7. Juni 1969: Türdichtung wurde zum Verhängnis

NN

7.6.2019, 07:00 Uhr
7. Juni 1969: Türdichtung wurde zum Verhängnis

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In wechselnder Besetzung hatten die Täter – soweit wenigstens bis jetzt bekannt ist – zwölf Tresore ausgeraubt und dabei über 33.000 Mark erbeutet. Bei weiterem über 45 Einbrüchen in Büros und Geschäfte waren ihnen nochmals Bargeld und Sachwerte in Höhe von mehr als 35.000 Mark in die Hände gefallen. „Die tollste Sache, die bisher auf diesem Gebiet da war!“ erklären die Sachbearbeiter bei der Kripo.

Alle 19 Täter, von denen bereits sechs In Untersuchungshaft sitzen oder zur Zeit wegen einer anderen Sache Strafhaft verbüßen, stammen aus der Baracken- und Wohnwagen-Siedlung an der Uffenheimer Straße oder gehören zum engeren Bekanntenkreis der dort lebenden Bewohner. Sieben Bandenmitglieder sind Italiener. Neben den sieben jetzt festgesetzten „Schränkern“ befinden sich sechs weitere auf freiem Fuß und gegen sechs läuft bereits ein Haftbefehl. Wie kam es zu der Aufdeckung dieser neuen Serien-Tresor-Einbrüche? Nur durch ungeheure Kleinarbeit gelang es den Beamten der Abteilung „C/2“ den Ganoven auf die Spur zu kommen.

7. Juni 1969: Türdichtung wurde zum Verhängnis

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Am 14. Dezember vergangenen Jahres wurde die Kripo wieder einmal zu einem Tresor-Einbruch am Heroldsberger Weg gerufen. Diesmal hatten die „Schränker“ den Wandtresor aus der Halterung geschlagen und abtransportiert. Einzige Spur am Tatort: ein etwa 25 Zentimeter langes Gummistück, das aus der Türdichtung eines roten Autos stammen mußte. Damit endete aber vorerst auch die Spur.

Am Dreikönigstag dieses Jahres (6. Januar) wurde nachts in einem SB-Geschäft der Leonhardstraße ein Tresor aufgeschweißt. Der Verdacht fiel auf eine bestimmte Gruppe von polizeibekannten Leuten. Erste Vernehmungen ergaben, daß sie mit dem „Bruch“ nichts zu tun hatten. Dafür konnten sie der Kripo den entscheidenden Tip geben, der die Beamten in die Wohnwagen-Siedlung an der Uffenheimer Straße führte.

Dort erfuhren die Polizisten, daß ein italienischer Fliesenleger mit Namen Enzo A. (19) erst kürzlich seinen roten Wagen umgespritzt und verkauft hatte. Der neue Besitzer war schnell ermittelt. Und an diesem Wagen stellten die Kripo-Beamten fest: Das Stück Dichtungsgummi, das man bei dem besagten Tresor-Einbruch sichergestellt hatte, paßte haargenau in die Türfüllung.

Damit hatte die Kripo den Ball zugespielt bekommen, den sie nicht mehr hergab. Enzo A. gestand den einen und den anderen Einbruch. Bei den anschließenden Ermittlungen ging nach und nach ein Kumpel nach dem anderen „hoch“. Noch während ein Haftbefehl den anderen jagte, „knackten“ die übrigen Bandenmitglieder lustig weiter, oft bis zum Tag der Festnahme. Bis auf zwei sitzen heute alle Haupttäter in U-Haft: die Brüder Hans (19) und Karl Z. (20), die Italiener Jean-Claude S. (19) und Enzo A. (19) sowie Günther O. (19).

Schlüssel steckte im Tresor

Der 20jährige Hans Z., der vor acht Tagen als bisher letzter aus der Bande dingfest gemacht wurde, hat gestanden, selbst an acht der zwölf Tresor-Einbrüche beteiligt gewesen zu sein. Nur zu einem Teil sind der Kripo die Mittäter bekannt, denn darüber schweigt sich Hans Z. aus, der aber offenbar in allen diesen Fällen der Hauptakteur gewesen war.

Am Wochenende vom 27. zum 28. März dieses Jahres fand Hans Z. beim Einbruch in eine Altpapierhandlung in Schweinau die Schlüssel an einem Tresor stecken, den er nur noch aufzuschließen brauchte. Beute: über 5.000 Mark in deutscher, französischer und italienischer Währung. Einige Tage später brach Hans Z. zwei Tresore im Postamt 8 in der Mondscheingasse auf. Sie waren leer.

Dafür hatte der 20jährige Schmelzer Hans Z. bei einem ”Bruch“ am Wochenende vom 9. bis 12. Februar dieses Jahres mehr Glück. Aus dem Tresor eines Tiefbau-Unternehmens in Mögeldorf fielen ihm rund 5000 Mark in die Hände. Den Geldschrank öffnete Hans Z. mit den passenden Schlüsseln, die er in einer Schublade gefunden hatte. Außerdem ließ er aus der Kantine der gleichen Firma noch 40 Stangen Zigaretten und aus der Kasse weitere 90 Mark mitgehen.

Hans Z. hatte bei seinen nächtlichen Zügen meistens Glück. Und wenn ihm Fortuna einmal nicht hold war, dann trug er es mit Humor. So auch einmal im Sommer vergangenen Jahres, als er im Bahnhof Stein nur einen leeren Tresor vorfand, den er mit den steckenden Schlüsseln öffnen konnte. Er nahm dafür einen Rasenmäher, eine halbe Kiste mit E 605, vier Äxte – einige Tonnen Waschpulver mit, das er in einen Springbrunnen schüttete und sich köstlich über den aufsteigenden Schaum amüsierte.

Immer wurde es den „Schränkern“ aber nicht so leicht gemacht. Mehr als einmal transportierten sie die oft bis zu zwölf Zentner schweren Tresore mit vereinten Kräften zu bereitstehenden Wagen, die meistens gestohlen waren, und transportierten sie im Schweiße ihres Angesichts entweder in den Wald bei Moorenbrunn oder zum Übungsplatz Hainberg. Am Hainberg versenkten die Knakker auch einen Tresor und Schweißgeräte in der Rednitz. Hans Z. war der Spezialist für die „heiße Arbeit“, während seine Kollegen mit anderem Handwerk die Türen aufbrachen.

Im Moorenbrunner Wald bearbeiteten Vincenco A., Enzo A. und Günther O. mit Spitzhacken sieben Stunden einen Geldschrank, den sie aus einem Lebensmittelgeschäft in der Reinerzer Straße erbeutet hatten, bis sie an die 13.000 Mark heran konnten.

Im Zuge der Ermittlungen stieß die Kriminalpolizei jetzt auch auf einen Fall von vorsätzlicher Brandstiftung. Der noch flüchtige Guiseppe S. war im vergangenen Jahr Pächter der Gaststätte Amberger – und war außerdem pleite. Die Einbruchserie und die Tresor-Einbrüche waren noch nicht angelaufen.

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