9. März 1971: Schmidt forderte mehr Zurückhaltung
9.3.2021, 07:00 UhrDer SPD-Vize, der auf einer Gebietskonferenz der SPD in Nürnberg die „Bilanz einer Partei“ zog, forderte die Sozialdemokraten auf, „Solidarität nach außen zu zeigen“. Er fügte hinzu, daß „manche, die bisher in der Politik nicht viel eigene Leistungen vorzuweisen hatten, durch geschickt lancierte Pressemeldungen eigene Politik machen wollten“.
Die SPD sei aber nicht dazu da, „den öffentlichen Geltungstrieb einzelner zu befriedigen“. Auch beklagte Schmidt, daß „einzelne Sprecher“ der SPD nicht immer den „nötigen Ernst“ an den Tag legten, weil sie die Wirkung ihrer öffentlichen Erklärungen auf Wähler vorher nicht richtig „bedacht haben“. Man müsse vorsichtiger und überlegter reden.
An die Adresse der Jungsozialisten war die Aufforderung gerichtet, nicht immer die „großen Ziele“ herauszustellen, denn, so Schmidt, „kein Wähler wird uns die großen Ziele abnehmen, wenn wir ihn heute oder morgen enttäuschen“.
Zugleich distanzierte sich der stellvertretende Parteichef in vorsichtigen Worten von dem Münchner Oberbürgermeister. Schmidt: „Ich wehre mich, und da stehe ich im Gegensatz zu Vogel, dagegen, alle Fehler den Jusos schlechthin anzulasten.“ Schließlich gehöre es zwangsläufig dazu, daß die junge Generation gelegentlich übers Ziel hinausschieße.
„Keine Alternative“
Scharf ging der Minister mit der Opposition ins Gericht. Er warf ihr vor, weder personell noch sachlich eine Alternative anbieten zu können. Das führe bei der CDU/CSU zum Teil zu Resignation, zum Teil zu Polemik. Wer aber jetzt kompromißlos gegen die Entspannungspolitik der Regierung Brandt kämpfe, dem müsse vorgehalten werden: „Wer zum Kompromiß nicht fähig ist, darf nie an der Spitze des deutschen Staates stehen und auch nicht über die deutsche Außenpolitik entscheiden.“ Damit sei auch klar, warum „dieser Bramarbas aus Bayern“ nicht die Führung der deutschen Politik in die Hände bekommen dürfe.
In der Diskussion wurde von dem Erlanger Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Hack kritisiert, daß von den Kabinettsmitgliedern der SPD „kleinliche Gegensätze persönlicher Art immer wieder an die Öffentlichkeit getragen werden“. Dazu Schmidt lakonisch: „Ich würde das akzeptieren, es aber nicht nur auf die Kabinettsmitglieder beschränken.“ Die Bundesgesundheitsministerin Käte Strobel betonte, die von Brandt geführte Regierung lasse sich durch den „gezielten Nervenkrieg“ der politischen Gegner nicht von ihrem Programm abbringen. Das Heraufbeschwören immer neuer Gespenster durch die CDU/CSU sei vergeblich gewesen.
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