1. Dezember 1967: Dürer in der Titelrolle
1.12.2017, 07:00 UhrEin Könner unter den Amateuren hinter der Kamera hat sich schon vor zwei Jahren ans Werk gemacht, zu einer Zeit, als die Vorstellungen, wie Nürnberg den 500. Geburtstag seines großen Sohns würdig feiern könnte, noch sehr verschwommen waren. Ohne das bevorstehende internationale Ereignis im Auge zu haben, fing Juwelier Herbert Sack damals an, einen lange gehegten Wunsch in Celluloid umzusetzen. Er drehte einen Farbfilm über die Vergangenheit, dem er den Titel „Dürers Stadt“ gab.
Inzwischen wurden ihm dafür hohe Auszeichnungen zuteil: unter anderem die „Goldene Schere“ des Bundes deutscher Film-Amateure oder jüngst beim Festival im südafrikanischen Johannesburg der „Goldene Springbock“. Herbert Sack, dem seine Frau Sophie als Assistentin beim kniffligen Steckenpferd beiseite steht, hat schon häufig sein Können bewiesen. Aber auf diesen Lorbeeren ruhte er nicht aus. Er machte sich erneut an die Arbeit und schuf – kein Wunder bei diesem Beruf – ein neues Juwel, das erst in diesen Tagen beim Schmalfilmclub „Noris“ seine Nürnberger Erst- Aufführung erlebte.
In 24 Monaten war das nicht alltägliche Bild der alten Stadt entstanden. Es wurde kein üblicher besprochener Wegweiser, sondern ein Streifen, der durch interessant angeordnete Szenen, Übergänge und Mehrfachbelichtungen besticht und den Zuschauer elf Minuten lang in die Vergangenheit entführt, in der immer wieder Albrecht Dürer auftaucht, just so, wie er sich auf seinem berühmten Gemälde selbst gesehen hat.
Der Filmfreund lächelt, wenn er nach den Schwierigkeiten gefragt wird, mit denen er – etwa Veit Stoß oder des „Englischen Grußes“ in St. Lorenz – fertig werden mußte. „Ich besorgte mir genügend starke, zwei Meter lange Holzstangen, die mit Metallröhren zusammengesteckt wurden. An einer Metallschiene am oberen Ende befestigte ich Halogenlampen“, berichtet Herbert Sack und fährt fort: „Dann rückte ich mit meiner ‚Super-Beleuchtungs-Ausstattung‛ an, bewunderte zuerst das haarsträubende Hin- und Herpendeln und wartete, bis die Apparatur und ich wieder ruhig waren.“
Außerdem konnte Herbert Sack nicht immer mit der Hilfe seiner angetrauten Assistentin rechnen, so daß er Mehrfachbelichtungen mit gleichzeitigen Überblendungen – bildgenau nach der Stopp-Uhr – allein machen mußte. Sein Rezept: „Die linke Hand bediente den Faden der Sektorenblende, die Rechte die Stopp-Uhr und den Drahtauslöser nahm ich zwischen die Zähne.“ Freilich, ganz so einfach war die Sache nicht, denn der Drahtauslöser zeigte die fatale Neigung zum Abrutschen. Herbert Sack konstruierte deshalb ein silbernes Mundstück, das er am Auslöserknopf anlötete. „Mundstück auf die oberen Zahnreihe gesteckt, Blick auf die Stopp-Uhr und den Hebel der Sektorenblende – zugebissen!“ So klappte das Vorhaben schließlich doch.
Die Mühe und die Geduld – wann ist schon einmal das Pegnitzwasser so klar, daß sich der blaue Himmel darin spiegelt – lohnten sich jedoch. Die „H. & S. Sack-Film“ drehte einen Streifen, in dem weder harte Schnitte noch Kommentare stören. Allein die raffinierte Kamera und die klassische Musik wirken und bannen den Zuschauer, der sich für kurze Zeit in das Nürnberg Dürers zurückversetzt glaubt und wie aus einem Traum erwacht, wenn das Licht wieder aufflammt.
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