20. September 1968: Alle Äste biegen sich
20.9.2018, 07:00 UhrTrotz der vielen Stützen – beim Basteln beweisen die Amateurgärtner eine schier unerschöpfliche Erfindungsgabe – lassen sich Brüche nicht immer vermeiden. Und zentnerweise liegen die pausbäckigen Äpfel im Gras – Fallobst, das möglichst rasch weiterverarbeitet werden muß. Die Frage aber, die jetzt beim Fachsimpeln mit dem Nachbarn immer wieder gestellt wird, heißt heuer: „Wohin mit dem Segen?“
Buchenbühl gilt als einer der Stadtteile, in dem die Privatgärtner daheim sind. „Seit dem Bestehen unserer Siedlung – das wird 1969 immerhin ein halbes Jahrhundert – haben wir noch keine so reiche Ernte erlebt“, erklärt Rektor Anton Zahn, der im Garten seines Hauses an der Kalchreuther Straße prächtige Apfelbäume stehen hat. Dicht hängen an den Ästen die roten und gelben Früchte, manche so groß wie ein halber Fußball. Außerdem darf der bekannte Nürnberger diesmal eine Rekordernte bei den Pfirsichen erwarten.
„Saftfabrik“ nebenbei
Wohin damit? „Die Buchenbühler meistern die Schwemme auf ihre Weise. Ein Teil wird eingekellert, das übrige Obst zu den beiden Pressen gefahren, die bei uns betrieben werden“, antwortet Anton Zahn, dem der Hochbetrieb bei Ludwig Koch recht gibt. Der junge Mann betreibt nebenbei im Hof seines Hauses in der Nähe des Paulussteins eine kleine „Saftfabrik“, in der täglich zwischen 40 und 50 Zentner Äpfel verarbeitet werden.
Wer kommt, darf zuschauen, wenn seine Ernte in köstlichen Saft verwandelt wird. Die Früchte wandern zuerst durch eine elektrisch betriebene Mühle und werden anschließend vom „Chef“ eigenhändig in zwei Geräten ausgepreßt. Dunkelbraun ist die Flüssigkeit in den bereitgehaltenen Eimern, die hinterher durch ein Sieb in Ballonflaschen umgefüllt wird.
30 Liter Saft aus jedem Zentner Äpfel: mit diesem Quantum dürfen die Kunden rechnen, die sich freilich nicht allein aus den Buchenbühlern rekrutieren. Sie kommen – so berichtet Ludwig Koch – aus Fürth und aus Kalchreuth, von Erlenstegen und von Schweinau. Schließlich wird hier schon in der dritten Generation Obst gepreßt, so daß das Unternehmen weitum bekannt ist.
Rezept fürs Einwecken
„Es gibt nicht wenige Siedler, die schon einen Hektoliter Süß- oder Apfelmost gewonnen haben“, erklärt Rektor Anton Zahn, dessen Nachbarn, Hans und Sophie Taschner, zur Zeit ebenfalls mit dem Apfelsaft beschäftigt sind. Sie füllen ihn in Flaschen ab und machen ihn haltbar. „Die offenen Flaschen in den Wecktopf packen, bei 70 Grad Temperatur sieben bis acht Minuten stehenlassen, herausnehmen, abkühlen lassen und verschließen“, erläutert die Hausfrau das bewährte Hausrezept. „Und vor dem Abfüllen ein bißchen stehen lassen, damit er sich ein bißchen setzen kann.“ andere geben sich damit allein nicht zufrieden. Bei ihnen wird der Most mit einem Hefezusatz in Fässern vergoren: zu „Äppelwoi“ aus Buchenbühl oder Schweinau.
Bis in den späten Oktober hinein dauert die Kampagne. Dann sind die letzten Fässer und Flaschen eingelagert und bereit, in den nächsten Monaten geleert zu werden. Denn bei soviel Saft aus eigener Produktion ist Durst auch im Winter etwas Schönes.
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