17. Juli 1969: Förster auf Torpirsch
17.7.2019, 07:00 UhrSicherlich wird man der Leistung aller nicht gerecht, wenn man feststellt, daß jeder sein Bestes tat. Als Kanoniere vom Dienst stellten sich vor: der „Wildschütz“ aus dem Stadtrat, Emil Förster, der gleich dreimal ins Schwarze traf und der schußgewaltige Rundfunkmann aus Nürnberg, Eberhard Stanjek, der seinem Stürmerkollegen in nichts nachstand. Dem geübten Auge des Trainers entging aber nicht, daß sich wahre Leistungen und technische Feinheiten nicht nur im Toreschießen äußern: „Besonders gefällt mir der kleine Mittelstürmer (Stadtrat Erich Ziegler SPD) und der einsatzfreudige Rechtsaußen (Stadtrat Willy Prölß SPD).“ Was wieder einmal beweist, daß auch professionelle Trainer den Leitgedanken Pierre de Coubertins hochhalten: Dabeisein ist alles ...
„Nürnberg im Fußballtaumel“ kündeten dicke Lettern von den Litfaßsäulen. Was tat‘s, daß ganz Fußball-Nürnberg sich bequem auf der Stadion-Tribüne unterbringen ließ. Was tat‘s, daß aus dem Taumel ein unsicheres Schwanken wurde. Bei den Herren Akteuren kam‘s wohl von der kräftigen Schluck-Impfung, die hilfreiche Geister für den Notfall parat hielten – und die Notfälle häuften sich im Spielverlauf erschreckend. Beim buntgemischten Publikum – auffallend viele Damen mit Kleinkindern – lag‘s wohl daran, daß niemand so recht wußte, ob er lächeln oder lachen sollte.
Zu belächeln war bei einigen der fußballerische Ehrgeiz, mit dem sie sich auf Ball und Gegner stürzten. Ein Hoch denen, die sich nicht scheuten, die Zuschauer zu einem herzhaften Lachen zu bringen. Dieser Meinung war auch der Pfeifenmann (Maxl Morlock), der in der Bierpause fast resignierte: „Die spielen viel zu ernst, grad so, als ob sie absolut in die Bundesliga wollten. Alle 22 spielen hervorragend, aber sie kicken viel zu anständig.“ Deshalb ließ sich der Schiedsrichter für die zweite Halbzeit selber etwas einfallen. Er verordnete allen Balltretern Freiübungen. Lediglich Emil Förster kniff vor den Liegestützen. Er wollte sich auf den Lorbeeren seiner Torerfolge ausruhen.
Ein Fußballkapitel ganz besonderer Art schrieb der Pressereferent der Stadt, Walter Schatz. Wenn er auch geschickt versuchte, hinter seinem Trainings-Rückstand zu verbergen, daß er seinen neuen Brötchengebern den einen oder anderen Ball zukommen ließ, so konnte dies der Aufmerksamkeit des Schiedsrichters nicht entgehen. Mit energischer Geste wurde er wegen unfairen „politischen Spieles“ des Feldes verwiesen. Nicht ganz unangenehm für den Missetäter, da er nach einem kräftigen Schluck aus der „Doping-Pulle“ seinem schändlichen Treiben wieder nachgeben konnte.
Ein echtes, aber unfreiwilliges Opfer mußten Leo Flach (FDP) und Torsteher Dirk de Lange (AZ) bringen. Mit erheblichen Blessuren (wahrscheinlich ein Muskelriß) ging humpelnd der Liberale vom Platz. Auf dem Unterarm des Schlußmanns der Presse hatte im Eifer des Gefechts Max Morlock das Signum seiner Stollen hinterlassen. Das wird ihnen aber hoffentlich nicht den Appetit und den rechtschaffen erworbenen Durst beim Empfang in der Teestube verdorben haben. „Ihr Schweiß und Blut“ sind dennoch für einen guten Zweck geflossen: der Erlös kommt dem Sportstättenbau zugute.
Wieviel Pfunde die Akteure auf dem Schlachtfeld gelassen haben, läßt sich aufs Gramm natürlich nicht feststellen. 700 Kilo brachte die Mannschaft des Stadtrats auf die Kohlenwaage der NZ. Außer Konkurrenz hatte dabei das Stadtoberhaupt glatte 120 Kilo auf die Waage gehievt, was seiner Position angemessen ist. Er wird sicherlich auch als Zuschauer einige Pfunde abgeschwitzt haben beim Spiel seiner Mannschaft. Aber alle Mühe war vergebens: bei der anschließenden Siegesfeier gab sich jeder redlich Mühe, damit der Riemen nicht enger geschnürt werden mußte.
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