5. Januar 1969: Pläne sind krachend gescheitert

K. E.

5.1.2019, 07:00 Uhr
5. Januar 1969: Pläne sind krachend gescheitert

© NN-Archiv

Mit dem Schreiben wird die Uhr auf die Stunde Null zurückgestellt, denn die ministeriellen Einwände bedeuten nichts anderes, als daß die Nürnberger noch einmal ganz von vorne anfangen müssen.

Alles deutet darauf hin, daß die Stadt jetzt auf alte Ideen zurückgreift und das Kunst- und Bildungszentrum auf eigene Rechnung an einem Platz baut, der seiner Bedeutung besser gerecht wird: nicht abseits neben der „Norishalle“, sondern für alle sichtbar direkt am Königstor, dort, wo die Ruine des Künstlerhauses steht.

Der von Dittrich und Kappler geschaffene und in vielstündigen Debatten teils gelobte, teils kritisierte Entwurf hat keinerlei Chance mehr, in die Tat umgesetzt zu werden.

Mit der Entschließung hat das Innenministerium zweierlei deutlich gemacht: auf der einen Seite wahrte es sein Recht im Artikel 91 der bayerischen Bauordnung, Vorhaben in der Nähe von Monumentalbauten (dazu gehört unbestreitbar die mittelalterliche Stadtumwallung) von seiner Zustimmung abhängig zu machen. Zum anderen übernahm es die Vorstellungen aus den Gutachten des Landesbaukunstausschusses und der Akademie für Städtebau und Landesplanung.

Denn in der Entschließung wird der Stadt folgendes auferlegt: „Wenn beabsichtigt ist, das Gebiet zwischen Königstor-und Marientorgraben städtebaulich neu zu gestalten was zu begrüßen wäre –, so sollte dies nur auf der Grundlage eines Bebauungsplanes in einer Weise geschehen, daß 1. die Bebauung die Flucht der Stadtmauer nicht in den Zwinger hinein überschreitet. 2. die Baumassen gegenüber dem Vorschlag Dittrich-Kappler erheblich vermindert und die städtebaulich gebotene Höhenbeschränkungen eingehalten werden, um den Empfehlungen des Gutachtens Rechnung zu tragen. 3. auf die Anlage eines unterirdischen Omnibus-Bahnhofes an dieser Stelle verzichtet wird.

In seinem an die Regierung von Mittelfranken als Aufsichtsbehörde gerichteten Schreiben bittet das Innenministerium außerdem, „die Stadt zu veranlassen, neue Pläne für die Bebauung rechtzeitig vor der Festlegung vorzulegen, damit erneut die Gutachtengremien zur Beratung herangezogen werden können.“ Wie es nun weitergehen soll, ist nicht bekannt.

Der Oberbürgermeister und der Bürgermeister sind in einen Kurzurlaub gefahren, bei dem Dr. Urschlecht noch einmal mit dem Präsidenten der bayerischen Versicherungskammer, Staatssekretär a. D. Dr. Robert Wehgartner, zusammentreffen soll. Nur die FDP-Fraktion hat sich bislang zu Wort gemeldet. Sie wiederholt ihren Vorschlag, das Kunst- und Bildungszentrum bis zum Königstor vorzurücken und in zwei Abschnitten zu bauen: zunächst den ersten Trakt, der etwa den Umfang des Künstlerhauses erhalt soll, wobei die Freien Demokraten glauben, daß er noch im Dürer-Jahr 1971 vollendet werden könnte.

Später könnte im zweiten Anlauf anstelle der Kunsthalle ein neues Gebäu errichtet werden. Die Kosten schätzt die Rathausfraktion der FDP auf insgesamt rund 15 Millionen Mark, wovon sieben Millionen DM auf den ersten Abschnitt entfallen.

Für die Architekten Dittrich und Kappler ist die Tatsache, daß ihr Projekt nun endgültig gescheitert ist, zweifellos sehr schmerzlich. Denn auch die Gegner ihres Entwurfs müssen einräumen, daß beide mit viel Mühe ans Werk gegangen und zum Teil zu sehr originellen und zumindest erwähnenswerten Ergebnissen gekommen waren. Vielleicht haben sie am Ende damit doch bewirkt, daß eine Lösung gefunden wird, die Nürnberg besonders gut zu Gesicht steht und zu der alle Bürger ja sagen können.

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