis zu 120 Menschen mitnehmen."

Was das bedeutet, ist klar: "Da geht uns und dem Zweckverband Altmühlsee natürlich viel Geld verloren."

Keine Kommentare