Mountainbiker im Wald: Wann ist ein Weg ein Weg?
20.9.2017, 18:24 UhrDas Recht auf freien Naturgenuss ist ein hohes Gut in Bayern und in der Verfassung festgelegt. Wie dieses Recht ausgelegt werden sollte, ist allerdings eine undurchsichtige Grauzone - und nicht ganz neu: In den vergangenen Jahren gab es beispielsweise im Erlanger Meilwald immer mal wieder ähnliche Konflikte zwischen Spaziergängern und den so genannten "Downhillsportlern" am Rathsberg.
Egal wo: "Irgendwann steht man mit dem Zollstock im Wald und muss ausmessen, ob man bei einem Weg noch durchfahren darf oder nicht", befürchtet Gerald Wilde von der Mountainbike-Abteilung des SCR Schnaittach. Er will keine ausufernde Reglementierung für die rund 60 Aktiven des Vereins, die an den Hügeln rund um Rothenberg und Glatzenstein unterwegs sind.
Ein Privatwaldbesitzer aus dem schwäbischen Landkreis Aichach-Friedberg möchte jedoch genau diese Reglementierung durchsetzen. Umberto Freiherr von Beck-Peccoz strebt dies zwar nicht für den Rothenberg an, sondern für seine 800 Hektar Forst rund um Schloss Kühbach. Doch der Fall könnte weitreichende Konsequenzen haben, schließlich ist es einer der wenigen Fälle dieser Art, die vor Gericht verhandelt werden.
Der Freiherr hat einem Mountainbiker verboten, durch seinen Wald zu fahren, und ihm eine Unterlassungserklärung geschickt. Bis zu 500.000 Euro soll der Radler zahlen müssen, wenn er doch durch den Forst fährt. Letztendlich hat der Freiherr Verbotsschilder im Wald aufgestellt und den Freizeitsportler vor dem Amtsgericht Aichach verklagt.
Der Hauptstreitpunkt: die Definition von "geeigneten Wegen". "Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald (. . .) ist jedermann gestattet", heißt es zwar in der bayerischen Verfassung. Doch das bayerische Naturschutzgesetz macht dabei eine Einschränkung: "Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten ist im Wald nur auf Straßen und geeigneten Wegen zulässig."
Weiter konkretisiert wird dies nicht, weshalb man sich schnell in einer rechtlichen Grauzone befindet. "Geeignet sind Wege, die über zwei Meter breit sind, so dass sich zwei Radfahrer ohne Probleme begegnen können", meint zum Beispiel Hendrik van’t Sant, Servicestellenleiter des Forstbetriebs Nürnberg und verweist auf die 750 Kilometer Forststraßen im Nürnberger Reichswald. "Aber echte Mountainbiker wollen diese Wege nicht befahren. Die sind was für Omas, sagen sie, und fahren bewusst abseits der Wege", klagt er.
Kreuz und quer durch den Bestand würden die Mountainbiker fahren, für tiefe Fahrrillen und Erosionsspuren im Wald sorgen und das Wild aufschrecken. Tun könne man auch nichts gegen sie, nur wenn große Erdmassen bewegt und Sprungschanzen im Wald gebaut werden, wie am Schmausenbuck beim Nürnberger Tiergarten, werden die Anlagen von den Staatsforsten eingeebnet. "So was wird schnell sehr intensiv genutzt und bekommt damit einen halboffiziellen Charakter", meint der Forstmann.
Man müsse die Anlagen entfernen, weil man als Waldeigentümer bei Unfällen haften müsse. "Auf der Seite der Mountainbiker gibt es keinen Ansprechpartner, der dafür seinen Kopf hinhalten will", sagt van’t Sant.
Jörg Domanowski vom Spalter Verein Rad Sport Hügelland ist da ganz anderer Ansicht. Sein Club betreibt den Bike-Park in Georgensgmünd. "Auch die Anlage am Schmausenbuck könnte ein Verein übernehmen", ist er überzeugt. Anderswo ginge das ja auch. In den Alpen betreiben vor allem Bergbahn-Unternehmen Mountainbike-Strecken. Seit einigen Jahren haben sogar die Staatsforsten einen eigenen Bike-Trail in der Nähe des Tegernsees — ein erster Versuch, das Treiben in vernünftige Bahnen zu lenken.
Und die Streitereien im Erlanger Meilwald? Wurden 2014 mit den Mountainbikern weitgehend geklärt, nach einem Gesprächsangebot der Verwaltung an die nur zum Teil in Vereinen organisierten Biker kamen über 100 Interessierte ins Rathaus, um sich auf ein konfliktfreies Miteinander im Meilwald zu einigen.
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