Straßen: Der größte Graben zwischen dem Rathaus-Bündnis aus SPD und CSU und den übrigen Parteien tut sich beim Thema Verkehr auf, das wurde in den Haushaltsreden deutlich. Grünen-Fraktionschef Achim Mletzko legte unter dem Motto "Zurück in die Zukunft" den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs für seine Partei ad acta. Seine Fraktion ist überzeugt, dass die Stadt mit den aktuell prognostizierten 633 Millionen Euro, die der Ausbau kosten soll, gut etwas anderes anfangen könnte. Die Grünen würden das Geld lieber für Fußgänger ausgeben, für emissionsfreie Taxis, günstigere ÖPNV-Tickets oder den Ausbau des ÖPNV. Die Partei stellte denn auch entsprechende Haushaltsanträge, die von der Mehrheit des Stadtrats aber abgelehnt wurden. In seiner Ablehnung des kreuzungsfreien Ausbaus, der im Mittelfristigen Investitionsplan der Stadt berücksichtigt ist, sprangen Mletzko die Linke Liste und Stephan Grosse-Grollmann (Die Guten) bei.
ÖDP-Stadtrat Thomas Schrollinger prophezeite, dass der Ausbau die Stadt noch viel Geld in Bezug auf den Unterhalt kosten werde. Dass sich die Stadt so gar nicht mit Alternativplänen befasst, hält er für "traurig, fast schon erbärmlich". Die Freien Wähler runzelten da nur die Stirn. Der Ausbau sei nötig. Die Idee, am Nordring eine Spur für Radfahrer und Busse zu sperren - die die Grünen ebenfalls aufgebracht hat -, jagte FW-Stadtrat Jürgen Dörfler sogar einen "Schauer über den Rücken". CSU-Fraktionschef Marcus König machte klar, dass das mit seiner Partei nicht zu machen ist.
Radverkehr: Der Radwege-Etat wird auf etwas mehr als drei Millionen Euro aufgestockt. Darauf haben sich die Fraktionen verständigt. Den kleineren Parteien geht das aber nicht weit genug. Sie forderten mehr als die doppelte Summe für Radwege. Die CSU heftet es sich an die Fahnen, dass künftig 100.000 Euro an Fördermitteln für die Anschaffung von Lastenrädern zur Verfügung stehen.
ÖPNV: SPD-Fraktionschefin Anja Prölß-Kammerer mahnte an, dass die Einführung eines 365-Euro-Tickets, das die CSU im Landtagswahlkampf versprochen hat, nicht bis 2030 dauern dürfe. Sie plädiert außerdem für ein Azubi-Ticket. Die Grünen wiederum sind überzeugt, dass man mit den Mitteln, die durch den Abschied vom Frankenschnellweg frei würden, das Wiener Modell, ein 365-Euro-Tages-Ticket, "20 Jahre finanzieren" könnte. Und welche Rolle soll der ÖPNV künftig im Umfeld der neuen Universität an der Brunecker Straße spielen? Die SPD kann sich dort ein "autoarmes Gebiet" vorstellen mit verpflichtenden Bewohner-Tickets für den ÖPNV, mehr Radwegen und weniger Stellplätzen. Das wäre auch im Tiefen Feld vorstellbar, findet Prölß-Kammerer. König (CSU) meint aber, man dürfe den Planern hier nicht schon am Anfang Ketten anlegen.
Wohnen: Das Thema Wohnen treibt alle Parteien um. "Wir bleiben gefordert, neuen Wohnraum zu schaffen – notgedrungen auch nachverdichtend", so Prölß-Kammerer. Damit nicht noch mehr Wohnungen an Touristen vermietet werden, forderten SPD und Linke Liste eine Zweckentfremdungssatzung. Linken-Stadträtin Özlem Demir wiederholte außerdem ihre Forderung nach einem "Neustart des sozialen Wohnungsbaus". König (CSU) griff in seiner Rede die Stadtentwicklungsmaßnahme am Marienberg auf. Die Verwaltung habe es nicht geschafft, die Menschen im Knoblauchsland mitzunehmen. Die Grünen sprachen sich für eine "maßvoll abgespeckte" Stadtentwicklungsmaßnahme am Marienberg aus.
Sicherheit: Der kommunale Außendienst, über den auch SPD und CSU lange gestritten haben, soll nun sogar aufgestockt werden. Zehn neue Stellen soll es geben, falls sich die Truppe bewährt. Mletzko machte keinen Hehl aus seiner Verärgerung: "Das ist rausgeschmissenes Geld." FDP-Stadtrat Alexander Liebel sah das genauso. Sicherheit sei Sache der Polizei.
Kultur: Prölß-Kammerer betonte die Bedeutung der Bewerbung Nürnbergs als Kulturhauptstadt, weil sie die Stadt auf vielen Ebenen voranbringe. Wichtig ist der SPD auch, dass die internationalen Filmfestivals im kommenden Jahr mehr Geld bekommen. Zur Debatte um eine Rekonstruktion der Renaissance-Fassade des Pellerhauses sagte sie, dass die SPD "keinesfalls zustimmen" wird, "ein Denkmal des Wiederaufbaus abzureißen, um dann eine Kulisse aufzustellen".
Was nachdenklich machte: Prölß-Kammerer und König gingen auf die Stimmungslage im Land ein und das Missverhältnis zwischen guten Lebensbedingungen und Krisenbeschwörung. "Es ging uns noch nie so gut wie heute und trotzdem empfinden es viele Menschen anders", so König. Prölß-Kammerer betonte angesichts des wachsenden Populismus, dass man nicht den Radikalen den Diskurs überlassen dürfe.
Und die Abstimmung? Am Ende stimmte der Stadtrat mit großer Mehrheit für den Haushalt 2019. Linke Liste, FDP-Stadtrat Alexander Liebel, Stephan Grosse-Grollmann (Die Guten), ÖDP-Stadtrat Jan Gehrke und die BIA stimmten dagegen.