19. Februar 1969: Messegelände gesucht
19.2.2019, 07:00 UhrDie Stadtväter waren sich dabei klar, daß sich ihr Beschluß auch auf den Haushalt und die übrigen Bauvorhaben auswirken wird und neue finanzielle Belastungen verkraftet werden müssen.
In einem ausführlichen Bericht hatte Wirtschaftsreferent Dr. Wilhelm Doni zunächst die Lage der nordbayerischen Metropole durchleuchtet, die zwar zahlreiche wichtige Ausstellungen und Börsen in ihren Mauern birgt, aber nur eine bedeutende Messe: die internationale Spielwarenmesse.
Sie hat sich im Laufe der Jahre sprunghaft entwickelt, so daß sich zur Messehalle an der Bayreuther Straße ein Gebäude ums andere fügte und die Fläche von zunächst 17.000 Quadratmeter im Jahre 1956 auf jetzt 42.000 Quadratmeter vergrößert wurde. Außerdem kamen immer mehr Aussteller und Einkäufer in die Stadt, bis schließlich heuer von 1352 Ausstellern aus 33 Ländern das bisher größte Spielwarensortiment der Welt vorgestellt wurde. Dabei brachten Aussteller wie Einkäufer den Nürnbergern gerade in der an Fremden armen Zeit wirtschaftlichen Nutzen.
Doch das erfreuliche Wachstum bereitete auch Sorgen: ein steter Kampf um die Messeflächen, Appelle an die Gastfreundschaft der Einheimischen, um die Besucher zu betten, waren die Folge. Von der Polizei wurde Verständnis verlangt, weil die Parkplatznot drückte. Sie hat am 9. Februar einmal gezählt. 6425 Autos von Messebesuchern standen an diesem Tag rings um den Berliner Platz, denn als geschlossene Fläche stand diesmal zum Parken nur die Wiese an der Reformationsgedächtniskirche zur Verfügung.
Schon diese Angaben aus dem wesentlich umfangreicheren Zahlenwerk des Wirtschaftsreferenten hätten vermutlich schon genügt, um den Stadtrat für die Aussiedlung zu gewinnen. Doch Dr. Doni konnte noch andere triftige Gründe ins Feld führen. Er sagte dem deutschen Messewesen wegen der stärkeren Differenzierung der Produkte eine hohe Bedeutung voraus.
Insbesondere die Zukunft der Spielwarenmesse schilderte er in rosigen Farben, weil mehr Freizeit und Geld zunehmend auch die Erwachsenen zum Spiel im weitesten Sinn zurückfinden lasse – von der erst in den Kinderschuhen steckenden Entwicklung pädagogischen Spielzeugs einmal ganz abgesehen.
So fand der neue Wirtschaftsfachmann in der Stadtverwaltung Rückhalt bei seinem Bonner Kollegen Professor Karl Schiller, der bei der Eröffnung der internationalen Spielwarenmesse vor einigen Wochen der einschlägigen Industrie gar eine Umsatzverdoppelung bis zum Jahre 1975 vorausgesagt hatte. So kam Dr. Wilhelm Doni schließlich dazu, statt kaum ausreichenden weiteren Ausbau des Geländes an der Bayreuther Straße – 22 Millionen DM, davon fünf Millionen DM als Stadtanteil sind bisher hineingesteckt worden – den Umzug vorzuschlagen.
Er kostet viel mehr Geld, doch dafür erkauft sich die Stadt ein entwicklungsfähiges Areal mit zahlreichen Vorteilen. Die Einrichtungen können so gestaltet werden, daß sie nicht allein für Konsumgütermessen brauchbar sind. Durch moderne Gestaltung und großzügig bemessene Raster für die flachen Hallen erreicht Nürnberg den künftig unbedingt erforderlichen Standard, Parkplatzsorgen gehören der Vergangenheit an. Um aber das Vorhaben möglichst rentierlich zu machen, dachte Dr. Doni auch an andere Veranstaltungen, wovon Kongresse oder Sportveranstaltungen nur zwei von vielen Möglichkeiten sind.
Stadträte als Propheten
„Für den Stadtrat gibt es keine andere Möglichkeit. als zuzustimmen. Wir müssen das schier Unmögliche tun und ein neues Gelände ausweisen“, erklärte als erster Willy Prölß für die Mehrheit des Hauses. Der Chef der SPD-Fraktion verschwieg freilich nicht, daß schon vor Jahren vor dem weiteren Ausbau des alten Geländes gewarnt worden war. Versöhnlich setzte er jedoch hinzu: „Wir wollen keine Schuldigen suchen, sondern zusammen mit der Messehallen-GmbH und der Spielwarenmesse-GmbH mit der Situation fertigwerden. Vielleicht kommen wir noch in diesem Jahr zu einer konkreteren Entscheidung.“
CSU weiß einen Platz
So beschloß das Plenum ohne Gegenstimme die Verwaltung zu beauftragen, umgehend Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, ein neues, auf lange Sicht ausbaufähiges Messegelände und ausreichende. entwicklungsfähige, dem modernen Standard entsprechende Ausstellungsflächen zu schaffen. Dabei könnten die alten Gebäude am Berliner Platz verwertet werden, wenn der großzügige Ersatz errichtet worden ist, für den Dr. Oscar Schneider schon ein 17 Hektar großes Gebiet am Schuttberg wüßte, das dem Staatsforst gehört.
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