Mollath fordert zu Prozessbeginn: Gutachter soll Saal verlassen
7.7.2014, 11:40 UhrFast ein Jahr nach seiner Entlassung aus der Psychiatrie hat am Montag das Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath begonnen. Der Fall des sieben Jahre gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebrachten Nürnbergers hat die Menschen in Deutschland berührt und die Justiz erschüttert. Zum Prozessauftakt vor dem Regensburger Landgericht wird Mollaths Abneigung gegen Psychiater deutlich. Sein Antrag, den psychologischen Sachverständigen aus dem Gerichtssaal zu weisen, scheiterte aber.
Der 57 Jahre alte Angeklagte meldete sich sofort zu Wort: "Von mir gibt es kein Einverständnis zu den Sachverständigen", sagte Mollath. Er verlangte, dass bei seiner Vernehmung Professor Norbert Nedopil als Gutachter den Gerichtssaal verlässt. Er wolle sich frank und frei verteidigen: "Das kann ich aber nicht, wenn Herr Nedopil als Damoklesschwert über mir schwebt." Er bekomme Beklemmungen und Angstzustände. Sein Verteidiger Gerhard Strate fügte an: "Mein Mandant hat ein abgrundtiefes Misstrauen gegen Psychiater."
Nedopil selbst habe in zahlreichen Interviews die Fehlerhaftigkeit der psychologischen Gutachten betont, sagte Strate. Diese liege bei bis zu 60 Prozent und vor allem zu Lasten des Untergebrachten. "Da kann man auch eine Münze werfen - das ist schneller und günstiger", sagte Mollath. "Mein Mandant hat seit zehn Jahren mit Psychiatern zu tun und wurde einmal unter Zwang begutachtet", sagte sein Anwalt. Das Ergebnis sei die siebenjährige Unterbringung in der Psychiatrie.
Die Staatsanwaltschaft sprach von einem Dilemma. Die Strafprozessordnung sehe die Anwesenheit des Gutachters vor. "Das Gericht muss sich mit der Frage der Schuldfähigkeit und der Gefährlichkeit des Angeklagten befassen", sagte der Staatsanwalt. Dem folgte auch das Landgericht und wies den Antrag der Verteidigung zurück: Professor Nedopil blieb im Gerichtssaal.
Mollaths Ex-Frau, die als Nebenklägerin am Prozess beteiligt ist, erschien nicht. Das Landgericht Regensburg hat für den Prozess 17 Verhandlungstage angesetzt und 44 Zeugen geladen. Darunter sind auch Richter, Staatsanwälte und Gutachter aus vorherigen Prozessen und Ermittlungsverfahren.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautet auf gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung. Demnach soll Mollath 2001 seine damalige Ehefrau mit 20 Fausthieben niedergeschlagen, gebissen, getreten und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Später soll er sie in der Wohnung für eineinhalb Stunden eingesperrt haben. Zudem soll er zwei Jahre später Dutzende Autoreifen zerstochen haben. Laut Anklage wollte er sich an Menschen rächen, die an der Scheidung von seiner Frau beteiligt waren oder sich sonst irgendwie gegen Mollath gerichtet hatten.
Im ersten Verfahren hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth 2006 festgestellt, dass Mollath seine inzwischen von ihm geschiedene Frau 2001 körperlich misshandelt und Autoreifen zerstochen hatte. Weil die Gutachter den Nürnberger jedoch wegen seiner angeblichen Wahnvorstellungen als gemeingefährlich einstuften, sprach das Gericht Mollath wegen Schuldunfähigkeit frei und wies ihn stattdessen in die Psychiatrie ein. Erst im August 2013 kam er frei.
Ein ähnlicher Fall beschäftigt derzeit ebenfalls die Region.Horst Glanzer kämpft seit Jahren für mehr Patientenrechte. Im Alleingang hat er durch seine Hartnäckigkeit Gesetzesänderungen erreicht, die Tausenden Betroffenen nützen. Doch ausgerechnet er selber profitiert als Schwerstgeschädigter bisher nicht vom eigenen Engagement.
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