Nach Corona: Grünen fordern Umbau des Wirtschaftssystems
29.4.2020, 15:13 UhrLangsam fährt die Wirtschaft in Bayern wieder hoch. Wie lang der Weg zurück zur Normalität sein wird, kann noch keiner sagen, doch manche sorgen sich schon, dass diese Normalität dieselbe Normalität sein wird, wie sie vor der Coronakrise normal war.
Die Grünen zum Beispiel. „Der Wiederaufbau muss nicht nur schnell gehen. Er soll vor allem auch nachhaltig und durchdacht sein“, sagt Martin Stümpfig. Der Landtagsabgeordnete aus Feuchwangen, bei seiner Fraktion Sprecher für Energie und Klimaschutz, hat deshalb mit seinem Fraktionsvorsitzenden Ludwig Hartmann und dem Grünen-Mobilitätsexperten Markus Büchler ein Positionspapier verfasst, das den Weg in ein krisenfesteres System weisen soll. Viele Klimaexperten befürchten derzeit, dass wegen der Coronakrise die Klimakrise in Vergessenheit gerät.
"Wirtschaft zerreißt wie eine Papiergirlande"
„Eine Wirtschaft, die nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, kann in der Krise zerreißen wie eine Papiergirlande. Wir müssen stabilere Ketten schaffen und uns gut überlegen, welche Industrien wir in Bayern haben wollen und sollten, um zukunftsfähig zu sein“, meint Stümpfig.
Bei dem Wunsch, mehr systemrelevante Güter im Freistaat zu produzieren, ist man natürlich ganz nah bei der Staatsregierung. Doch die Grünen fordern, dass der Staat nach den großflächigen verteilten ersten Soforthilfen die Gelder nun zielgerichtet zur Förderung einer nachhaltigen Wirtschaft und für einen industriellen Umbau vergibt. So soll verhindert werden, dass man einfach zurückfällt in das alte System und die Menschen ihre alten Verhaltensmuster weiter ausüben.
„Eine 08/15-Abwrackprämie zur Förderung der Automobilindustrie wäre jetzt komplett kontraproduktiv. Jetzt müssen echte E-Autos gefördert werden“, fordert Stümpfig. Außerdem wünschen sich die Grünen ein eine Milliarde Euro starkes Sofortprogramm für Klimamaßnahmen in Kommunen. Angesichts der Krise und der schlechten Finanzlage vieler Städte und Gemeinden könnten sonst viele schon geplante Projekte auf der Kippe stehen. Mit der Verdopplung der Förderung von energetischen Sanierungen soll auch die Baubranche unterstützt werden.
Schwieriges Projekt Solarpflicht
In ihrem Positionspapier verlangen die Grünen überdies die Abschaffung des Förderdeckels für Solarstrom, der Flächenbegrenzung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen und der 10H-Abstandsregelung für Windkraftanlagen. Rechtlich schwierig sollte dagegen besonders die gewünschte Solarpflicht für alle Neubauten und staatlichen Schulen werden.
Vor allem aber setzt man auf kürzere Transportwege, ökologischere Produktion sowie langlebigere, reparier- und recyclebare Waren. „Der kurzzeitige Rückgang der Emissionen während der Krise bringt nicht viel. Das ist nur ein kurzes Strohfeuer. Danach wird der Ausfall nicht nur umso mehr wieder wettgemacht, es besteht auch die große Gefahr, dass viele Klimaprojekte wegen der Kosten hinterfragt werden“, meint Stümpfig. Immerhin bestehe die Hoffnung, dass Homeoffice künftig akzeptierter ist und so viele Wege eingespart werden und dass zumindest ein Teil der Geschäftsreisen durch Videokonferenzen ersetzt wird.
„Die Coronakrise darf nicht dazu führen, dass die Klimakrise vergessen wird. Klimaschutz und erneuerbare Energien sind noch sehr zarte Pflänzchen. Sie könnten jetzt sehr schnell zertrampelt werden“, verdeutlicht Stümpfig.
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