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22. Mai 1971: Bei „Eva“ wird die „Vaterschaft“ bestritten

22.5.2021, 07:00 Uhr
22. Mai 1971: Bei „Eva“ wird die „Vaterschaft“ bestritten

© NN

Unsere Frage lautete: wenn Sie steinreich wären, welches der millionenschweren Bilder Albrecht Dürers würden Sie kaufen – „Die Eva“, „Der arme Poet“ oder „Die Bauernhochzeit“?

Erstaunlich, mit wie wenig Risiko der Reporter seine Falle stellen konnte. Kaum einer, der die drei Bilder richtig einordnen konnte. Hier eine kleine Auswahl der Antworten:

Eine 30jährige Hausfrau aus Langwasser, Mutter von zwei Kindern, legte die Stirne in Falten, als ob sie beim Metzger zwischen drei Schinkensorten wählen müßte. Dann sagte sie: „Eine verzwickte Frage. Ich müßte die Bilder halt erst einmal sehen.“

Eine 49jährige Sekretärin stutzte zunächst, entschied sich aber dann für den „armen Poeten“. Darüber aufgeklärt, daß dies Bild eines der bezauberndsten Werke von Carl Spitzweg sei, nickte sie eifrig: „Natürlich. Ich habe mir doch gleich gedacht, daß der Regenschirm nicht zu Albrecht Dürer paßt. Aber nachdem der Reporter so bestimmt fragte ...“

Doch bei einer 56jährigen Einzelhändlerin im Zentrum der Stadt geriet unser Mitarbeiter an die Falsche. „Ich würde die Bauernhochzeit wählen“, sagte sie energisch und setzte triumphierend hinzu: „Denn die anderen Bilder sind gar nicht von Dürer.“ Daß Pieter Breughel die „Bauernhochzeit“ gemalt habe, wollte sie nicht gelten lassen. „Mich können Sie nicht irre machen. Klarer Fall! Meinen Sie, ich hätte sonst die Dürer-Medaille in Silber bekommen?“ An der resoluten Frau prallte alle Überzeugungskraft wirkungslos ab.

Selbst das einzige der drei Bilder, das Dürer nun wirklich selbst im Jahre 1507 gemalt hat, wurde ihm abgesprochen. Mit den Kenntnissen um den größten Sohn dieser Stadt ist es also in weiten Kreisen der Bevölkerung nicht gut bestellt.

Am eindeutigsten beurteilte ein junger Schriftsetzer Dürers Werke. „Na“, sagte er, „selbst wenn ich es hätte, aber für sowas hab ich kein Geld.“

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