Podcast mit Anja Steidl
Nahverkehrsverbund wächst weiter: Digitalisierung ist für den VGN eine große Herausforderung
7.8.2023, 11:47 UhrDie öffentlichen Verkehrsmittel in Deutschland nutzen, ohne sich im Tarifdschungel zu verlaufen oder sich Gedanken über irgendwelche Tarifzonen machen zu müssen. Eine Wunschvorstellung der Fahrgäste und ein hehres Ziel, das Anja Steidl durchaus unterstützt. Als Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Großraum Nürnberg (VGN) kennt sie aber auch die Tücken, die hinter einem so gewaltigen Vorhaben stecken.
"Riesige Errungenschaft"
Beispiel 49-Euro-Deutschland-Ticket. Als nach langem politischem Gezerre die deutschlandweit gültige Fahrkarte am 1. Mai eingeführt wurde, seien die Verkehrsverbünde "das große Plus in Bayern gewesen", so Anja Steidl, weil sie "in der Lage waren, die Themen umzusetzen". In verbundfreien Räumen war dagegen allein die Abwicklung des Fahrkartengeschäfts deutlich schwieriger zu organisieren.
"Verbund ist nicht nur Tarif", verdeutlicht die VGN-Geschäftsführerin im Podcast "Horch amol". Historisch betrachtet sei ein ursprüngliches Ziel "ein Verbund, ein Fahrschein, ein Netz" gewesen. Über die "riesige Errungenschaft" der damaligen Zeit hinaus entstanden im Laufe der Zeit viele zusätzliche Herausforderungen. Etwa allein durch die stetige Erweiterung des Verbreitungsgebiets.
Nur ein Landkreis fehlt noch
Wenn am 1. Januar 2024 die Landkreise Coburg, Hof, Kulmbach, Kronach, Wunsiedel und Tirschenreuth sowie die kreisfreien Städte Coburg und Hof dem VGN beitreten, deckt der Verkehrsverbund fast die gesamte Metropolregion Nürnberg ab. Lediglich der Landkreis Neustadt/Waldnaab ist dann noch außen vor. Dass die Absprachen mit den dann 32 Gebietskörperschaften zeitaufwändig und mitunter schwierig sind, lässt sich leicht nachvollziehen. Allein schon weil der öffentliche Nahverkehr in einer Großstadt andere Anforderungen erfüllen muss als in einem Flächenlandkreis.
Dennoch ist Anja Steidl zuversichtlich, dass der VGN das in einem Strategiepapier formulierte Ziel, die Zahl der Fahrgäste bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent zu steigern, erreichen wird. Dazu sei ein Bündel von Maßnahmen nötig. Als Beispiele nennt die Geschäftsführerin neben der Ausweitung des Angebots oder der Einführung von Schnellbuslinien die Vorgabe von "Mindeststandards in den Takten" oder die Einrichtung von "Mobilitätsstationen". Unter Letzterem versteht der VGN gute Fahrradabstellmöglichkeiten.
Fahrradmitnahme soll kommen
Ein großes Thema ist und bleibt die Digitalisierung. Anja Steidl erinnert hier an das im vergangenen November gestartete Projekt "egon". Ein ausschließlich elektronisches Ticket, bei dem nicht mehr nach Preisstufen, sondern nach gefahrenen Kilometern abgerechnet wird. Trotz der neuen Konkurrenz durch das Deutschland-Ticket sei "egon" nach wie vor ein "Leuchtturmprojekt", so die VGN-Geschäftsführerin. Von den 30.000 Testkunden nutzen derzeit 20.000 die App regelmäßig und seit der Einführung wurden schon über 700.000 Fahrten damit zurückgelegt.
Der VGN plant für den derzeit auf zwei Jahre angelegten Pilotbetrieb noch einige Verbesserungen. Dazu gehört die Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern. Ein häufig geäußerter Wunsch nicht nur der "egon"-Nutzer, sondern vor allem auch der Abonnenten des deutschlandweiten 49-Euro-Tickets. Hier steht ebenfalls noch eine konkrete Zusage für die Erweiterung des Angebots aus. Letztendlich sei es, so Steidl, wie so oft eine Frage des Geldes, was wie in welchem Tempo umgesetzt wird.
Finanzierung ist Knackpunkt
Wenn nämlich der Pilotzeitraum für "egon" und damit die finanzielle Unterstützung ausläuft, ist offen, wie "Mindereinnahmen", die durch das Angebot entstehen, ausgeglichen werden. Auch beim Deutschland-Ticket herrscht derzeit noch Unklarheit, wie die Finanzierung nach 2023 aussehen soll.
Die Verteilung der für 2024 geltenden "Nachschusspflicht" sei weiterhin ungeklärt, erläutert die VGN-Geschäftsführerin. Zudem wisse niemand, welcher "Ausgleichsbedarf" durch die Einführung des Tickets entsteht. Für eine Weiterentwicklung des VGN zu einem Mobilitäts- und Umweltverbund gelte aber dasselbe wie für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr: "Ohne Moos nix los", so Anja Steidl.
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