16. November 1970: Hesso Huber wird Schauspielchef
16.11.2020, 07:00 UhrIn einer geheimen Sitzung beschloß der Nürnberger Kulturausschuß, die Exekutive solle direkte Verhandlungen mit Hesso Huber aufnehmen. Damit sind die Würfel praktisch für die nächsten fünf Jahre gefallen.
Der Bazillus, von dem Antonin Artaud in seinem Dossier zu „Theater und sein Double“ schreibt, darf – so kein Wunder geschieht – am Richard-Wagner-Platz gedeihen. Der Provinz-Mief wird nur sporadisch vertrieben werden. Wenn auch die Ratsherren den „Schauspieldirektor“ an Huber nicht als Erbhof verschenken wollen, so ist doch mit Günther Tabor als Oberspielleiter ab 1972 fest zu rechnen. Eine Ausschreibung des Huber-Sessels ist erst für 1975 beabsichtigt.
Nun mag Hesso Huber durchaus in einem Endspurt zu später Hochform auflaufen. Ob es ihm gelingt, die von Kulturdezernent Dr. Hermann Glaser in dessen Theater-Denkschrift geforderten „exemplarischen Inszenierungen“ abzuliefern, muß man jedoch nach einer Bilanz des letzten zwei Jahre durchaus bezweifeln. Ob das „kollegiale System“ des künftigen Dreier-Direktoriums funktionieren wird, ist bei der jetzigen Konstellation ebenfalls unsicher.
Die Ratsherren haben vielleicht die Chance für eine neue Nürnberger Schauspiel-Ära verpaßt. Sie haben den bequemen Weg gewählt, der – wenn nicht alles trügt – in eine steinige Sackgasse münden wird. Artaud: „Ein Fragezeichen ist gesetzt, etwas wird in der Schwebe gelassen.“
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