Herrenschießhaus: Platz für Kinder in der Nürnberger Altstadt
27.10.2020, 06:00 UhrEin Träger, zwei Nutzungen: Im historischen Herrenschießhaus entsteht unter Federführung des Jugendamts im Obergeschoss ein Hort mit 50 Plätzen für Schüler der ersten bis vierten Klasse. Darunter zieht nach einer langen und viel diskutierten Standortsuche das Kinder- und Jugendhaus Altstadt ein.
Der städtische Jugendtreff war jahrzehntelang im Fünfeckturm beheimatet. Aus baulichen Gründen, insbesondere wegen Problemen beim Brandschutz, wurde er dort 2009 geschlossen und hangelt sich seitdem von einem Provisorium zum nächsten. Seit einigen Jahren befindet sich ein reduziertes Angebot beim Jugendbüro „Team Altstadt“ am Marientorgraben. Mit dem Herrenschießhaus hat die Stadt nun einen dauerhaften Standort gefunden, an dem auch wieder eine offene Kinder- und Jugendarbeit stattfinden kann.
Das Gebäude sei ein "würdiger Nachfolger für den Fünfeckturm", meint Yasmin Lemmermeier vom Jugendamt. Als Besonderheiten nennt sie die künftige Zusammenarbeit zwischen dem Hort und dem Kinder- und Jugendhaus, die Angliederung des Jugendbeteiligungsprojekts „laut!“ sowie die "einzigartigen Räumlichkeiten mit außergewöhnlichem Außengelände". Dabei weist sie auf die 300 Jahre alte Platane hin.
"Die großen Baumstrukturen bleiben erhalten", kündigt die zuständige Landschaftsarchitektin Kerstin Gruber an. Der asphaltierte Bereich rund um die alte Platane weicht einer wasserdurchlässigen Pflasterfläche. Auf dem Gelände entstehen eine Tribüne, ein speziell auf den Standort abgestimmtes Klettergerüst sowie ein Sitz- und Lümmelplateau.
Garten muss weichen
Der Raum ist begrenzt und viel Fingerspitzengefühl erforderlich. Nicht zuletzt weil der obere Bereich der Außenfläche seit Jahren von den Bewohnern des angrenzenden Grübelbunkers genutzt wird und sich in einen blühenden Garten verwandelt hat. Eine ruhige Oase. Diese wird weichen müssen. Lediglich der Terrassenbereich bleibt unangetastet, so Gruber.
Eine freie Fläche soll als eine Art Begegnungsstätte fungieren. Die Bewohner wurden über die Planungen informiert. "Sie haben die Pläne nicht freudig aufgenommen, aber akzeptiert", sagt Christine Felber vom Hochbauamt. Das Gelände befindet sich im städtischen Besitz.
"Anspruchsvolles Projekt"
Ein "anspruchsvolles Projekt" nennt Felber das Vorhaben. Als Projektleiterin koordiniert sie die Gesamtmaßnahme. Das Gebäude am Andreij-Sacharow-Platz ist "fast original" erhalten, weiß Felber. Der Westflügel, der ältere Teil, stammt aus dem Jahr 1441, er ist jedoch mehrfach umgebaut worden. Im Südflügel, Baujahr 1582, befindet sich das Herrenschießhaus mit der offenen Säulenhalle und der Freianlage.
Im Rahmen der Umbauarbeiten erfolgt eine umfangreiche Sanierung des Bauwerks, so muss etwa beim Dachstuhl mit Blick auf die Statik nachgebessert werden. In Sachen Brandschutz entsteht ein zweiter Fluchtweg, Barrierefreiheit soll "soweit wie möglich" geschaffen werden.
Gespräche mit dem Denkmalschutz
"Auch ein Aufzug für beide Gebäudeteile wird kommen", kündigt Felber an, dafür seien noch viele Gespräch mit dem Denkmalschutz nötig. Der Abstimmungsprozess läuft, ebenso die Kostenermittlung.
Der Baubeginn ist für 2022 geplant, der Einzug soll zwei Jahre später erfolgen. Der Bürgerverein Altstadt begrüßt das Projekt. "Seit 2012 fordern wir, dass ein Kinder- und Jugendhaus in die Altstadt muss - und freuen uns nun auf 2024", so die Vorsitzende Elisabeth Most.
Bis dahin kommt die mobile Jugendarbeit zum Zug: Künftig steht der zu einem Jugendtreff umgebaute Bus immer dienstags von 16 bis 20 Uhr auf dem Andreij-Sacharow-Platz. Für das kostenlose Angebot, das sich an Sechs- bis 27-Jährige richtet, ist keine Anmeldung vonnöten.
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