30. April 1970: Ein Biberpärchen nagt im Reichswald
30.4.2020, 07:00 UhrIhm ist mit amtlicher Erlaubnis all das gestattet, was dem Normalbürger vom Gesetz verboten wird oder nur mit Sondergenehmigung erlaubt ist: Peter und Petra dürfen Bäume fällen, Mohrrüben stehlen und Blumenkohl anknabbern. Der Zoologe weiß, um wen es geht: um zwei Biber. Am Montag wurden sie in freier Wildbahn in Schweden gefangen. Per Lufthansa kamen sie über München-Riem nach Nürnberg.
Allein 551 Mark kostete die Luftfracht, über 2000 Mark mußten ausgegeben werden, damit die Tiere gefangen werden konnten, denn: Die schwedische Regierung genehmigte einzig und allein zwölf Bibern die Auswanderung in andere Gebiete. Peter und Petra sind die ersten, die sich im bayerischen Staatsforst frei bewegen dürfen. Früher war der Biber, eines der größten Nagetiere der Alten Welt, weit verbreitet. In Bayern wurde er 1858 völlig ausgerottet.
Vor zwei Jahren setzte sich der Bund Naturschutz in Bayern das Ziel, den Biber, der ein Gewicht bis zu 80 Kilogramm erreicht, in der weiß-blauen Gemarkung wieder heimisch zu machen. Dagegen hat auch das Forstamt Nürnberg nichts einzuwenden: „Der charakteristische Lebensraum des Bibers ist der Anwald. Dort wachsen meist forstwirtschaftlich uninteressante Bäume und Sträucher. Hier ist auch der wirtschaftliche Schaden gering, den Biber anrichten.“ Das Forstsamt hat noch viel größere Pläne, befürchtet aber, daß das floristisch äußerst interessante Gebiet zerstört wird.
Es kritisiert in diesem Zusammenhang die geplante Verlegung der Bundesstraße 4 und die Erweiterung des Truppenübungeplatzes Tennenlohe. Die Kritik des Forstamtes und des Bundes Naturschutz Bayern ist verständlich: immerhin wollen beide Einrichtungen auch Steinbücke, Fischotter, Uhus, Wisente, Elche und Luchse ansiedeln. Nutznießer wäre die Bevölkerung, die im Sebalder Reichswald Erholung sucht.