Kalenderblatt

29. August 1971: Im Landschaftsschutzgebiet sollen künftig Schlote rauchen

29.8.2021, 07:00 Uhr
29. August 1971: Im Landschaftsschutzgebiet sollen künftig Schlote rauchen

© Ranke

Doch die Frage, ob das Erholungszentrum mit dem eineinhalb Kilometer langen See im Osten der Autobahn geschaffen wird, ist – so die Regierung in Ansbach – vom Bau der Konditionierungsanlage nicht berührt. Er halte den jetzt gefundene, rund elf Hektar großen Platz für ideal, sagt Vizepräsident Wolfgang Winkler. Darum auch hatte er sich dagegen gesträubt, die Anlage westlich des Autobahnkreuzes anzusiedeln, wie es dem Staatsforst lieber gewesen wäre: der wollte seinen Wald im Osten nicht durch ein so großes Projekt aufreißen lassen.

Bauanträge schon eingereicht

Der Forst ließ sich von Ansbach umstimmen: das jetzt abgeschlossene Planfeststellungsverfahren weist den beteiligten Firmen Linde AG und Ruhrgas AG die genannte Fläche im Landschaftsschutzgebiet zu. Es sind bereits Bauanträge für die 25 Millionen Mark teure Anlage eingereicht und derzeit wird lediglich noch mit dem Staat ums liebe Geld gerangelt, das für den Quadratmeter landschaftsgeschützten Wald bezahlt werden muß.

29. August 1971: Im Landschaftsschutzgebiet sollen künftig Schlote rauchen

© Ranke

Erforderlich wird die Erdgas-Konditionierung ab Oktober 1973, wenn Gas aus der Sowjetunion über eine Pipeline in den nordbayerischen Raum gelangt. Damit in Verbindung mit dem ebenfalls zur Verfügung stehenden holländischen und norddeutschen Erdgas ein reibungsloser Betrieb möglich ist, muß der höhere Heizwert des Russen-Gases gesenkt werden. Zu diesem. Zweck ist eine Konditionierungsanlage notwendig, die unter Verwendung von Stickstoff den Erdgas-Heizwert herabsenkt.

60.000 Kubikmeter Rauchgase

Darum auch ist ein Gelände von über zehn Hektar Größe erforderlich, auf dem Gebäude errichtet werden sollen, die bis zu 20 Meter hoch sind; die Schornsteine und der Luftzerlegungsteil der Anlage ragen etwa 40 Meter auf, 80 bis 100 Arbeitskräfte sollen im Drei-Schichten-Betrieb tätig sein. Das Werk würde nach Angaben der Planer zum Abtransport der Sauerstoff- und Stickstoff-Produktion täglich etwa 20- bis 30mal von schweren Lastzügen angefahren. werden.

„Das alles ist sehr unerfreulich“, sagt Oberforstmeister Dr. Eisenhut, Leiter des zuständigen Forstamtes Nürnberg-Ost. Aber wie die Regierung ist auch er der Meinung, das Projekt Birkensee sei dadurch keineswegs gestorben.

Im Gegenteil: der Forstmann ist weiter unermüdlich tätig, um sich und den Nürnbergern den Traum vom Erholungsgebiet vor den Toren der Stadt zu erfüllen. Er hat die Chemische Untersuchungsanstalt und das Gesundheitsamt der Stadt eingeschaltet, die derzeit Messungen an Ort und Stelle vornehmen.

Die abschließenden Berichte liegen zwar noch nicht vor, Eisenhut ist sich aber des Erfolges dieser Aktion schon sicher: „Die Schall-Messungen haben ergeben, daß die Autobahn auf den beträchtlich tiefer liegenden See absolut keinen Einfluß hat, und auch die Abgase spielen keine Rolle: am See konnte keine Beeinträchtigung der Luft festgestellt werden.“

Keine Kommentare