26. Oktober 1967: Eine echte Sensation in Nürnberg

26.10.2017, 07:02 Uhr
Verhaftet: Hannsheinz Porst.

© NN Verhaftet: Hannsheinz Porst.

Er war fünf Tage nach seinem engen Mitarbeiter, dem 50jährigen Lektor Alfred Pilny, von der Bundesanwaltschaft Karlsruhe festgenommen worden.

Mit der Verhaftung von Hannsheinz Porst haben die Beamten der Sicherungsgruppe Bonn des Bundeskriminalamtes, des Verfassungsschutzamtes Köln und der Bundesanwaltschaft Karlsruhe gestern ihre zehntägige Ermittlungsarbeit in Nürnberg abgeschlossen und sind mit Pilny abgereist. Hannsheinz Porst dagegen ist im Nürnberger Untersuchungsgefängnis geblieben.

Die Behörden schweigen sich ebenso wie im Falle von Alfred Pilny darüber aus, welche Vorwürfe im einzelnen dem Hauptgesellschafter der Unternehmergruppe "Der Photo-Porst" und weiterer Firmen im ganzen Bundesgebiet gemacht werden. Über Pilny ist von der Bundesanwaltschaft lediglich verlautbart worden, er habe "langjährige nachrichtendienstliche Beziehungen zum sowjetzonalen Ministerium für Staatssicherheit in Ostberlin unterhalten". Es wird vermutet, daß der frühere Lektor und spätere Angestellte des Hauses Porst Nachrichten weitergegeben hat, die das Ehepaar Sütterlin im Auswärtigen Amt ausspioniert hatte. Pilny war 1955 von Ostberlin nach Nürnberg gekommen.

Die Spur führte von Bonn nach Nürnberg

Von Leonore Sütterlin und Alfred Pilny zu Hannsheinz Porst – "Die Vorwürfe werden sich als haltlos erweisen" – Frage nach dem Motiv – Der fränkische Unternehmer war bereits 1964 unter aufsehenerregenden Umständen verhaftet worden

Die Spur zu dem Bonner Agentenring Sütterlin und zu Alfred Pilny in Nürnberg soll der Präsident des Verfassungsschutzamtes Köln, Hubert Schrübbers, entdeckt haben, als er in den Vereinigten Staaten den geflohenen sowjetischen Oberstleutnant Runge vernahm. Meisterspion Runge war Anfang Oktober zum amerikanischen Geheimdienst übergelaufen und hatte dort die Namen und Adressen von Agenten in der Bundesrepublik ausgeplaudert.

"Unternehmen nicht berührt"

Mit Alfred Pilny und Hannsheinz Porst sind jetzt insgesamt sechs Männer und Frauen verhaftet worden, denen die Bundesanwaltschaft Spionagetätigkeit für die Länder des Ostblocks zur Last legt.

Im Nürnberger Porst-Unternehmen wollte gestern niemand glauben, daß der Firmenchef in eine Spionageaffäre verwickelt sein soll. "Offenbar beruht die Verhaftung auf einer belastenden Aussage des früheren Angestellten Alfred Pilny", stellte die Pressestelle des Unternehmensverbandes in einer Erklärung fest. Die engsten Mitarbeiter von Hannsheinz Porst seien der festen Überzeugung, daß sich die Vorwürfe als haltlos erweisen werden. Porst-Stellvertreter Dieter Reiber wies daraufhin, daß durch die Verhaftung die Unternehmen der Firmengruppe, die seit Jahren von selbständigen Geschäftsleitungen geführt werden, in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht berührt sind.

Die Pressestelle bestritt auch, daß Alfred Pilny ein führendes Amt im Unternehmensverband innegehabt hat. "Er bekleidete weder eine leitende Stellung innerhalb der Porst-Gruppe, noch hatte er mit dem Aufbau der Ladenkette von Photo-Porst zu tun", heißt es in einer Verlautbarung.

Nach seiner Festnahme hat Hannsheinz Porst zum zweiten Male in dreieinhalb Jahren seine Villa in Rückersdorf mit einem Untersuchungsgefängnis tauschen müssen. Er war am 12. Mai 1964 kurz vor seinem Abflug mit seiner Privatmaschine in die Schweiz auf dem Flughafen von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen Steuerhinterziehung festgenommen worden.

Erst am 4. Juni des gleichen Jahres hob das Gericht den Haftbefehl auf, von dem sich Hannsheinz Porst mit einer Sicherheitsleistung von mehr als sieben Millionen freigekauft hatte. Mit einer Bezahlung der Steuerstrafe von zwei Millionen Mark an die Finanzbehörden ging im Frühjahr 1967 das Verfahren gegen den Chef des Hauses Photo-Porst ohne Strafprozeß zu Ende.

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