17. Februar 1968: Schifffahrtsweg vor den Toren der Stadt

17.2.2018, 07:00 Uhr
17. Februar 1968: Schifffahrtsweg vor den Toren der Stadt

© Kammler

Die 20 Millionen DM teure Schleuse Hausen mit einer Hubhöhe von 12 Metern läuft schon im Probebetrieb. In der Schiffahrtsstraße zwischen Hausen und Erlangen steht das Wasser. Nur die Querdämme, die viele Nürnberger beim Ausflug nach Möhrendorf schon gesehen haben werden, müssen noch ausgebaggert werden. „Der Kanal ist – grob gesagt – bis Erlangen fertig“, erklärt der aus Marktbreit stammende und mit Mainwasser getaufte Fachmann an der Spitze des Nürnberger Amtes.

Deshalb wird heuer zwischen Erlangen und Kriegenbrunn Hochbetrieb herrschen, zumal das Tempo – man sieht es am gestiegenen Bauvolumen – verschärft worden ist, um das Programm zu erfüllen. Der Grund für die Schleuse Erlangen wurde so weit ausgehoben, daß jetzt nur noch 60 Zentimeter bis zur Sohle fehlen.

17. Februar 1968: Schifffahrtsweg vor den Toren der Stadt

© Kammler

Um mehr als 18 Meter werden hier einmal die „Europaschiffe“ von 1.380 Tonnen und 80 Meter Länge gehoben. Die gleiche Hubhöhe wird auch die Schleuse Kriegenbrunn bekommen, die einen Steinwurf von der Autobahn nach Frankfurt entsteht und in Umrissen bereits zu erkennen ist.

Alle drei Schleusen werden als „Sparschleusen“ mit seitlichen Speicherbecken ausgeführt, so daß ein Teil der Schleusungswassers wiederholt benutzt werden kann. Die Kosten für die Bauwerke Erlangen und Kriegenbrunn liegen bei rund 30 Millionen DM.

17. Februar 1968: Schifffahrtsweg vor den Toren der Stadt

© Kammler

Der eigentliche Kanal besteht zwar nur aus Schleusen und dem Bett. Aber sein Bau erfordert gewaltige Vorleistungen, weil Straßen und Fußwege, Eisenbahnlinien und Flußtäler den geschwungenen Weg kreuzen, der schließlich an der Rothenburger Straße in das Nürnberger Stadtgebiet mündet. Allein auf dem acht Kilometer lange Stück zwischen Erlangen und Kriegenbrunn gibt es zehn Brücken. Scheinbar nutzlos stehen sie jetzt noch in der Landschaft herum, so weit vollendet, daß mit dem Errichten der Wasserstraße begonnen werden kann. „Die Angebote für die Erd- und Dichtungsarbeiten liegen uns vor. Im Frühjahr wird es losgehen!“ verspricht Oberbaurat Löblein. Bis zum Jahre 1970 – so schätzt er – werden dann die beiden Schleusen Erlangen und Kriegenbrunn, die durchschnittlich 55 Meter breite und vier Meter tiefe Großschiffahrtsstraße bis zur Schleuse Kriegenbrunn und ein zwei Kilometer langer Abschnitt südlich davon fertig sein.

Schwerarbeit steht den Baufachleuten noch auf dem letzten Sprung nach Nürnberg bevor, nicht nur deswegen, weil er mit rund 20 Kilometern der längste Abschnitt ist, sondern weil über 20 Brücken stehen müssen, wenn die „Wasserschlange“ herankriecht.

Halbwegs zwischen Kriegenbrunn und Fürth liegt das Zenntal in der Quere, das mit einer Kanalbrücke – sie befindet sich jetzt in der Planung – überspannt werden muß. Mit einer ähnlichen Brücke, die sich schon im Bau befindet, wird zwischen Zirndorf und Weikershof in der Nähe der amerikanischen Wohnsiedlung das Rednitztal überwunden. Die Schiffe werden hoch in der Luft schwimmen, in einem 220 Meter langen stählernen Trog mit einer Breite von 38 Metern, der auf Betonsäulen ruht. Die Montage des Stahlbeckens wird schon in wenigen Tagen beginnen.

Ebenfalls noch auf Fürther Gebiet liegen die Eisenbahnbrücke für die Hauptstrecke nach Würzburg und die Nebenlinie nach Cadolzburg. Die Arbeiten für den Stahlüberbau der Bahnverbindung nach Würzburg wurden bereits vergeben, die dazugehörigen Pfeiler und Widerlager sollen noch heuer vergeben werden. Das gleiche gilt für das Bauwerk der Nebenbahn. Oberbaurat Löblein sieht hier keine Schwierigkeiten, im Gegensatz zu den Brücken im Nürnberger Bereich.

Oberbaurat Löblein ist vorsichtig mit Prognosen. „Im nächsten Jahr werden wir im Bereich der Städte Nürnberg und Fürth mit dem Kanalbau anfangen“, sagt er zwar. Aber wann die ersten Schiffe fahren und im Hafen Nürnbergs festmachen, wann Nürnberg wenigstens mit der Nordsee verbunden ist, wagt er nicht genau vorherzusagen. „Frühesten 1972“, lautet diplomatisch seine Auskunft, an die er nicht anzufügen vergißt, daß man im Wasser- und Schiffahrtsamt schon weiter denke und an die ersten arbeiten für den Weiterbau in Richtung Donau gehe.

Deshalb bleibt den Nürnbergern zunächst nur ein Trost. Sie können auf den Aussichtsturm auf dem Schmausenbuck klettern, sich nach Nordwesten wenden, die Schornsteinnadel des Kraftwerkes Franken II anpeilen und den Nachbarn zuraunen: „Siehst, da hinten is er scho, unser Kanal.

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