Helle Freude und tiefe Enttäuschung über das BN-Votum zum Frankenschnellweg
12.4.2021, 19:53 UhrBei der Stadt Nürnberg herrschte gestern großes Bedauern. Oberbürgermeister Marcus König (CSU) sagte, man habe sich eine Zustimmung erhofft: "Jetzt ist zunächst wieder Justitia gefragt." Komme es vor Gericht zu einer Entscheidung zugunsten der Stadt Nürnberg und für den geplanten Ausbau, "dann ist Bavaria gefragt".
Denn die Finanzierung sei nur mithilfe des Freistaates zu stemmen. Aus München habe es in der Vergangenheit bereits Zusagen gegeben. Man setzte auch weiterhin auf die Hilfe der Landesregierung.
Ziel: Verkehr zu bündeln
Bürgermeister Christian Vogel (SPD) zeigte sich enttäuscht. Der Vergleich habe bei vielen Anwohnern Hoffnung auf den raschen Einbau von Lärmschutzanlagen geweckt. Vogel bedauert die Entscheidung der BN-Mitglieder, zeuge sie doch von einer "grundlegenden Ablehnungshaltung – ungeachtet der in Aussicht stehenden Verbesserungen für Mensch und Umwelt".
Die Ziele der Stadt blieben jedoch weiterhin unverändert: den Verkehr zu bündeln und besser zu lenken.
Hier weitere Stimmen:
Titus Schüller, Stadtrat Die Linke, BN-Mitglied: "Es ist so gelaufen, wie wir es erhofft hatten. Das Votum gegen den Vergleich zeigt, dass die BN-Mitglieder vernünftiger sind als es der Vorstand ist. Vieles, was im Kompromiss steht ist schon erfüllt, etwa, was den Ausbau von Radwegen angeht oder die Planungen für die StuB.
Ich finde die Teilnehmerzahl von 2727 BN-Mitgliedern gar nicht so schlecht, weil viele im BN passive Mitglieder sind. Die Linke wird jetzt im Stadtrat nochmal einen Antrag auf Planungsstopp für den Ausbau stellen."
Verena Osgyan, Landtagsabgeordnete der Grünen: "Ich empfinde große Freude, dass "mein" BN entschieden hat, eine klare Position zu vertreten. Das Projekt steht der Verkehrswende im Weg. Ich appelliere an alle Beteiligten, den Ausbau zu beerdigen.
Münchens grün-rote Stadtspitze hat es letzten Sommer vorgemacht und drei ihrer geplanten Tunnel-Bauprojekte eine Absage erteilt und weitere auf Eis gelegt. Damit will sich München über 1,2 Milliarden Euro sparen. Diese vernünftige Entscheidung kann auch ein Vorbild für Nürnberg sein."
Jan Gehrke, Stadtrat der ÖDP, kein BN-Mitglied: "Ich bin positiv überrascht! Die ÖDP hatte sich immer dafür eingesetzt, dass an der Klage gegen den Ausbau festgehalten wird. Man hätte viel früher ansetzen und die Alternativen forcieren müssen.
Ich hoffe, dass es gelingt, mehr Radwege, mehr Park-and-Ride-Plätze zu bauen und den öffentlichen Nahverkehr zu stärken. Die kurzfristige Baustelle am Frankenschnellweg hat uns gezeigt, was wir und vor allem die Anwohner während einer zehnjährigen Bauzeit zu erwarten hätten."
Andreas Krieglstein, CSU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat: "Der Bund Naturschutz hatte in den Verhandlungen mit Stadt und Freistaat erfolgreich viele Verbesserungen für Mensch und Umwelt in den Kompromissvorschlag zum Ausbau hineinverhandelt. Es ist enttäuschend, dass sich die Mitglieder nun dagegen entschieden haben.
Ohne Wenn und Aber
Aber natürlich respektieren wir diese Entscheidung. Jetzt gilt es, schnellstmöglich auf dem Rechtsweg grünes Licht für den Ausbau zu bekommen. Die CSU steht ohne Wenn und Aber zum kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs. Es ist die wichtigste Maßnahme zur Stadtreparatur und zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, vor allem in den angrenzenden Stadtteilen. Autofahrer wollen endlich ohne Stau dort unterwegs sein und die Anwohner wollen endlich von Lärm und Abgasen befreit werden."
Thorsten Brehm, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat: "Das Ergebnis ist schade, weil der Kompromiss den Interessen beider Seiten Rechnung getragen hätte. Die SPD schlägt vor, auch ohne Vergleich, an der angestrebten Gewichts- und Tempobeschränkung für Lastwagen festzuhalten, um damit vor allem den überörtlichen Lkw-Durchgangsverkehr auszubremsen. Die finale Entscheidung, wie es mit dem Verfahren weiter geht und wann mit dem Bau begonnen werden kann, obliegt nun dem Gericht."
Berthold Söder, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband Großraum Nürnberg: "Nun kann gerichtlich geklärt werden, ob die Stadt überhaupt befugt ist, am Frankenschnellweg de facto eine Autobahn zu planen.
Der ganze Ausbau ist und bleibt ein einziger Fehler, den es zu verhindern gilt. Die von der Stadt Nürnberg angebotenen kosmetischen Verbesserungen werden den Anforderungen an eine zeitgemäße Verkehrs- und Klimapolitik nicht gerecht."
Christine Seer von der Gruppe Standhaft bleiben" im BN: "Uns fällt wirklich ein Stein vom Herzen, denn jetzt haben wir eine realistische Chance, dieses völlig aus der Zeit gefallene Projekt der "autogerechten Stadt" doch noch zu verhindern.
Vor Gericht muss geklärt werden, ob die Stadt überhaupt ein Planungsrecht hat. Die Klassifizierung als Kreisstraße ist aus unserer Sicht rechtsfehlerhaft. Letztlich würde es ja eine Autobahn quer durch die Stadt werden."
12 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen