14. Oktober 1967: Spielhölle ausgehoben

F. H.

14.10.2017, 07:00 Uhr
14. Oktober 1967: Spielhölle ausgehoben

© Kammler

Keiner von ihnen leistete Widerstand, als sich die „V-Männer“ zu erkennen gaben und das Geld auf vier Tischen einsammelten. Die Spieler, unter denen sich auch drei Ausländer befanden, wurden beim "17 und 4" und beim "Pokern" überrascht.

Durch den schnellen Einsatz der Polizei wird ihnen der Abend noch teuer zu stehen kommen. Sie büßten nicht nur ihre Barschaft ein, sondern wurden auch wegen verbotenen Glücksspiels angezeigt. Auch für den Wirt gibt es noch ein Nachspiel, denn er hatte die Runde ungeniert karteln lassen.

"Das war nicht der letzte Streich", prophezeite ein Beamter nach dem erfolgreichen "Sturm" auf die Spielhölle. Die Kriminalpolizei weiß längst, daß in zahlreichen Bierlokalen verbotene Glücksspiele hoch im Kurs stehen. Den Grund lieferte das Bundeskriminalamt, als es im Februar das "Dromos"-Spiel verbot. "Gewinn und Verlust sind überwiegend vom Zufall abhängig", urteilten die Experten und bewilligten nur ein harmloses Kugelspiel. "Seit diesem Zeitpunkt sind die leidenschaftlichen Spieler in den Untergrund gegangen", klagt ein Kommissariatsleiter, der jetzt mit seinen Mitarbeitern einige Dutzend Gaststätten überwachen muß.

14. Oktober 1967: Spielhölle ausgehoben

© Kammler

Der prickelnde Reiz des Spiels und die Gier nach Geld treiben die Spieler in zwielichtige Kneipen. Dort finden sie auch Wirte, die zu dem gleichen Kreis zählen und stillschweigend die Kartlerrunde dulden. Abend für abend rollt der Rubel – beim populären "17 und 4", "Pokern" oder "Watten". Beliebt sind auch das "Kümmelblättchen", "Mauscheln" und die verschiedensten Arten von Würfelspielen, die meist mit einer Lage Cognac beginnen und mit hohen Geldeinsätzen enden.

Wie unbekümmert die Spieler auf der Bildfläche erscheinen, zeigt ein Bummel mit zwei Kriminalbeamten durch einige polizeibekannte Gaststätten. Schon im ersten Lokal wird munter gepokert. Vier Griechen kämpfen um die "Bank", in der sich knapp 300 Mark befinden. Der Wirt schaut mit Kennerblick zu. In der nächsten Kneipe sind Deutsche und Italiener gleich an fünf Tischen beim "17 und 4" vereint. In dem rauchgeschwängerten Raum schieben sich die Männer lautlos die Karten zu. Nach einer halben Stunde häufen sich die Geldscheine. Nervös zieht ein schwarzgelockter Jüngling an seiner Zigarette. Er bläst zum Angriff auf die Kasse. Als er eine "Zehn" zieht, zaudert er keinen Augenblick: er legt die Karte auf den "Pott" und kauft prompt ein As. Erleichtert streicht er das Geld zusammen – etwa 500 bis 600 Mark.

Die beiden Kriminalbeamten schauen sich an. Am liebsten wären sie den Spielern schon längst in die Parade gefahren. Aber sie dürfen sich nicht zu erkennen geben. Sie überwachen nur die Spielhöllen und treten als harmlose Gäste auf. Wenn ihre Kollegen von der Schutzpolizei zuschlagen, sind sie nicht mit von der Partie. Neben den ertappten Spielern wird auch der Wirt an die Kandare genommen. Ihm droht die härteste Strafe, weil die Konzession kurzerhand entzogen wird. In solchen Fällen kennt das städtische Ordnungsamt keinen Pardon.

Eine kontinuierliche Überwachung der Lokale ist um so notwendiger, als besonders beim gewerbs- und gewohnheitsmäßigen Glücksspiel immer die Tendenz zu Falschspiel besteht. Vom harmlosen Karteln mit geringen Einsätzen bis zum Betrug, der das Glück korrigieren soll, ist nur ein
kleiner Schritt.

Schummelei und Tricks

Abgesehen von gezinkten Karten dominieren raffinierte Tricks und – wenn ein Opfer regelrecht ausgenommen werden soll – die unauffällige Zusammenarbeit unter den Falschspielern. Bereits beim Mischen, Abheben und Geben beginnen die Manipulationen. Vorsicht ist immer am Platze, wenn funkelnde Gegenstände auf dem Tisch liegen.

Ein harmloses Zigarettenetui oder ein blankpoliertes Feuerzeug wirkt wie ein Spiegel. Ein geübter Falschspieler verfügt über ein großes Repertoire an schwer erkennbaren Kniffen. Geschickt tauschen die Burschen Karten aus, beeinflussen deren Reihenfolge oder lassen sie in der Hand verschwinden. Diese Betrüger sind nur selten aufs Kreuz zu legen, Weil später der Nachweis der strafbaren Handlung nur schwer zu führen ist. Ein Gelegenheitsspieler soll sich grundsätzlich nicht mit Fremden auf eine Partie einlassen. Er wird zunächst kleinere Beträge gewinnen, aber wenn es um höhere Einsätze geht, ist er hoffnungslos unterlegen.

Die Polizei ist bemüht, Glücks- und Falschspielern dicht auf den Fersen zu bleiben. Oft gelingt es ihr nicht, weil die "Konkurrenz" eine Nasenlänge voraus und nicht genügend Beamte zur Verfügung stehen. Die Kripo hat es sowieso schwer genug. Wer in den Spielhöllen erkannt wird, braucht sich nicht mehr zur Überwachung einteilen zu lassen: taucht er plötzlich in dem Lokal wieder auf, löst sich die Spielerrunde sofort auf.

Das spürten auch jene zwei Kriminaler, die mit den "NN" eine Nacht lang unterwegs waren. Nachdem sie eine Gastwirtschaft in der Südstadt betreten hatten, verschwanden blitzschnell Karten und Geld von den Tischen. Und der Wirt ließ für seine "lieben Gäste" einen Schnaps gratis servieren…

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