Gift im Birkensee: Haben die Behörden geschlampt?
19.9.2016, 10:31 UhrLaut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) sind Proben, die aus dem See und nahegelegenen Bächen stammen, auch über ein Jahr nach dem Bekanntwerden der PFOS-Verunreinigung "zum Teil hoch belastet". Ausgewertet hat sie der Geologe Heimbucher, der auch Vorsitzender des Nürnberger Bund Naturschutz ist. Sogar "extrem hoch", so der BR, sei die Konzentration des fett-, öl- und wasserabweisenden Stoffs im Finstergraben. Dieser Bach fließt am Diepersdorfer Gewerbegebiet vorbei, in ihn mündet auch die dortige Kläranlage.
Ist damit also das Rätsel gelöst, wie das potenziell krebserregende PFOS in den Birkensee kommt? Es gebe eine ganze Reihe von Betrieben, so Heimbucher, die den Stoff "möglicherweise" nutzten. Über die Kläranlage gelange er in Oberflächengewässer und schließlich in den Untergrund. Das Wasserwirtschaftsamt bestritt diesen Zusammenhang allerdings schon vor einem Jahr, als die Pegnitz-Zeitung erstmals über erhöhte PFOS-Werte im Finstergraben berichtete.
Das Gewässer fließe in den Röthenbach, nicht in den Birkensee. Dieser hingegen werde durch Grundwasser gespeist, das in entgegengesetzter Richtung ströme. So recht scheint das Nürnberger Amt seiner Aussage aber nicht zu trauen: Messpegel, die im April 2016 im Lorenzer Reichswald gesetzt wurden, sollen unter anderem Klarheit über die Strömungsrichtung bringen.
Für die Behörde ist die Herkunft noch ungeklärt
Die Diepersdorfer Bolta-Werke, die im BR-Bericht zwar nicht namentlich genannt werden, deren Beteiligung aber zumindest nahegelegt wird, nutzen PFOS nach eigener Aussage seit 2012 nicht mehr. PFOS ist ein Standardmittel in der galvanischen Industrie, findet aufgrund seiner Eigenschaften aber auch beim Beschichten von Textilien oder Papier Anwendung.
Für die Behörden ist die Herkunft des PFOS noch immer ungeklärt. Die Ermittlungen seien nicht einfach, heißt es seither immer wieder von Wasserwirtschaftsamt und Landratsamt. Die Gemeinde Leinburg, für die Diepersdorfer Kläranlage zuständig, weicht Fragen aus. Der Geologe meint nun, die Verantwortlichen hätten "gewissermaßen geschlafen". Es sei, so Heimbucher zum BR, "selbstverständlich sehr genau" möglich, den Verursacher zu finden, zum Beispiel durch Probeentnahmen aus einzelnen Abwasserkanälen.
Badeverbot erst 2015 erlassen
Zeit genug dafür war: Das Wasserwirtschaftsamt hatte bereits 2013 erhöhte PFOS-Werte am Nordufer des Birkensees gemessen. Der Schadstoff fand sich auch in einem stillgelegten Trinkwasserbrunnen der Moritzberggruppe und später im Finstergraben. Das Landratsamt wusste spätestens 2014 von einem Anstieg der Schadstoffkonzentration im See.
Doch statt zu warnen, warb die Behörde sogar noch mit der ausgezeichneten Badequalität. Der 2014 festgestellte Wert, so Peter Gronau, Leiter des Sachgebiets Umwelt, habe "keine Gesundheitsgefahr" bedeutet, weitere Maßnahmen seien deshalb nicht veranlasst worden. Erst nach Medienberichten erließ man im August 2015 ein Badeverbot.
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