20. April 1969: Ein Großmarkt für die Zukunft
20.4.2019, 07:00 UhrDie zunehmende Bedeutung dieser modernen und großzügigen Vermarktungseinrichtung verdeutlicht die Entwicklung des Warenumschlags, der sich von 53 000 Tonnen im Eröffnungsjahr 1959 auf über 107 427 Tonnen im Jahr 1968 mehr als verdoppelt hatte.
In „einer konzertierten Aktion widerstreitender Interessen innerhalb eines komplizierten Gebildes“, wie Wirtschaftsreferent Stadtrat Dr. Wilhelm Doni die Funktion des Großmarktes erklärte, werden täglich von 289 Verkäuferbetrieben, davon rund 80 v. H. aus Nürnberg und Umgebung und ständigen 1.079 Großkäufern Gemüse und Früchte für ein Einzugsgebiet von rund drei Millionen Menschen umgeschlagen.
Einrichtungen für 9,9 Millionen
Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren dieses beachteten Handelszentrums leicht verderblicher Waren sind jedoch die vorbildlichen Einrichtungen auf dem Großmarkt, die die Stadt Nürnberg für insgesamt 9,9 Mill. DM damals geschaffen hatte.
Der moderne Großmarkt entspricht nicht nur allen Anforderungen der Händlerschaft, sondern liegt geradezu im Schnittpunkt schneller Verkehrsverbindungen. Das 107.000 Quadratmeter große Marktgelände, das der Fläche von dreizehn sportgerechten Fußballplätzen entspricht, und das jederzeit um weitere 50.000 Quadratmeter ausgedehnt werden kann, ist unmittelbar an den Schienenweg der Bundesbahn angeschlossen und verfügt über direkte Verbindungen zu den benachbarten Schnell- und Ringstraßen.
Günstige Standortwahl
War vor zehn Jahren der Standort für das neue Marktgelände an der Leyher Straße noch heftig umstritten, die Entwicklung hat inzwischen die Richtlinien der Standortwahl längst bestätigt. Die damalige Entscheidung der Stadt hat sich aber auch als „zukunftsorientiert“ erwiesen, denn „der Obst- und Gemüsehandel gehört zu den wachstumsbegünstigten Unternehmen“, so Dr. Doni. Mit wesentlichen Umsatzsteigerungen gerade auf dem Gemüsemarkt kann für die nächsten Jahre gerechnet werden, nachdem der bundesdeutsche Jahresverbrauch an Gemüse mit 3,7 Millionen Tonnen immer noch an letzter Stelle unter den EWG-Ländern liegt.
Die erwartete Marktentwicklung unterstreicht zugleich die Bedeutung des Großmarktes für die heimischen Gemüseerzeuger aus dem Knoblauchsland, die nach den Angaben des Leiters des Marktamtes, Oberamtsrat Otto Betz,, mit 24 v. H. am Gesamtwarenumsatz, bundesdeutsche Warenzufuhr insgesamt 28 v. H., beteiligt sind. Allein bei Gemüse beträgt der Anteil des Knoblauchslandes 90 v. H. des deutschen bzw. 47 v. H. des gesamten Angebotes; bei Obst 28 v. H. des deutschen bzw. 3 v. H. des gesamten Angebotes. Diese Zahlen beweisen eindrucksvoll, daß die moderne Vermarktungseinrichtung der heimischen Landwirtschaft neue Möglichkeiten der Existenzsicherung eröffnet haben.
Hauptlieferanten aus dem Ausland im vergangenen Jahr waren Italien mit einem Anteil von 26 v. H., die Benelux-Staaten 11 v. H., Frankreich 4 v. H. Spanien 9 v. H., Griechenland 2 v. H., Oststaaten 3 v. H., und Übersee 17 v. H. Wirtschaftsreferent Dr. Doni sprach die Erwartung aus, daß die weitere Entwicklung dazu führen wird, daß eines Tages aus dem „End-Großmarkt“ Nürnberg ein Transit-Großmarkt wird, wie er heute in München und Frankfurt besteht. Die Stadt sei bestrebt, diese Tendenz zu fördern. Zuvor soll jedoch dem Markt ein Blumen-Großmarkt angegliedert werden.
Abfertigung an Ort und Stelle
Für das leibliche Wohl der Händler sorgen eine Gaststätte und ein Imbißraum. Eigene Dienststellen der Bundesbahn und des Hauptzollamtes ermöglichen, daß Auslandswaren an Ort und Stelle abgefertigt werden können. Zwei Importfirmen haben auf dem Gelände Lager mit Bananenreifstationen erstellt.
Niemand, auch nicht die damaligen Gegner dieses Projekts an der Leyher Straße, kann sich heute noch ernsthaft vorstellen, daß ein Großmarkt auf der Insel Schütt, seinem alten Platz, noch halbwegs funktionsgerecht betrieben werden könnte. Der im Jahre 1917 gegründete Großhandelsplatz auf der Insel Schütt gehört endgültig der Vergangenheit an, seinem lebenstüchtigen Nachfolger im Westen der Stadt jedoch die Zukunft.
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