Kirche kauft Bauern Äcker weg: Grundstücks-Deal in Franken sorgt für Unmut

Michael Kasperowitsch

Region/Bayern

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7.5.2021, 08:16 Uhr
Ein Schatten liegt über dem Kauf von Äckern der katholischen Kirche in der Nähe von Zeil am Main. 

© imago images/imagebroker, NN Ein Schatten liegt über dem Kauf von Äckern der katholischen Kirche in der Nähe von Zeil am Main. 

Seit der kirchliche Deal öffentlich ist, ist der Seelenfrieden von Pfarrer Michael Erhart von der Gemeinde Am Weinstock Jesu in Zeil am Main (Kreis Haßberge) gestört. Von der sogenannten Pfründestiftung dort, einer uralten Einrichtung in Bistümern zur Versorgung der Geistlichkeit, stammt der hohe Geldbetrag.

"Die Summe lag bei uns auf dem Konto", bekennt Erhart. Man habe zuvor einige Baugrundstücke vorteilhaft an den Mann gebracht. Weil das Geld auf der Bank aber derzeit praktisch nichts abwirft, kam von oben, von der Spitze der Würzburger Diözese, mit Nachdruck der Hinweis, etwas mehr für die Rendite zu tun. Und so geschah es.

Der doppelte Preis

Am Ende kaufte die Kirche für die 600.000 Euro rund 15 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen. Was die Landwirte der Umgebung so auf die Palme bringt, ist der Umstand, dass die kirchlichen Finanzexperten dafür etwa vier Euro pro Quadratmeter auf den Tisch legten, was ungefähr dem doppelten des dort üblichen Preises entspricht.

Pfarrer Erhart versichert, der Deal sei völlig ohne seine Mitwirkung über die Bühne gegangen oder die der kirchlichen Basis. "Sind wir die Finanzleute oder die in Würzburg?", fragt er rhetorisch. Dort sei alles geprüft und genehmigt worden. Er als Pfarrer habe bei dem Grundstücksgeschäft weder mit verhandelt, noch könne er beurteilen, ob der Preis überhöht oder angemessen ist. Den "massiven Ärger" mit Gläubigen auszubaden, das aber bleibt jetzt vor allem an ihm hängen.

"Ihr braucht ja wohl keine Spenden mehr", "Gibt es keine wichtigeren Aufgaben für die Kirche als solche Geschäfte", "Was ist denn da los?" - so was ist dem Ortspfarrer nicht nur einmal vorwurfsvoll entgegengeraunt oder ihm gegenüber offen angesprochen worden. Die Kirche und ihr Umgang mit ihren riesigen Vermögen ist schließlich immer wieder gerne Stein des Anstoßes.

Die Diözesanverwaltung in Würzburg sieht an dem jüngsten Ackerkauf nichts Anstößiges. Man habe sich auch in diesem Fall an die Orientierungshilfe "Ethisch-nachhaltig investieren" der Deutschen Bischofskonferenz gehalten. Auch kirchliche Stiftungen hätten den Kapitalerhalt des vorhandenen Vermögens zum Ziel. In einer ländlichen Region wie Unterfranken könnten landwirtschaftliche Flächen als Anlage durchaus eine Rolle spielen.

Diözese wehrt sich

Dann folgt eine kleine Aufklärung über die kirchliche Finanzstruktur. Die Aufregung der Bauern vor Ort ist laut Würzburg darauf zurückzuführen, dass sie nicht zwischen der Eigenständigkeit mehrerer selbständiger Rechtsträger unterscheiden. Die Diözese könne Stiftungen nichts an Vermögen wegnehmen, um diözesane Aufgaben zu finanzieren. Das sei unzulässig. Es gelte an dieser Stelle: "Kirche ist nicht gleich Kirche."


Landwirtschaft baut auf Saisonkräfte


Eine solche Aussage bringt Mathias Klöffel, den örtlichen Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), geradezu auf die Palme. Dabei sind ihm die kirchlichen Strukturen keineswegs fremd. Er selbst war viele Jahre Mitglied des Pfarrgemeinderates. Seine Frau ist Kirchenpflegerin.

"Da mag es verschiedene Töpfe geben, aber es ist immer noch eine Firma." Er sieht die Kirche ganzheitlich. Für ihr jüngste Finanzgebaren zeigt er wenig Verständnis. Der Unmut Klöffels ist groß: "Wir investieren weniger in Steine, also in Gebäude, mehr in Menschen, betont die Kirche immer. Und dann kaufen die einen steinigen Acker." Und wenige Kilometer davon entfernt würden Bildungseinrichtungen geschlossen, klagt der BBV-Obmann.

Die Kirche habe für einen "Scherbenacker" von schlechter Bonität ohne groß zu überlegen den geforderten Preis bezahlt, sogar etwas mehr, damit die Pfründestiftung ja zum Zuge komme, und nicht etwa andere Interessenten den Zuschlag erhalten. Wert seien die fraglichen Äcker etwa die Hälfte. Klöffel spricht von einem "Spekulationsobjekt", das sich seine Kirche da geleistet habe.

"Das ist völlig legitim"

Dem Verkäufer, einer Erbengemeinschaft, will der Bauernvertreter nicht den geringsten Vorwurf machen. Das ist ihm wichtig zu betonen, denn die betroffene Familie werde ebenfalls angefeindet, ob des unerwartet guten Geschäfts mit der Kirche. Wer würde nicht zugreifen, wenn die ein Angebot mehr oder weniger unbesehen akzeptiert? "Das ist völlig legitim."

Gespannt ist Mathias Klöffel nun, wie sich die fromme Investition auswirkt. Die neuen kirchlichen Äcker seien noch an Landwirte verpachtet. Ende des Jahres liefen die Verträge aber aus. Es könne durchaus sein, dass der Pachtzins danach kräftig steige. Dann sei die Spekulation der Kirche richtig gut aufgegangen.

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