4. Januar 1967: 2000 Zuschauer beim Merkel-Training

4.1.2017, 07:40 Uhr
4. Januar 1967: 2000 Zuschauer beim Merkel-Training

© Kammler

Schon am Vormittag hatte der Betreuer seine Einführungsworte vor der Mannschaft gesprochen, so daß es gleich "in die Vollen" gehen konnte. Bereits nach wenigen Minuten allerdings wurde zunächst der zu unebene Platz 1 mit der Wiese nahe dem Schwimmbad vertauscht, wo ein Schlotfeger dem Trainer seine Berufskleidung bot, um sich daran zu "reiben". Autogrammhungrige Buben hatten Merkel schon auf dem Weg die Unterschrift abgeluchst.

Mit Ausnahme Ludwig Müllers (Zehenbruch) war das gesamte Lizenzspieleraufgebot des FCN erschienen, selbst Wabra mit gegipstem Daumen machte mit. Viel sprachen die schweißüberströmten Cluberer nicht, als sie Merkel nach insgesamt zweieinhalb Stunden in die Kabine entließ. Aber die resignierende Feststellung: "Ich glaube, unsere schönsten Tage sind vorüber" eines Abwehrspielers spricht für sich, selbst wenn man sie nicht zu wörtlich nehmen will.

4. Januar 1967: 2000 Zuschauer beim Merkel-Training

© Kammler

Tatsächlich scheuchte Merkel seine Schützlinge ganz hübsch durcheinander. Nach einigen noch gemütlichen Runden zum Warmlaufen ging es Schlag auf Schlag, in einem Tempo, das offenbar nicht nur die Kiebitze überraschte. Medizinbälle waren die ersten Utensilien, mit denen die Spieler strapaziert wurden, wobei ein Spurt mit zwei Bällen im Arm augenscheinlich als am unangenehmsten empfunden wurde.

Für Konditionsförderung war er allerdings großartig geeignet. Mit Gelenkigkeitsübungen beschäftigte Merkel seine Leute dann bis zum Ablauf der ersten halben Stunde, ehe er die Fußbälle freigab, wobei es sofort gegen das Übel bei den Cluberern, das umständliche Spiel, ging. Dabei schaltete sich Merkel selbst mit ein, während er in gegenseitigem Direktspiel die "Schüler" in ein jede Zeitverschwendung vermeidendes Tempo hetzte.

Hatte man vorher den einen oder anderen Spieler beobachten können, dem die Übungen offenbar nicht recht "schmeckten" und der sich etwas mehr im Hintergrund oder auf der Seite aufhielt, brachte jetzt Merkel jeden einzelnen gewaltig auf Trab, zumal er aufmerksame Augen darauf warf, daß auch die nicht im Ballbesitz befindlichen Spieler "mitmarschierten".

Auch das dauerte eine halbe Stunde, der erneut die gleiche Zeit folgte, wieder mit gymnastischen Übungen ausgefüllt, indes Merkels Assistent Vincze sich separat den drei Torleuten widmete. Sie wurden genauso angeheizt wie ihre Kameraden, denen nach Sprints und Starts schon die Trikots durchgeschwitzt waren, ehe überhaupt das abschließende "Spielchen" begann.

Wer noch einen trockenen Faden am Leibe hatte, verlor ihn nun restlos, denn ohne Verschnaufpause ließ Merkel – mit kritischen Worten nicht sparend – seine Leute unentwegt zwei Hockeytore berennen, sorgsam wachend, daß auch die im Augenblick nicht unmittelbar bei einer Aktion mit dem runden Leder beschäftigten Spieler immer mitdachten und sich freiliefen.

Von Schadenfreude bis zur Genugtuung reichten die Bemerkungen der Zuschauer, die recht zufrieden, schien es, den Heimweg antraten. Ihre Mundpropaganda dürfte dafür sorgen, daß am Samstag zum Spiel gegen den VfB Stuttgart so viele Tausende von Besuchern mehr kommen werden, daß die Mehreinnahmen die Auslagen für das Gehalt Merkels schon für die nächsten Monate gedeckt haben sollte.

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