Mollath rechnet nicht mit vollständigem Freispruch

30.6.2014, 11:22 Uhr
Dem Wiederaufnahmeverfahren sieht Gustl Mollath kritisch entgegen. Das System werde versuchen, „mir irgendwas anzuhängen, um sich selbst reinzuwaschen“, sagt er dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“.

Dem Wiederaufnahmeverfahren sieht Gustl Mollath kritisch entgegen. Das System werde versuchen, „mir irgendwas anzuhängen, um sich selbst reinzuwaschen“, sagt er dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“.

Sieben Jahre Zwangspsychiatrie – das Schicksal des Gustl Mollath hat die Menschen in Deutschland berührt und die Grundfesten der deutschen Gerichtspsychiatrie erschüttert. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte 2006 festgestellt, dass Mollath seine inzwischen von ihm geschiedene Frau körperlich misshandelt und Autoreifen zerstochen hatte. Weil die Gutachter den Nürnberger jedoch wegen seiner angeblichen Wahnvorstellungen als gemeingefährlich einstuften, sprach das Gericht Mollath wegen Schuldunfähigkeit frei - und er wurde in die Psychiatrie eingewiesen.

Der 57 Jahre alte Mollath selbst hat sich immer als Justizopfer gesehen und jahrelang für seine Freilassung gekämpft. Im vergangenen Jahr kam er frei und hofft nun auf Rehabilitation in dem Wiederaufnahmeverfahren, das am 7. Juli in Regensburg beginnt.

Der Fall Mollath beschäftigte sogar einen Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags. Der bescheinigte der Justiz im Freistaat schließlich, den Fall Mollath nur oberflächlich behandelt zu haben. „Der Prozess hat damals gerade einmal vier Stunden gedauert, dann war alles vorbei“, sagt Mollaths Anwalt, Gerhard Strate.

Für das Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Regensburg sind dagegen 17 Verhandlungstage angesetzt, Dutzende Zeugen geladen. „Eine Verurteilung meines Mandanten ist für mich nicht denkbar“, betont Strate. Der Freispruch von damals sei rechtskräftig und bei einem Wiederaufnahmeverfahren dürfe der Angeklagte nicht schlechter gestellt werden. „Es geht bei dem Prozess einzig um die Kriterien einer Unterbringung, ob eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit ausgeht und ob neue Straftaten zu erwarten sind“, erläutert Strate.

Bei der Beweisaufnahme werde das Gericht aufklären, wie die bayerische Justiz mit Mollath umgegangen ist. Vor allem die Endphase des Prozesses wird mit Spannung erwartet. Dann stehen die psychologischen Gutachten im Fokus. Das Landgericht hatte eine erneute Begutachtung verlangt. „Gustl Mollath hat sich aber nicht explorieren lassen“, sagt sein Anwalt Strate.

Seit seiner Entlassung hatte Mollath stets über voreingenommene Staatsanwälte, schlampig arbeitende Gerichte und verantwortungslose psychiatrische Gutachter gewettert – sein Vertrauen in die Justiz ist dahin. So kann der vom Gericht bestellte Psychiater Prof. Norbert Nedopil lediglich nach Aktenlage und nach den Eindrücken im Gerichtssaal entscheiden.

Mollath selbst erwartet keinen vollständigen Freispruch. Das System werde versuchen, „mir irgendwas anzuhängen, um sich selbst reinzuwaschen“, sagt er dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“. Egal wie der Prozess ausgeht, eines hat der Fall Mollath zumindest erreicht: Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) will noch dieses Jahr den Maßregelvollzug zur Unterbringung psychisch kranker Straftäter neu regeln. „Denn wir brauchen mehr Transparenz und Rechtssicherheit für alle Beteiligten – sowohl für die untergebrachten Personen als auch für die Beschäftigten im Maßregelvollzug“, betont Müller. Die Resozialisierung solle im Vordergrund stehen sowie ein Therapieanspruch verankert werden. Der Gesetzentwurf soll im Herbst im Landtag beraten werden.

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