15. Februar 1968: DGB fand Plakate anstößig

Sm

15.2.2018, 07:00 Uhr
15. Februar 1968: DGB fand Plakate anstößig

© Helmholz

Angeklagt der Störung des Versammlungsfriedens waren zwei Protestteilnehmer: der ehemalige Chef des untergegangenen Kabaretts "Die Hintertreppe", der 30jährige Horst W. Blome, und der 40 Jahre alte Hermann Kraus, die gegen ihre Strafbefehle Einspruch eingelegt hatten.

In schöner Ruhe und Ordnung, wenngleich ohne harmonische Übereinstimmung, verlief die Verhandlung vor Amtsgerichtsrat Erwin Manger. Es blitzte zwar von allen Seiten – doch nur seitens der Pressefotografen im Korridor. Sonst kein Gedankenblitz. Gleich zu Beginn war der Zuhörerraum von jungen Leuten im "Go-in-Marsch" besetzt worden, anscheinend keine Anhänger der Angeklagten, wie aus öfterem Gelächter zu schließen war.

Protest bei dieser Protestkundgebung hatten zwei von Blome gefertigte Plakate erregt, mit denen von ihm und Kraus demonstriert worden war. Vor allem der eine Text: "Innenminister Lücke sondiert schon Bau von KZ", erweckte den Unwillen des Versammlungsleiters, des DGB-Kreisvorsitzenden Walter Ranzenberger. Mehrmalige Aufforderungen der Ordner zum Einziehen dieses Plakates ignorierten die Angeklagten. Auf Veranlassung des Versammlungsleiters schritt die Polizei ein "wegen Befürchtung tätlicher Auseinandersetzungen". Das inkriminierte Plakat wurde eingezogen, beide Demonstranten vorübergehend festgenommen.

Sie sahen darin eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit, da der Text, so Kraus, "ja der Wahrheit" entspräche. Die Plakattexte hätten dem Kundgebungsziel gedient. Er und auch Kraus hielten ihr Vorgehen als "außerparlamentarische Opposition" für durchaus berechtigt.

Der gute Zweck heilige nicht die Mittel, ein Minimum an Ordnung im Staatswesen müsse sein, meinte Erster Staatsanwalt Lambert und beantragte Verurteilung. Gröbliche Verletzung der Staatsruhe sah der Verteidiger, Rechtsanwalt Wolfgang Benno Vetter, hingegen in der NPD und appellierte auf Freispruch.

Rein formal im Sinne des Versammlungsgesetzes seien die Angeklagten schuldig, erklärte jedoch der Richter. Sie wären der Aufforderung des Versammlungsleiters und der Polizei nicht nachgekommen. Ergo: je 300 DM Geldstrafe.

Da bei derartigen Übertretungen keine Berufung, sondern nur Revision zulässig ist, werden die Verurteilten davon Gebrauch machen.

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