8. Mai 1968: Konzern aus Ein-Mann-Betrieb
8.5.2018, 07:13 Uhr„Ihr Name reiht sich würdig an Namen wie Borsig, Bosch und Siemens“, sagte Bundesfinanzminister Dr. h. c. Franz Josef Strauß in einem Festakt für den Jubilar in der Meistersingerhalle. Damit sei nur vorweggenommen, was eines Tages in der Geschichte der deutschen Industrie verzeichnet werde. „Hätten wir nicht Persönlichkeiten wie Max Grundig gehabt, wäre aus diesem Teil unseres Vaterlandes nicht das geworden, was geworden ist“, erklärte Franz Josef Strauß, der die persönlichen Glückwünsche von Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger überbrachte.
Bayerns Wirtschaftsminister Dr. Otto Schedl nannte den Unternehmer einen „königlichen Kaufmann, den wir immer verehren und als Vorbild herausstellen wollen“. Mit Fleiß, Tatkraft und Mut zum Risiko sei Max Grundig vom Inhaber eines Ein-Mann-Betriebs zum Chef von fast 30.000 Menschen aufgestiegen, von dessen Lebenswerk die Bevölkerung einer ganzen Großstadt gut und anständig leben könne.
Blaue Grundig-Fahnen mit dem Kleeblatt und der Krone wehten rings um die Meistersingerhalle, als gestern vormittag die illustre Gästeschar zur Gratulationscour vorfuhr. Einige Zaungäste bestaunten am meisten die Mercedes-600-Limousinen, in denen bekannte Wirtschaftsführer wie Konsul Dr. h. c. Gustav Schickedanz oder Senator Franz Burda mit Gattin Aenne ankamen. Fast eine Stunde lang mußte der Jubilar mehr als 200 Hände drücken, um all die guten Wünsche für Gesundheit und Erfolg entgegenzunehmen.
Die Reihe der vielen Gratulanten wurde angeführt von den Bundesministern Dr. h. c. Strauß und Dr. Dollinger, den Staatsministern Dr. Dr. Hundhammer und Dr. Schedl. Regierungspräsident Karl Burkhardt fehlte in der langen Reihe ebenso wenig wie die Bürgermeister der Städte Nürnberg und Fürth, die Repräsentanten der Universität und das Konsularische Corps. Mit Sekt der Marke „Fürst Metternich Schloß Johannisberg" toasteten sich die Gäste zu, die Grundig-Generaldirektor Otto Siewek bei der folgenden Feierstunde im Namen des Konzernchefs „mit stolzen Gefühlen“ willkommen hieß.
„60 Jahre jung geworden“
Den Reigen der Festredner eröffnete Bayerns Wirtschaftsminister Dr. Otto Schedl mit den Glückwünschen des Ministerpräsidenten und des ganzen Kabinetts dafür, daß Konsul Max Grundig 60 Jahre jung geworden ist. „Die Regierung ist stolz auf Sie, weil wir wissen, daß wir einen der Großen im Reiche der Wirtschaft unter uns haben, daß wir einen haben, der mit seiner Leistung und mit der Leistung seiner Mitarbeiter dafür sorgt, daß wir eine gute Politik machen können“, betonte der Repräsentant der weiß-blauen Regierung.
Als „großer Bewunderer Ihrer Arbeit“ stellte sich Bundesfinanzminister Franz Josef Strauß dem „Geburtstagskind“ vor, das nach seiner Einschätzung dieser Persönlichkeit nur widerstrebend eine Reihe von Festreden über sich ergehen lasse. Mit launigen Worten erklärte der Chef der Bonner Finanzen, er sei nicht gekommen, dem „lieben, potenten Steuerzahler Max Grundig süffisant zu danken“, sondern um klar herauszustellen, daß dem deutschen Arbeiter kein besseres Schicksal beschieden sein könne, als eine große Zahl tüchtiger, verantwortungsbewußter, entscheidungsfreudiger, mit Weitsicht und Umsicht nach vorne blickender Unternehmer. „Der größte Aktiv-Posten in der deutschen Politik ist die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft und die Stabilität unserer sozialen Fundamente.“
Der Weg des Unternehmens
Von Generaldirektor Siewek aufgezeichnet – Oberbürgermeister Dr. Urschlechter würdigte Grundigs großen Anteil am Wiederaufbau und an der Neugestaltung
Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter würdigte Grundigs maßgebenden Anteil am Wiederaufbau und an der Neugestaltung der Stadt und der ganzen Industrie-Region sowie die Rolle des Unternehmers als Botschafter für diesen Raum in aller Welt. Das Fürther Stadtoberhaupt Kurt Scherzer stellte besonders heraus, daß der Fürther Ehrenbürger eine enge Verbindung zu den Menschen seiner Heimat gehalten habe und immer dagewesen sei, wenn ihn jemand brauchte. Er erinnerte an die vielen Stiftungen von Konsul Grundig, die vom Altersheim bis zur Sporthalle reichen.
„Sie haben eine einzigartige unternehmerische Leistung vollbracht“, bescheinigte der Präsident der Industrie- und Handelskammer Nürnberg, Dipl.-Ing. Dr. Fritz Scharlach, dem Vizepräsidenten Grundig. Es sei typisch für den Weg des Jubilars, daß er stets mit seinem Pioniergeist bei allen neuen Entwicklungen von Anfang an mitgemacht habe. Seinem Dank und seiner Anerkennung für den Gründer von Firmen mit Weltgeltung ließ Dr. Scharlach einen großen Strauß langstieliger roter Rosen für Frau Annelie Grundig folgen.
Generaldirektor Otto Siewek hatte vor der Festversammlung im Kleinen Saal der Meistersingerhalle noch einmal den Weg des Unternehmens von der Fertigung des ersten Nachkriegs-Rundfunkgerätes „Heinzelmann“ bis zu den 18 großen Hauptwerken und acht Zweigwerken im In- und Ausland skizziert. Bis Ende März dieses Jahres sind 22 Millionen Grundig-Geräte und vier Millionen Grundig-Büromaschinen über eine weltweite Absatzorganisation in alle Erdteile verkauft worden.
Generaldirektor Siewek erinnerte an die Worte, die der damalige bayerische Wirtschaftsminister und spätere Ministerpräsident Dr. Hans Seidel schon 1952 für den Konzernchef gefunden hatte, als das einmillionste Gerät vom Band gelaufen war: „Das Geheimnis dieses Erfolges liegt darin, daß wir es bei Max Grundig mit einem Unternehmer zu tun haben, der mit Umsicht alle geschäftlichen Entwicklungen einleitet, mit Weitsicht mögliche Entwicklungen erkennt und dann mit Tatkraft das, was er erkannt hat, in die Wirklichkeit umsetzt. Das ist einfach und schlicht ausgedrückt das Geheimnis dieses Erfolges.“
Der 60. Geburtstag bildete für viele einen willkommenen Anlaß, Konsul Grundig auf die verschiedenste Weise zu ehren. Die Stadt Bayreuth verlieh ihm „in Anerkennung der Verdienste um Werk und Festspielidee Richard Wagners“ die Richard-Wagner-Medaille.
Konsul Dr. h. c. Max Grundig dankte für all die guten Worte und die Zeichen der Freundschaft: „Die mir in großer Fülle zuteil gewordenen Ehrungen haben mich tief beeindruckt und mit Stolz erfüllt!“ Der Konzernherr erklärte, daß er sich nur noch als Sachwalter seiner Betriebe betrachte, und fügte den Wunsch hinzu, es möge ihm und eines Tages seinen Nachfolgern vergönnt sein, sein Werk mit Glück und Zufriedenheit weiterzuführen.
Die Feierstunde klang mit der Ouvertüre zu den „Meistersingern von Nürnberg“ aus, die von den Nürnberger Symphonikern unter Leitung von Musikdirektor Dr. Max Loy vorgetragen wurde. Und immer wieder war aus diesem Reigen der Melodien das Motiv herauszuhören: „Ehrt Eure deutschen Meister…
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