16. April 1971: Übernachtungen gibt es ohne Frühstück

16.4.2021, 07:00 Uhr
16. April 1971: Übernachtungen gibt es ohne Frühstück

© Kammler

Der grau getünchte Raum ist zwei mal drei Meter groß. Seine Einrichtung ist spartanisch: eine hölzerne Pritsche, eine Toilette, ein winzig kleiner Ventilator an der spärlich beleuchteten Decke und eine Klingel: das ist eine von 16 Ausnüchterungszellen der Nürnberger Polizei.

Und es ist gar nicht so einfach, in eine hineinzukommen. Da muss man schon einiges geladen haben. Aber auch dann geht noch nicht alles wie von selbst. Wenn ein stiller Zecher laut wird und sich und seine Umwelt gefährdet, ist er zwar mit 5 DM Verwarnungsgebühr dabei – aber sicher ist ihm die Ausnüchterungszelle deswegen noch lange nicht.

Da gibt es noch die verständnisvolle Ehefrau, die ihre betrunkene Hälfte vom Revier abholt, oder aber das Promille-Opfer kann sich noch dunkel an seine Adresse und die Verwendungsmöglichkeit eines Taxis erinnern.

Ansonsten bekommt er - soweit er kein Fall fürs Krankenhaus ist - statt flaumiger Daunen das abgegriffene rückenlähmende Holz einer Pritsche zu spüren. Und das auch nur so lange, bis er halbwegs nüchtern ist und seine Gehirnwindungen wieder für einen normalen Denkprozess zu gebrauchen sind.

Es kann teuer werden

Dafür kann er aber danach auch mit Recht behaupten, dass sein Schlaf selten so gut bewacht und beobachtet wurde. In der Regel erscheint alle Viertelstunde ein Auge des Gesetzes im Guckloch der Eisentür. In ganz hartnäckigen Fällen sogar alle fünf Minuten. Denn für 10 DM wird für absolute Gesundheit und ein sicheres Wiedererwachen garantiert.

Verziert der Zechbruder jedoch die schmucklose Zelle mit Bier-, Wein- und Hähnchenresten, wird der Spaß schon teurer. Dann sind weitere 10 DM Reinigungsgebühr fällig. Aber die kann man sparen - wenn man selbst Putzfrau spielt. Und für alle Ausgaben gibt es dann noch fein säuberlich mit Kugelschreiber geschrieben eine Quittung. Von der Steuer absetzen kann man sie jedoch nicht.

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