Es ist ruhig am Nürnberger Hauptbahnhof. Nur wenige Passanten und Reisende sind im Verteilergeschoss der U-Bahn, in der Haupthalle und den Gängen zu den Bahnsteigen unterwegs. Praktisch alle tragen einen Mund-Nasen-Schutz. Ein Mann, der auf der Rolltreppe steht und seine Maske herabgezogen in der Hand hält, wird von zwei entgegenkommenden Polizeibeamten aufgefordert, sie wieder aufzusetzen.
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Seit Beginn der Woche gelten umfassende Schutzmaßnahmen der Bayerischen Staatsregierung, um die Ausbreitung des Corona-Virus weiter einzudämmen, auch wenn das öffentliche Leben im Freistaat schrittweise wieder hochgefahren wird. Im öffentlichen Personennahverkehr sollen die Reisenden deshalb Mund und Nase verhüllen, ob mit einer Maske, einem Tuch oder Schal. "Ich appelliere an alle, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind: Tragen Sie bitte einen Mund-Nasen-Schutz", sagte Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer. "Die Gesundheit steht an erster Stelle – sowohl für die Fahrgäste als auch für das Personal. Wenn alle eine Maske tragen, sind damit auch alle geschützt. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie und zur langsamen Rückkehr zur Normalität."
Die Regelung gilt auch für die Wartebereiche an Haltestellen und Bahnsteigen. Bei Verstößen droht ein Bußgeld in Höhe von 150 Euro. Dort sind an diesem Morgen in Nürnberg ebenfalls die allermeisten mit einer Maske unterwegs. Doch auf den Sitzbänken sind vereinzelt auch Wartende zu sehen, die sie abgezogen haben. Und wenn ein Zug einfährt und hält, ziehen einzelne Reisende beim Aussteigen immer wieder den Schutz vom Gesicht.
Das kritisiert auch ein Lokführer, der seit zehn Jahren bei der DB am Standort Nürnberg arbeitet. "Mir und meinen Kollegen ist aufgefallen, dass viele Bahnreisende zwar innerhalb der Züge ihre Masken tragen, diese jedoch sobald sie den Zug oder die Bahn verlassen haben sofort abnehmen, beziehungsweise erst aufsetzen, wenn sie die Züge oder Bahnen betreten. Aus meiner Beobachtung betrifft das circa 60 bis 70 Prozent der Reisenden."
Diese Zahl hält ein Sprecher der Deutschen Bahn für deutlich zu hoch gegriffen. "Was wir insgesamt beobachten ist eine hohe Akzeptanz der Maskenpflicht in den Zügen. Dort wird auch immer wieder auf die Regelung hingewiesen." Unabhängig von der tatsächlichen Zahl der Verstöße auf den Bahnsteigen und in den anderen Wartebereichen könnte dort aber tatsächlich "die Disziplin etwas besser sein", so der Sprecher.
Mit Lautsprecherdurchsagen soll deshalb in diesen Tagen verstärkt darauf aufmerksam gemacht werden, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Das sei vor allem im Hinblick auf die zunehmenden Verkehre wichtig, wenn künftig "die Schüler wieder kommen und es auf den Bahnsteigen voller wird. Hier appellieren wir auch an die Eigenverantwortung der Reisenden", so der Sprecher.
Nach Angaben des Polizeipräsidiums Mittelfranken hält sich die überwiegende Mehrheit der Bürger an das Maskengebot. Nur vereinzelt sei es in den ersten Tagen in wieder geöffneten Geschäften zu Verstößen gekommen. Auch die Bundespolizei, die am Nürnberger Hauptbahnhof kontrolliert, zieht eine positive Bilanz. Abgesehen von einzelnen Verstößen im Verteilergeschoss, wo zwei Anzeigen nötig waren, gebe es bisher keine nennenswerten Probleme mit der Maskenpflicht. Allerdings sei nicht festzustellen, wie es an den Haltestellen in der Fläche aussehe und ob sich dort wirklich jeder an die Regelung hält.
Noch nicht entschieden ist bisher, wie es in den ICE- und IC-Zügen weitergeht. Dort gilt bisher im Gegensatz zum ÖPNV keine Verpflichtung, Mund und Nase zu bedecken. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hält das für einen "Systembruch" und setzt sich für eine einheitliche Regelung ein. Zudem hat Scheuer auch eine Reservierungspflicht für den Fernverkehr ins Spiel gebracht, wie sie etwa in Frankreich, Spanien oder Italien gilt und mit der sich die Abstände zwischen den Reisenden steuern lassen könnten. "Wir sind im Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium", sagt ein Bahn-Sprecher mit Blick auf die Mundschutz-Pflicht im ICE.
Das Personal an Bord sei bereits angewiesen, einen Schutz zu tragen, um "als Vorbild" für die Reisenden zu fungieren. Mit Blick auf die geringe Auslastung der Fernverkehrsflotte sei die Ansteckungsgefahr dort aber eher gering. "Bei 15 bis 20 Prozent Auslastung haben wir kein Problem".
Der Fahrgastverband Pro Bahn hat sich gegen Scheuers Gedankenspiel hinsichtlich einer Reservierungspflicht im Fernverkehr ausgesprochen. Statt dessen sein ein "ausreichendes Zugangebot sinnvoller, so dass alle Fahrgäste die Abstandsregeln einhalten können." Das existierende Reservierungssystems eigne sich auch technisch leider nicht für eine schnelle Umsetzung von Sofortmaßnahmen. Hilfreich können die bekannten Masken auch bei ICE und Intercity sein, insbesondere beim Ein- und Aussteigen sowie beim Bewegen im Zug. Die Bahn müsse aber ein attraktives und offenes Verkehrsmittel bleiben.
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