10. August 1970: Schießerei in der Brunnengasse
10.8.2020, 07:00 UhrAuf der Flucht aus dem Bekleidungshaus, in dem er aus einer Kasse im Erdgeschoß 6.500 Mark erbeutet hatte, streckte ein bisher Unbekannter den 25 Jahre alten Installateur Peter J. aus Nürnberg mit einer Kugel nieder. J. hatte gewagt, den Täter zu verfolgen. Einen zweiten Schuß gab der Räuber auf ein Auto ab, in dem zwei Männer hinter ihm herfuhren. Dann gelang es ihm, unerkannt im Menschengewühl unterzutauchen.
Kurz vor 12.40 Uhr: die 18jährige Kassiererin Kunigunde A. aus Pinzberg (Landkreis Forchheim) benutzte eine Pause, um Geldscheine zu bündeln und mit Banderolen einer Bank zu versehen. In diesem Moment tauchte der Täter vor ihr auf, zückte die Pistole und forderte sie auf: „Schrei nicht, sonst schieße ich!“
Gleichzeitig griff der Mann, der seine Augenpartie durch eine Sonnenbrille unkenntlich gemacht hatte und wahrscheinlich ein falsches Bärtchen an der Oberlippe trug, in die geöffnete, durch keine Alarmanlage gesicherte Kasse und stopfte die Geldscheinbündel in einen hellen Plastikbeutel mit blauer Aufschrift. Anschließend suchte er das Weite. Er blieb auch wie vom Erdboden verschwunden, als die von Passanten in der Brunnengasse herbeigerufene Polizei später das ganze Sträßengeviert umstellte und gründlich durchsuchte.
Die schockierte Kassiererin verständigte ihre Kolleginnen in der Nähe, die ihrerseits ins Freie rannten und aus vollem Hals „Haltet den Dieb!“ riefen. Die Reaktion ließ nicht auf sich warten: mehrere Straßenpassateen verfolgten den Täter, voraus Peter J. An der Ecke Färberstraße/Brunnengasse hatte er den Räuber fast eingeholt, als sich dieser plötzlich umdrehte, eine Pistole zog und den jungen Handwerker in die linke Leistengegend schoß.
Auch der 56jährige Expedient Andreas B., der zusammen mit seinem Beifahrer in einem Wagen der Buchhandlung Edelmann hinter dem Fliehenden herfuhr, hörte einen Schuß pfeifen. Gottlob traf der Schütze nur einen Scheinwerfer des Autos, in dem später das Projektil gefunden wurde, abgefeuert vermutlich aus einer Pistole mit Neun-Millimeter-Kaliber.
Die Verfolger brachen daraufhin die Jagd ab. Auf dem Pflaster in der Brunnengasse lag der Installateur in seinem Blut, denn die Kugel hatte die Oberschenkelschlagader verletzt. Daß Peter J. bisher überlebte, verdankt er in erster Linie einem glücklichen Zufall. In der Brunnengasse befand sich auch ein Assistenzarzt aus dem städtischen Krankenhaus. Dr. Miklos F. (30) – ein gebürtiger Ungar – wurde Augenzeuge und leistete sofort Erste Hilfe.
Mit der bloßen Faust drückte er die verletzte Schlagader ab und brachte die Blutung zum Stillstand. Dennoch ist die Verletzung von Peter J. so gefährlich, daß bisher das Projektil noch nicht operativ entfernt werden konnte, von einer Vernehmung durch die Beamten der Kriminalpolizei ganz zu schweigen.