1. August 1970: Biergärten werden zum Luxus

Wolfgang Doll

1.8.2020, 07:00 Uhr
1. August 1970: Biergärten werden zum Luxus

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Die wenigen regenfreien Wochen im Sommer können die neun „toten“ Monate nicht aufwiegen. Vor ähnlichen Problemen steht auch München, die traditionelle Stadt der großen Biergärten. Auch dort wurden in den letzten Monaten am Bavariaring einige der jahrhundertealten Gartenwirtschaften aufgelassen und lohnenderen Zwecken überlassen.

Der Ortsverband Nürnberg des Bayerischen Hotel- und Gaststättengewerbes bedauert diese Entwicklung zutiefst: während der Sommermonate sind Gartenwirtschaften nicht nur Stätten der Geselligkeit, sondern auch der Erholung.

Ohne zu zögern gibt die Wirtin der „Silbernen Kanne“ zu, daß der Wirtschaftsgarten zwar sehr viel Arbeit verlangt, aber auch Freude bereitet. 450 Mann können unter dem grünen Dach in der Südstadt untergebracht werden, und während der Kirchweih reichen die Plätze längst nicht aus. Dann fließt auch der Gerstensaft: neun bis zehn Hektoliter sind durchaus keine Seltenheit. Der Einfachheit halber werden die Fässer im Freien aufgestellt, und sechs Bedienungen haben buchstäblich alle Hände voll zu tun, um die durstigen Gäste zufriedenzustellen. Dem gleichen Ziele dient auch die Zehn-Mann-Kapelle, die sich auf Stimmung versteht.

Die Tage des Wirtsgartens sind jedoch gezählt. Wo sich jetzt noch Kastanienbäume wiegen, soll in absehbarer Zeit eine ganzjährig benutzbare Kegelbahn entstehen, vielleicht auch eine Pension. Die Wirtin hat Verständnis dafür, denn der Brauerei wird es mehr Geld bringen. Aber auch ein bißchen Traurigkeit ist dabei: so werden wohl die Stammgäste, die bisher stets zur Eröffnung eintrafen, künftig ausbleiben. Sie zählten zwar nie zu den „guten Kunden“, waren aber stets lebendiger Beweis dafür, daß es ihnen gefiel.

Auch der Wirt vom Tucherbräustüberl hält mit Klagen nicht hinterm Berg. Während der ersten Hitzeperiode hätte er die 400 Plätze seines Gartens durchaus besetzen können, doch fehlte es ihm an dem notwendigen Bedienungspersonal, so daß er die eine Hälfte des Gartens schließen mußte.

Das Personalproblem war gelöst, als das Wetter wieder schlechter wurde. Aber da war kein Gast mehr draußen im Garten. Im Tucherbräustüberl fallen wenigstens die Zusatzkosten für die Betreuung des Gartens nicht allzu stark ins Gewicht: die Stadtgärtnerei ist von der Verwaltung angewiesen worden, die Bäume zu pflegen. Dennoch bleibt die ständige Arbeit des Tischabwischens usw. den Bedienungen vorbehalten – oder, wenn zur Zeit keine zugegen sind, den Wirtsleuten. Immerhin braucht hier der Wirt nicht zu befürchten, daß der Garten verschwinden könnte, er gehört der Stadt. Und wenigstens einige Male im Jahr garantiert er dem Pächter den dreifachen Umsatz.

Der Wirt vom Marientorzwinger freut sich jedes Jahr auf den Sommer, obwohl es allzu oft bei der Vorfreude bleibt. Denn nur maximal sechs Wochen kann der Wirtsgarten genutzt werden, der 200 Gästen Platz bietet. Drei bis vier Stunden Arbeit täglich sind notwendig, um den Garten so herzurichten, daß er von den Gästen betreten werden kann. Die Klage des Wirts ist verständlich, denn die Arbeit ist weitaus größer als der Verdienst. Zum Personalproblem hat der Pächter einen kurzen Kommentar parat: „Ach, fürchterlich!“ Freilich kann er die Kellner wiederum verstehen: wenn sie im Garten bedienen, haben sie etwa die dreifache Wegstrecke zurückzulegen.

Durch einen glücklichen Zufall konnte in der Gastwirtschaft am Valznerweiher die Betreuung des Gartens geregelt werden: ein türkisches Ehepaar, das außerdem noch als Hausmeister fungiert, sorgt dafür, daß der Wirtsgarten stets gut gepflegt ist. 

Die anderen Schwierigkeiten treten aber auch im Lokal am Valznerweiher auf. Vor allem mit ausgebildeten Bedienungen ist‘s schlecht bestellt, und gerade sie wären nötig, wenn der auf nur wenige Stunden beschränkte Stoßbetrieb einsetzt. Und wenn der Garten, in dem ebenfalls 200 Personen Platz finden, voll besetzt ist, dann droht manchmal eine innerbetriebliche Katastrophe.

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