4. Juli 1970: Drei rohe Eier als Protest gegen CSU

C. P./W. D.

4.7.2020, 08:47 Uhr
4. Juli 1970: Drei rohe Eier als Protest gegen CSU

© Kammler

Es kam zu keinerlei Ausschreitungen, wenn man von drei Eiern absieht, die auf das Kamerateam der amerikanischen Fernsehgesellschaft NBC vor der Meistersingerhalle niedergingen.

Gegen 17 Uhr trafen sich Teilnehmer an einer Gegenkundgebung am Kornmarkt, wohin der Initiativkreis eingeladen hatte. Nach kurzen Ansprachen, die von einem Kamerateam des ostzonalen Fernsehens festgehalten wurden, bewegte sich der Zug zunächst zum Hauptbahnhof, wo vor dem von der Bereitschaftspolizei abgeschirmten US-Hotel eine weitere Rede gehalten wurde. Friedlich zogen die Demonstranten begleitet von Anti-Strauß-Sprechehören, weiter über die Allersberger und Wodanstraße zum Platz der Opfer des Faschismus. Nach einer Schlußkundgebung wurden die Teilnehmer aufgefordert, zurück in die Innenstadt zu marschieren und dort Diskussionsgruppen zu bilden.

Einige folgten dem Aufruf, der Rest schlenderte zur Meistersingerhalle, die von der Bepo mit Gittern hermetisch abgeriegelt war. Vergeblich versuchten die Demonstranten, mit Zaungästen des Parteitages Diskussionen anzuknüpfen. Der Tagungsort selbst glich einem Heerlager: überall standen Abteilungen der Bepo, mit Kopfschutz und durchsichtigen Schützschilden, auf ihren Einsatz wartend.

Die Stadtpolizei nutzte die Gelegenheit, ihre vor einigen Wochen angeschaffte mobile „Lichtgiraffe“ der Öffentlichkeit vorzustellen. Sechs Tiefstrahler (drei von ihnen sind beweglich) können auf einem Teleskopmast in neun Meter Höhe ausgefahren werden. Die elektrische Anlage kostete allein rund 32.000 DM. Zwei solcher Anlagen wären in der Lage, das ganze Nürnberger Stadion abends spielreif auszuleuchten.

Erstmals flammten die Scheinwerfer auf, als Altbundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, von Pfuirufen der Protestier begleitet, seinem Wagen entstieg. Eine Stunde später, gegen 20 Uhr, unternahm eine zehnköpfige Demonstrantengruppe den letzten Störversuch: auf Schleichwegen glaubten sie, über den kleinen in den großen Saal der Meistersingerhalle gelangen zu können. Die Ordnungshüter waren schneller und setzten sie an die frische Luft. Danach lösten sich auch die letzten Gruppen auf.