4. August 1970: Lieber Waldluft als den Benzingestank

NN

4.8.2020, 07:00 Uhr
4. August 1970: Lieber Waldluft als den Benzingestank

© NN

Aber es gibt auch Schlaue, die im Urlaub zu Hause bleiben, im Garten Ferien machen, die Wälder der Heimat durchstreifen. Sie kostet die Hochsaison am Wörther See, in Rimini oder Mallorca zuviel Nerven – und manchmal zuviel Geld, gemessen an dem, was ihnen dort geboten wird. Eine kleine Umfrage unter den im Urlaub Daheimbleibenden ergab:

Dr. Wilhelm Doni, Wirtschaftsreferent der Stadt: „Wir haben lange Jahre nicht in Nürnberg gewohnt. Jetzt wollen wir uns einmal wieder die Umgebung anschauen, Würzburg, Kulmbach vor allem und den Bayerischen Wald. Auf jeden Fall in der Nähe bleiben.“

Hans G. Müller, Gymnasialprofessor: „Zwar wäre ich gerne fortgefahren, aber wir bauen eine Doppelgarage an unserem Haus, und die ganze Zeit werden die Handwerker da sein. Wenn sich etwas Zeit ergibt, möchte ich mit meiner Familie die Umgebung etwas näher ansehen.“

Täglich durch die Wälder

Walter Schatz, Chef des städtischen Presseamtes: „Im letzten Jahr machte ich Ferien in Tirol. Dort regnete es zehn Tage lang ununterbrochen. Da dachte ich, das kann man zu Hause billiger haben. Für die Familie wurden Fahrräder besorgt, und jetzt geht es täglich durch die Wälder rings um Schwarzenbruck. Körperliche Tätigkeit kann man notwendig brauchen.“

Uta Renz, Hausfrau: „Das Haus muß überholt werden, neue Tapeten müssen hin. In einem Urlaub an der Riviera gibt es zuviel Hetze.“

Lothar Maerker, Redakteur: „Überfüllte Urlaubsorte und schlechtes Essen machen mich in den Ferien sauer. Da bleibe ich lieber daheim und bastle etwas. Außerdem spare ich dabei Geld.“

Werner Behringer, Wirt vom Bratwursthäusle: „Vom Urlaub kann ich heuer nur träumen. Wegen des Personalmangels bin ich unabkömmlich, zumal in der Hochsaison.“

Konrad W., Maschinenführer in einem großen Industriewerk: „Die Preise sind in den letzten Monaten so gestiegen, daß ich mir keinen Urlaub leisten kann, zumal meine Tochter erst geheiratet hat. Wanderungen in die Umgebung sind mein Hauptziel.“

Willi M., Aufzugsführer in einem Kaufhaus: „Ich will nichts als Einsamkeit. Elfein-halb Monate bin ich eingepfercht in einen Aufzug, da möchte ich einmal keine Leute sehen und frische Luft schnappen. Nirgends kann man das besser als im Reichswald.“

Paula D., Sekretärin: „Meine Familie hat ein Landhaus in der Hersbrucker Schweiz. Mit ein paar Freunden möchte ich zwischendurch einmal den Wanderweg von Bayreuth nach Nürnberg durchmarschieren. Wir haben dafür drei Tage veranschlagt.“

Martin F.. Student: „Ich bin Mitglied bei der FCN-Schwimmabteilung, ein schöneres Freizeitgelände kann man sich nicht vorstellen. Meinen Urlaub nehme ich im Winter beim Skifahren, da ist die Luft besser und das Autofahren nicht so anstrengend.“

Walter Z., 18jähriger Schüler: „Natürlich bleibe ich daheim und hüte das Haus. Die Alten sind weg nach Spanien. Aber jedes Jahr kommen sie heim und sagen, sie müßten sich erst einmal erholen. Das gibt mir zu denken.“